«Der Duathlon»

Irène Dietschi, Journalistin.
Irène Dietschi, Journalistin.

Seit Wochen ist er bei uns zu Hause das grosse Thema: der Duathlon, den alle Zweitgymeler der Kanti Olten Ende März zu absolvieren haben. 800 Meter Schwimmern, 6 Kilometer Laufen. Die Kanti bietet für Ambitionierte ausserhalb des Unterrichts extra Schwimm- und Lauftraining an. Unsere Mittlere aber, gerade 16 geworden und frisch politisiert, sträubt sich mit Händen und Füssen. «Ich mache diesen Duathlon nicht!», verkündet sie täglich.

Nicht-Teilnahme aber bestraft die Schule mit der Note 1 – was unsere Tochter nur noch mehr aufregt. Verständlich, denn: «Das Ich hat im Neinsagen sein stärkstes Selbstwirksamkeits- erlebnis», weiss der deutsche Soziologe Heinz Bude. Und er schreibt: «Milieus, die das Nein des Einzelnen nicht zulassen, gelten zu Recht als freiheitsberaubend und identitätszerstörend.» Nun ist eine gymnasiale Sportveranstaltung bestimmt nicht von diesen Motiven geleitet. Das Gym- nasium will grundsätzlich Leistungsmotivation einüben, als Voraussetzung für späteren Erfolg. «Siehst du im Duathlon vielleicht aus dieser Warte einen Sinn?», frage ich die Mittlere. «Ist er sozusagen systemrelevant, too big to fail?» Sie: «800 Meter Schwimmen und 6 Kilometer Laufen bringen mich auf dem Weg zur Matur keinen Schritt weiter!»

Ich rate meiner Tochter zum Prinzip «Augen zu und durch» – oder aber, Verbündete zu suchen, um mit präzisen Argumenten den offenen Widerstand zu proben. Vorgemacht haben dies zum Beispiel die talentierte Flavia Kleiner und ihre Operation Libero beim Aufstand gegen die Durchsetzungsinitiative. Ebenso vorgemacht haben es vor 25 Jahren die couragierten Organisatorinnen des Frauenstreiks. Sie wussten: «Wenn Frau will, steht alles still.»

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