«Die Genderfrage»
«Habt ihr das gelesen?», fragt mein Gatte und wedelt mit seinem iPad: «Der Präsident der Schweizerischen Offiziersgesellschaft meint, auch Frauen sollten Wehrdienst leisten. Sozusagen als Akt der Emanzipation.» Unsere Mittlere legt die Stirn in Falten und vertieft sich in den Artikel.«So ein Schwachsinn!», ruft sie schliesslich. «Was soll denn das Militär mit der Emanzipation zu tun haben?»
Ich muss ihr Recht geben. Wahrscheinlich gibt es einfach Dinge, für die nur Männer gemacht, andere, die strikt Frauensache sind, und die Armee gehört klar zu Ersterem. Weibliches Territorium hingegen sind zum BeispielPilates oder das wunderbareBody-Art-Training, das ich in meinem Oltner Fitnesszentrum besuche (wobei, hin und wieder verirrt sich auch mal ein Mann in den Fitnessraum, um mit uns Frauen zu üben). Ein Stockwerk höher werden dort mit Gewichten und anderen Mitteln Six-Packs aufgebaut – eindeutige Testosteron-Zone.
Etwas komplizierter wird dieSache mit «Fifty Shades of Grey», dem derzeitigen Kassenknüller in den Kinos: Hier liefert die Genderfrage weniger eindeutigeAntworten. Für die Romanvor-lage erfand die englische Presse den Begriff «Mummy Porn» – erotische Literatur von Frauen für Frauen; «Fifty Shades» restabilisiere mit Fantasie-Exzessen die Geschlechterrollen und sei deshalb vor allem bei Frauenerfolgreich, analysierte die Soziologin Eva Illouz. Beim Film aber strömen auch die Männer scharenweise in die Kinos. Nicht nur in Olten.
Man könnte daraus folgern, dass sich in der postmodernen Gesellschaft halt auch die Männer emanzipieren. Fragt sich nur:Ist dies für den Ersten Offizier der Schweiz eine gute oder eine schlechte Nachricht?
