«Der Kroate»

Kürzlich hat mir mein Nachbar Urs erzählt, dass der pensionierte Chef der Oltner Fremdenpolizei nach Osteuropa ausgewandert ist mit seiner osteuropäischen Freundin, für die er hier immer den Papierkram erledigte. Sonderbarer Gedanke, dass der Chef der Oltner Fremdenpolizei jetzt selbst einenMigrationshintergrund hat, in Kroatien oder so. Womöglich muss er jetzt in Amtsstuben antraben, die auf Kroatisch mit «Fremdenpolizei» angeschrieben sind, und Formulare ausfüllen, die er auswendig könnte, wenn sie nicht Kroatisch geschriebenwären. Hoffentlich hilft ihm die Freundin dabei und behandeln ihn die kroatischen Fremdenpolizisten gut. Das hätte er verdient, er war in Olten bekannt als freundlicher und zuvorkommender Beamter.

Übrigens gibt es in Olten die Fremdenpolizei nicht mehr, den Papierkram macht jetzt die Einwohnerkontrolle. Erstens klingt das netter, und zweitens ist doch genau genommen ein Ausländer, der hier wohnt, eigentlich auch ein Einwohner, nicht wahr, und nicht nur ein Fremder.

Eine ganz andere Sache ist esnatürlich, wenn ein Fremder nicht nur Einwohner, sondern Bürger werden will. Dafür ist dann die Bürger-gemeinde zuständig, vermutlich nicht nur in Olten, sondern auch in Kroatien. Ich weiss jetzt nicht, ob der Chef der Oltner Fremdenpolizei Kroate werden will. Aber wenn ja, müsste er wohl kroatische Geschichte büffeln und die Lebensdaten Fürst Branimirs und König Tomislavs auswendig lernen, vielleicht auch akzentfrei Chuchichäschtli auf Kroatisch sagenkönnen. Und gewiss müsste er beweisen, dass seine Freundin keine Schein-Freundin, sondern wirklich seine Freundin ist.

Ob das die Mühe wert wäre? Für die Kroaten würde er doch immer nur der Schweizer bleiben. Und wenn er was anstellen würde - seinen achtzigsten Geburtstag feiern zum Beispiel oder eine Schaukel fürs Waisenhaus stiften - würde die Zeitung doch immer nur schreiben, dass er ein Kroate schweizerischer Herkunft sei.

Alex Capus

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