Atemlos
Es ist vier Uhr morgens, und aus den Boxen dröhnt zum vierten Mal in dieser zwölfstündigen Schicht Helene Fischers «Atemlos». Es ist die Saison der Weihnachtsfeiern, und so werden viele Nächte, von Montag bis Sonntag, unerwartet lang. Wir schreiben das Jahr 2014, in vier Stunden ruft die Uni und ich bewege mich noch immer mit Tablett und freundlichem Lächeln zwischen leeren Flaschen, halbvollen Gläsern und tanzendem Publikum.
Ein straffes Pensum: Vollzeit in die Uni, 80 Stunden monatlich jobben und am Wochenende Richtung Reeperbahn oder Schanzenviertel. Rückblickend war genau diese Zeit eine der schönsten und lehrreichsten. Die Zeit in der Gastronomie, die mir, mit Krawatte und Kellnermesser bewaffnet, ein abwechslungsreiches Leben neben der Uni ermöglichte.
Mit 18 startete ich als Eisverkäuferin. Als Leiharbeiterin hüpfte ich dann während der Uni von Hotels zu Eventhallen oder Autobahnraststätten. In der einen Woche servierte ich Barbara Schöneberger Currywurst, nur um in der nächsten neben Burger King die Fritteuse zu putzen. Es folgte eine Zeit in einem Café, und in der Schweiz konnte ich dank Gastrojobs meine ersten Rechnungen zahlen.
Für diese sechs Jahre auf der anderen Seite des Gastseins bin ich, trotz Helenes «Atemlos»-Trauma, noch heute sehr dankbar. Lange Schichten und schwierige Gäste zerren zwar an den Nerven, aber sie lehrten mich durchzuhalten, wenn es mal anstrengend wird. Und genau deshalb möchte ich auch jetzt noch jedem Studierenden eine Lehrzeit zwischen Kaffee und Currywurst empfehlen. Denn wie mein Hamburger Chefredakteur einst sagte: «Wer in der Gastronomie mit Bestellungen und Kundenwünschen jonglieren kann, der überlebt auch einen Agenturalltag.» Also auf gehts: Erfahrungen sammeln, fürs Leben wappnen und der Servicekraft für ihre Arbeit dankbar sein!