Antiautoritär
Zum zehnten Geburtstag lud unser Sohn ein paar Freunde ein. Wir machten uns auf zum Mühletäli-Bach. Sogleich ging es los: Die Kinder begannen sich zu knuffen, sie schrien herum, sie bewarfen sich mit Baumrinde. Als eines im Gesicht getroffen wurde, mahnten meine Frau und ich erstmals zu Ruhe und Frieden…
Am Bach angelangt, beruhigten sich die Kinder kurz, um den Kuchen zu verspeisen. Darauf ging es mit doppelter Kraft weiter: Sie schubsten sich, packten sich, hauten auch mal. «Beruhigt euch!», rief ich. Sie machten weiter. «Schluss!!» Sie machten weiter. Ich sprang zwischen die Streithähne: «Es reicht!!!» Der Grösste funkelte mich an. Einige Sekunden war ich überzeugt, dass ich gleich eine Ohrfeige kassieren würde – von einem Neunjährigen… Dann schleuderte er sein Holzstück gegen einen Baum.
Mit Ach und Krach brachten wir den Nachmittag über die Runden. Es war für mich ein weiteres Beispiel dafür, dass hier eine Generation heranwächst, die sich um Autoritäten foutiert.
Ich höre Antwort 1: «Als Kind muss man halt Grenzen austesten.» Jaja – trotzdem hätten wir es früher nie gewagt, einen brüllenden Vater zu ignorieren.
Antwort 2: «Selber schuld, wenn ihr eure Kinder so lasch erzieht.» Meine Frau und ich versuchen seit je, unseren Kindern Respekt vor Autoritätspersonen zu lehren, auch vor uns. Relativ erfolglos.
Ich glaube: Das Verhalten der Kinder resultiert daraus, dass in der heutigen Gesellschaft Autoritäten und Hierarchien per se als etwas Schlechtes oder Unnützes gelten – im Job, in der Schule, zuhause. Alles muss «auf Augenhöhe» geschehen, mit viel «Empowerment».
Als wir nach der Party zuhause anwankten, die zankende Bande im Schlepptau, wartete ein Vater auf uns. Sein Sohn stürmte auf ihn zu: «Wo hast du das Auto, du Hirnloser…!»