«Bangkok retour»

Ein nicht zu unterschätzender Vorteil vonOlten ist, dass man so leicht aus dem Städtchen rauskommt. Jeder von uns gerät fast täglich über die Stadtgrenzen hinaus mindestens nach Trimbach, Wangen oder Dulliken. Man müsste schon schwer verletzt oder schwermütig sein, damit das nicht geschähe.

Diese Mobilität ist nicht allen auf der Welt vergönnt. Ich habe Cousins in Paris, die setzen vom Ende der Sommerferien bis zum Anfang der Sommerferien keinen Fuss vor die Stadt. Und ich habe Freunde in Berlin, die halten die Erde für eine Scheibe, die in Potsdam und Köpenick plötzlich abbricht.

Solch provinzielle Selbstgenügsamkeit kann sich in Olten nicht breitmachen. Wir wissen aus

täglicher Erfahrung, dass es eine Welt jenseits von Wangen und Dulliken gibt. Ein lieber Freund von mir empfand einst spätabends Sehnsucht nach seiner Liebsten, die aus unbekannten Gründen in Basel wohnte, also setzte er sich in den Zug. Im Hauensteintunnel wurde er schläfrig und bettete sein Haupt kurz auf seine Fotografentasche. Und als er die Augen wieder aufmachte, stand draussen auf dem blauen Ortsschild «Hamburg-Altona».

Ein anderer Oltner, den ich am1. Mai-Fest kennenlernte, buchte unlängst Thailand-Ferien, flog über Düsseldorf zehn Stunden nach Bangkok, wo er sich vom Immigration Officer erklären lassen musste, dass seine Identitätskarte nicht ausreiche und erbesser einen Pass dabei hätte. Mein Bekannter zuckte mit den Schultern und wies darauf hin, dass die Flughafenleute in Zürich und Düsseldorf ihn immerhin hätten abreisen lassen, und dass er jetzt gern sein Hotelzimmer am Strand beziehen würde. «No, you have two options», sagte der Officer. Entweder eine Gefängniszelle in Bangkok oder sofortiger Heimflug in die Schweiz. «That’s an easy choice», sagte mein Bekannter, ging in die Smoking Lounge und rauchte zehn Zigaretten. Dann war sein Flugzeug wieder zum Einsteigen bereit, und vierzehn Stunden später traf er wohlbehalten wieder in Olten ein.

Alex Capus

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