Brot und Salz
Die Sanierung des Hallenbads in Hägendorf sei fast abgeschlossen, las ich kürzlich im Oltner Tagblatt, bald könne man dort wieder schwimmen. Zugegeben, das ist nichts Weltbewegendes. Öffentliche Gebäude, die eröffnet oder umgestaltet werden, Jubiläen und Kulturanlässe, Feste auf dem Land – solche Ereignisse gibt es überall, in der Schweiz und anderswo. Sie sind sozusagen das Brot einer lokalen Geschichtsschreibung.
Bei der Meldung aus Hägendorf jedoch gibt es eine Geschichte dahinter. Die ist bemerkenswert und geht so: 2010 sollte das Hallenbad nämlich abgerissen werden. Der damalige Gemeinderat argumentierte, man könne sich nicht eine neue Mehrzweckhalle (heute: «Raiffeisen-Arena») leisten und gleichzeitig das Lehrschwimmbecken sanieren, dazu fehle das Geld. Doch der Rat hatte die Rechnung ohne den Wirt gemacht, genauer: ohne die betroffenen Schülerinnen und Schüler. Die stellten sich am Abend der entscheidenden Gemeindeversammlung an den Eingang der Turnhalle und verteilten Flugblätter, «Rettet unser Hallenbad!» Unter ihnen: unsere Mittlere, gerade mal zehnjährig. Als die Versammlung begann, schlüpften sie und ihre Klassengspänli ebenfalls in die Turnhalle – unbefugt, mit klopfenden Herzen. Aus den hintersten Sitzreihen verfolgten die Kinder mit, wie vorne die Anträge verhandelt wurden. Als die Stimmberechtigten die Abbruch-Pläne klar verwarfen, johlten sie. «Der Abend war ein Schlüsselerlebnis», erzählt die Mittlere, die heute Politik studiert. «Für das Schwimmbecken zu kämpfen, sich unerlaubt unter die Erwachsenen zu mischen, das hat mich und andere nachhaltig politisiert.»
So betrachtet, sind Lokalereignisse nicht das Brot der Geschichtsschreibung. Sondern das Salz.