«Der Zaun»

Eines der grossen Rätsel einer Kleinstadt istihre Stabilität - es lässt sich einfach nichtsändern, auch wenn man 100 Prozent der Bevölkerung hinter sich hätte.

In Olten zum Beispiel gibt es die Schützenmatte, das ist die einzige nennenswerte Grünfläche in der Innenstadt und traditionell ein beliebter Treffpunkt für Jung und Alt. Früher machte manhier Picknicks und Mittagsschläfchen, spielte Fussball undFrisbee - ein richtiger kleiner Park, wie es sich für eine Stadt gehört.

Nun geschah es aber vor einem Vierteljahrhundert, dass dasDrogenproblem überhandnahm. In Olten lagen gebrauchte Spritzen umher, auch auf der Schützenmatte. Das war gefährlich,jemand hätte hineintreten und sich mit Aids anstecken können. Also reagierte die Reagierung und liess einen hohen Maschendrahtzaun um die Schützenmatte errichten. So hielt man die Junkies fern. Allerdings auch die anderen Menschen.

Das war schon damals keine gute Idee. Der Zaun wurde endgültig nutzlos, als das Drogenproblem mit der Heroinabgabe so ziemlich gelöst wurde. Aber nun stand er halt da, der Zaun.

In den Jahrzehnten seither haben zahllose Menschen um seine Entfernung gebeten. Dann hätten Olten wieder eine Wiese.Jemand könnte Bratwürste und Cola verkaufen und ein Auskommen haben.

Aber das ist nicht möglich, der Zaun hat Geld gekostet. Und wegen der Sicherheit. Es könnte ja sein, dass irgendwann jemand in eine Scherbe tritt. Oder in eine Biene. Diese Verantwortung kann die Regierung nicht übernehmen. Solange niemand die Wiese betritt, kann niemandem was passieren.

Eine legale Lösung ist nicht in Sicht. Jemand müsste nachts mit einer Trennscheibe in die Schützenmatte schleichen und den Zaun fällen. Wahrscheinlich wären alle froh, auch die Regierung. Aber das darf man nicht, weil’s verboten ist. Den Zaun müsste die Täterschaft übrigens liegen lassen, der gehört der Stadt. Altmetall gibt Geld. Die Idee wäre gut. Aber illegal. Schade. Ich will wirklich niemanden zu einer Straftat anstiften.Alex Capus

Weitere Artikel zu «Kolumne», die sie interessieren könnten

Kolumne28.02.2024

Oltner Hundeleben

Die Oltnerin Cathrine Müller hat herausgefunden, dass der Kanton über Jahre zu Unrecht Hundegebühren eingezogen hat. Seit das Verwaltungsgericht der…

Kolumne21.02.2024

Schön wars

Etwas durcheinander, weil diese Mail über das Aus des Stadtanzeigers so unerwartet kam, schliesse ich das Fenster meines digitalen Posteingangs. Ich greife zum…

Kolumne14.02.2024

Winterfreuden

Diesen Winter leben wir im Sparmodus. Nachdem wir unser Haus umgebaut haben, muss zuerst wieder Geld hereinkommen, bevor wir es ausgeben können. Konkret heisst…