«Binnenstadt-Gurker»

Es ist eine wissenschaftlich erwiesene Tatsache, dass das Auto-mobil seinem Naturell gemäss aufs Land gehört - in der Stadt fühlt es sich unwohl. Das Auto braucht Platz und Auslauf, es will beschleunigen und in die Ferne schweifen. Darin ist esseinem Vorläufer, dem Reitpferd, ähnlich.

Pferde sieht man in Olten kaum mehr, Autos aber schon; dies,obwohl wir Stadtbewohnerunserem Naturell gemäss kein Auto brauchen. Wenn täglich sehr, sehr viele Autos die Stadt verstopfen, so liegt das daran, dass im Zuge der Landflucht im letzten Jahrhundert zahlreiches Landvolk in die Stadt zog - aus dem Gäu zum Beispiel, oder von noch weiter weg. Dieses tut sich bis heute schwer, seine ländlichen Gewohnheiten abzulegen, und gurkt mit bemerkenswerter Ausdauer kreuz und quer durchs Innenstädtchen, das man doch zu Fuss oder per Velo bequem in ein paar Minuten durchmessen könnte.

Eine auffällige Repräsentantin dieser Spezies ist Bea Heim,SP-Nationalrätin und Bürgerin von Neuendorf (Gäu). Eine Zählung des VCS hat ergeben, dass sie mit ihrem gelben Elektro-Brummbrumm im langjährigen Durchschnitt täglich 58 Binnenstadt-Fahrten unternahm bis zur Stunde, da das Gefährt vor ihrem Haus niederbrannte. Neuer Spitzenreiter ist seither mit 52 täglichen Binnenfahrten mein Freund André Albrecht, der im letzten Jahrhundert an Bord seines Erdgas-Tuktuks aus Gunzgen (Gäu) in die Stadt einfuhr. Eigens für ihn hat Olten eine 400 Mio. Franken teure Umfahrungs-strasse gebaut, deren Tunnel nächstes Jahr auf den Namen «André Albrecht»-Tunnel getauft werden soll.

Städte sind auch Orte der Toleranz, wir müssen Verständnishaben für Andersdenkende.Akzeptanz aber entsteht nur durch Information und Diskussion. Vorbildlich ist in dieserHinsicht die Stadt Basel, die ländliche Fahrzeuge mit einem BL-Nummernschild kennzeichnet. Vielleicht sollten wir in Olten einen ähnlichen Schritt ins Auge fassen. Genuine Städter würden ein «OL»-Kennzeichen erhalten, die anderen blieben beim ländlichen «SO»-Schild. Alex Capus

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