Der Tab zur Welt
Ich höre ihre Stimmen, höre verschiedene Sprachen, ich höre Gesprächsfetzen und höre wieder weg. Ich stecke mir die Kopfhörer in die Ohren und sehe sie nur noch. Ab und zu über den Laptoprand, in einer Gedankenpause. Ab und zu rieche ich auch neue Parfums. Dann wenn jemand vorbei schlendert, wenn der Wind aus der richtigen Richtung weht. Einige rieche ich lieber als die anderen. Aber auch das tut gut, nach diesem Winter, in dem man wieder fast vergessen hat, wie viele Düfte doch zum Leben dazu gehören.
Die Stadt ist belebt, die Sonne zieht einen grossen Teil unserer 19000 Nachbarn in die Stadt. Während sich einige Eltern auf ihren sonnigen Plätzen im Café unterhalten, spielen ihre Kleinen kreischend miteinander. Ich beobachte das Treiben ein Weilchen von meinem ebenfalls sonnigen Tisch aus, bis mein Blick wieder zurück zum Laptop wandert. Meiner Tür zur Arbeit, und der zur Welt.
Erstere verbirgt sich hinter vielen Tabs in meinem Browser. Hier ein Newsletter, da eine Webseite, die überarbeitet werden muss. Und weil ich mich nur schwer von offenen Tabs trennen kann, reihen sie sich bunt aneinander. Neu ist einer der deutschen Tagesschau. Den aktualisiere ich derzeit mehrmals täglich. Er stellt die anderen Tabs immer wieder in den Schatten. Mal mehr, mal weniger. Je nachdem wie nah mir die Informationen gehen, die ich lese. Dieser Tab lässt die Arbeit hinter den anderen Tabs immer wieder sehr belanglos erscheinen, nimmt mir immer wieder die Freude an dem, was ich eigentlich liebe, nimmt mir die Freude an der schönen Stimmung hier mitten in der Stadt. Hier springen meine Gedanken immer wieder zwischen Belanglosigkeit und der Leichtigkeit des nahenden Frühlings hin und her und hier hinter mir, auf dem Stadthaus, wehen eine blau-gelbe Fahne und drei Tannen im Wind.