«Der Fluch des langen Tages»

Das Schöne am Sommer in Olten ist, dass die Tage doppelt so lange dauern wie die Nächte. Um acht, um neun Uhr abends scheint die Sonne noch, selbst um zehn ist es noch nicht dunkel. Man sitzt lange Abende mit Nachbarn und Freunden im Garten, die Kinder spielen auf der Strasse - das Leben ist schön.

Dabei sollten wir aber unsere muslimischen Mitbürger nicht vergessen, die zur Zeit ihren Fastenmonat begehen und vom Morgengrauen bis zur Abenddämmerung fasten müssen, bevor sie sich in der Nacht fleischlichen Genüssen aller Art hingeben dürfen; für die ist es unangenehm, dass die Tage so lang und die Nächte so kurz sind.

Vermutlich hatte Prophet Mohammed vor 1400 Jahren im fernen Arabien, als er die Fastenregeln festlegte, keine Kenntnis von den langen Oltner Sommertagen. In Mekka dauern Tag und Nacht ganzjährig zwölf Stunden; um sechs wird’s hell und um sechs wieder dunkel. Aber je höher man in den Norden gelangt, desto ungünstiger wird das Verhältnis zwischen Fasten- und Schlemmerzeit.

In Olten mag das noch einigermassen angehen, hier dauert die Sommernacht gut und gern sieben Stunden - reichlich Zeit für unsere Muslime, sich die Bäuche vollzuschlagen. Im Norden Finnlands hingegen, wo die Sonne monatelang nicht untergeht, muss der Ramadan zur lebensbedrohlichen Hungerkur werden; das kann nicht im Sinne des Propheten sein.

Nun muss man wissen, dass derRamadan jedes Jahr um zehn Tage vorrückt; das Problem wird sich also von selbst erledigen, wenn er auf die Tag- und Nachtgleiche zu liegen kommt. Und freuen dürfen sich sinnenfreudige Muslime auf das Jahr 2032, wenn der Ramadan ums Jahresende stattfindet. Wer also gern mal in der ewigen Nacht des arktischen Winters einen Monat lang nonstop Party machen möchte, sollte zum Islam konvertieren und nach Spitzbergen umziehen. Wer zwischendurch doch mal eine Pause von der Party mag, kann auch in Olten bleiben. Hier dauert im Winter die Nacht immerhin noch doppelt so lang wie der Tag.

Alex Capus

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