Barrieren
Das Gegenteil der Brücke ist die Barriere. Die eine verbindet, die andere trennt. Das Errichten von Barrieren, physischer oder solcher im Kopf, findet statt, wo der Dialog aufhört und Vertrauen in die Zukunft, gesunder Menschenverstand und gesellschaftlicher Konsens fehlen. Sperren und das Sprengen von Brücken lösen keine Probleme. Das Abbrennen der Oltner Brücke durch die Berner konnte den Einmarsch der Truppen Napoleons nicht stoppen, das allgemeine Fahrverbot der Bündner zu Beginn des 20. Jahrhunderts den Siegeszug des Autos nicht bremsen und auch die fremdenfeindlichen Schwarzenbach-Initiativen ab 1970 den Zuzug von Immigranten aus dem Süden nicht verhindern. Natürlich gibt es auch sinnvolle Barrieren wie etwa die Bahnschranke. Diese schützt vor Gefahren, aber sperrt eben nur temporär, mit Augenmass und im Interesse aller Betroffenen. Permanent errichtete Barrieren aber, welche zum einseitigen Schutz errichtet werden, sind eine Kapitulation vor der Auseinandersetzung mit dem Anderen. Wie viel besser ist es, und da wären wir wieder bei der Oltner Tugend des Brückenbaus, sich mit allen Betroffenen an den Tisch zu setzen, die eigene Haltung zu reflektieren und gemeinsam Lösungen zu finden. Das gilt für gesellschaftliche Trends ebenso wie für neue Technologien und Infrastrukturen. Gerade darum müssen wir, die dem Brückenbau verpflichteten Oltnerinnen und Oltner, Barrieren kritisch begegnen. Die Geschichte und die Zukunft unserer Stadt liegen im Gespräch, der Offenheit und im Gemeinsinn. Der mittelalterliche Grundsatz «Stadtluft macht frei» ist aktueller denn je. Treffen meine Gedanken zu den Barrieren auch auf den Versuch des Oltner Stadtrats zu, das Säliquartier abzuriegeln? Ein Schelm, wer Böses denkt!