«Biber»

Endlich ist der Frühling da, ich gehe an der Aare spazieren, und was sehe ich? Über den Winter ist der Biber mitten inOlten angekommen - im Herzen der Zivilisation also. Fast alle Bäume hat er angefressen am rechtsufrigen Ländisteg zwischen dem Bahnhof und deraltehrwürdigen Holzbrücke. Oberhalb tobt der Strassenverkehr und unterhalb schmeissen wunderliche junge Leute ihre Bierflaschen ins Wasser, und am anderen Ufer in der Altstadt grölen die Fasnächtler oder die Fussballfans oder sonst irgendwer, aber das macht dem Biber nichts aus. Er geht einfach hin und raffelt die Bäume auf Biberaugenhöhe ab, nur wenige hat er bisher noch verschont. Nach welchen Kriterien er seine Opfer aussucht, weiss ich nicht. Ich bin botanisch zu wenig beschlagen, um Baumsorten in ihrer blattlosen Wintergestalt bestimmen zu können.

Meine Vermutung ist: der knabbert einfach alles weg, was nur einigermassen nah am Ufer steht. Ich wäre gern mal dabei, wenn so ein zu Tode geknabberter Baum ächzend ins Wasser platscht, und ich wüsste gern, wohin das kleine Tier sich davon macht mit all dem Holz - doch nicht etwa gegen die Strömung flussaufwärts?

Mein Nachbar Urs hat mich gefragt, ob Biber eigentlich auch totes Holz anknabbern, wennihnen mal langweilig wird um die Schneidezähne. Wieso, sagte ich. Wegen der Holzbrücke, sagte Urs. Das wäre aber ganz blöd, sagte ich. Dann sagte Urs, dieEichenbalken der Holzbrücke ständen seit über zweihundert Jahren im Wasser, damals sei der Biber noch nicht mal ausgestorben gewesen.

Dann ist ja gut, sagte ich, um die Bäume ist es schade genug. Beim Anblick ihrer Strünke möchte man übrigens meinen, der neue Ländisteg, für den die Stadt doch kein Geld mehr hat, werde nun doch gebaut. Wenn Alpiq keine Steuern mehr zahlt, muss halt der Biber ran. Alex Capus

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