«Der König von Oberbipp»

Als ich in den Herbst-ferien in Kalabrien war, kam ich am Strand neben einen zu liegen, der trug schwarzweiss gestreifte Badehosen. Weil wir von ähnlicher Bauweise waren, konnten wir uns nicht über längere Zeit ignorieren und kamen ins Gespräch.

«Was bist denn du für einer?» fragte er mich in ziemlich heimatlichem, nur leicht bernisch eingetrübtem Dialekt.

«Ich bin der König von Olten», sagte ich.

«Das trifft sich gut», sagte er. «Ich bin der König von Oberbipp.»

In der Folge erfuhr ich, dass der König von Oberbipp ein europaweit tätiger Transportunternehmer ist und Daniel Schöni heisst; nebenbei ist er auch der grösste Sauerkrautproduzent des Landes. Auf seinen Lastwagen prangt stolz der Firmenslogan: «Yes, we can!»

Weil ich fleissig Zeitung lese, kam mir der Slogan bekannt vor. Also fragte ich vorsichtig: «Hat da der König von Amerika nichts dagegen, wenn ihm der König von Oberbipp den Slogan klaut?»

«Eigentlich schon», sagte dieser. «Aber genau genommen war’s eher umgekehrt.»

Tatsächlich traf nach Barack Obamas Wahl 2009 ein recht harscher Brief aus Amerika in Oberbipp ein. Man dürfe den Wahlspruch des US-Präsidenten nicht einfach so übernehmen, hiess es darin, das könnte die Firma Schöni teuer zu stehen kommen.

Darauf lehnte sich der König von Oberbipp in seinem Bürostuhl zurück, atmete tief durch und schickte ein höfliches Antwortschreiben zurück nach Amerika, in dem er für die Belehrung betreffend Copyright dankte. Diese sei für ihn besonders interessant, weil seine Firma den Slogan «Yes, we can!» seit 2002 verwende - seit einer Zeit also, da Barack Obama noch Lokalpolitiker in Illinois und in Europa gänzlich unbekannt war.

«Und du bist wirklich der König von Olten?», fragte mich Schöni.

«Gewiss», sagte ich. «Mit Copyright und allem.»

«Kann man das überprüfen?»

«Yes, we can», sagte ich.

Alex Capus

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