Weder Fisch noch Vogel

Restaurant Zollhaus Die sich ständig ändernden Corona Massnahmen sind für die Gastrobranche alles andere als einfach. Was das konkret für einen Gastronomiebetrieb bedeutet, davon erzählt Adrian Müller, Wirt des Restaurant Zollhaus Olten.

Adrian Müller im neu gestalteten Saal des Restaurants Zollhaus. (Bild: Denise Donatsch)
Adrian Müller im neu gestalteten Saal des Restaurants Zollhaus. (Bild: Denise Donatsch)

Grundsätzlich ist Adrian Müller in den letzten Monaten zufrieden gewesen, trotz der herausfordernden Situation. «Bis jetzt konnten wir immer arbeiten», so Müller. Aber allmählich empfinde er nun doch eine gewisse Ratlosigkeit über die aktuellen sich ständig verändernden Massnahmen. «Durch die schnellen Veränderungen müssen wir manchmal im Wochentakt unser Konzept anpassen, und das ohne Gewähr, ob dieses dann auch funktioniert.» Auch beim Einkauf müsse er extrem aufpassen, um in etwa die richtige Menge einzukaufen, denn er wolle verhindern, dass ständig Lebensmittel weggeworfen werden müssten. Dies verlange nicht nur vom Wirt und seinem Team ein hohes Mass an Flexibilität, sondern darüber hinaus auch von den Gästen und den Lieferanten. «Wir haben glücklicherweise sehr gute und treue Gäste, die sich bis jetzt auf jede Änderung eingelassen haben und uns unterstützen», zeigt sich der 29-jährige Wirt dankbar. So seien am vergangenen Wochenende die Gäste bereits um 17 Uhr gekommen, um genügend Zeit zum Essen zu haben, bevor das Restaurant um 19 Uhr schliessen musste. Ob dies nun unter der Woche auch funktioniere sei jedoch ungewiss, da viele Leute bis nach 17 Uhr arbeiten würden und die Zeit dann knapp sei. Müller fürchtet darum, dass die Gäste wegbleiben werden.

Ein widersprüchliches Konzept

Müller, der seit 2016 im Besitz des Restaurants Zollhauses ist, empfindet die aktuellen Massnahmen als kontraproduktiv. «Wo wir vorher weniger Leute auf einmal in das Gasthaus eingelassen und die Gäste gestaffelt bedient haben, konzentriert sich die gleiche Anzahl Personen nun auf eine kürzere Zeitspanne», so Müller, der aber nach wie vor dafür sorge, dass alle Sicherheitsvorschriften eingehalten würden und sich in seinem Gasthof niemand unsicher fühlen müsse. Was dem jungen Mann ebenfalls sehr suspekt erscheint, sei die Tatsache, dass Restaurants nicht zu den Ansteckungs-Hotspots gehören würden, dennoch sei diese Branche stets eine der ersten, die zurückstecken müsse. «Bei uns hier im Zollhaus hat sich bis jetzt weder ein Gast, noch jemand vom Team mit dem Virus angesteckt.» Auch würden die Mitarbeitenden immer separat essen, sodass auch dort das Risiko einer Infektion minimiert werden könne.

Weder Fisch noch Vogel

Umsetzbare Massnahme, das wünscht sich der junge Wirt. So wie es momentan läuft, würden die Massnahmen aber an Schikane grenzen, da die Branche viel zu stark in ihrem Spielraum eingegrenzt worden sei, aber gleichwohl erwartet würde, dass diese weiterhin ohne Unterstützung über die Runden komme. «Unser Abendgeschäft ist beispielsweise so nicht umsetzbar», bemerkt Müller nachdenklich. Auch wenn sich die Gäste auf die nach vorne verschobenen Zeiten einliessen, die Zeit für das gemütliche Beisammensein und um mit den Gästen ein wenig zu plaudern, die würde schlicht fehlen. Auch das vom Wirt kurzfristig ins Leben gerufene Take-away-Angebot würde nur lückenhaft ersetzen, was in den letzten vier Jahren normalerweise erwirtschaftet wurde, Jahre, in denen Müller und seine Frau einen sehr gesunden, finanziell lohnenswerten Betrieb aufbauen konnten. «Es sind die Getränke, der Wein, das Dessert und der Kaffee, die den Hauptanteil unserer Einnahmen ausmachen und die fallen beim Take-away-Angebot quasi weg.» Immerhin hätten sie viele Gutscheine verkauft, dennoch sei das auf die Dauer keine rentable Lösung. Für Müller sei deshalb klar, dass entweder weniger Massnahmen für die Gastrobranche gelten sollten, sodass man seine Arbeit ordentlich erledigen könne, oder dass beschlossen werden sollte, alle Gastrobetriebe vollständig zu schliessen und man als Wirt dann Ersatzzahlungen erhalten würde. Dieses Zwischending sei auf die Dauer zermürbend und äusserst geschäftsschädigend. Und zwar nicht nur für ihn, so Müller, sondern auch für all seine Lieferanten. «Uns Restaurants nimmt man wahr, man sieht, wenn die Gastrobranche heruntergefahren wird.» Das gelte aber nicht für all die Unternehmen und Lieferanten, die im Hintergrund wirkten und die ebenfalls unter dieser Situation leiden würden. «Auch diese dürfen wir auf keinen Fall vergessen, so Müller.

«Wir wollen anpassungsfähig bleiben»

Auch die Freude an der Arbeit würde zunehmend leiden, so der gelernte Koch, der seiner Arbeit immer leidenschaftlich nachgegangen ist und dies auch weiterhin tun möchte. Unter der aktuell akuten Zeitknappheit sei es aber nicht mehr möglich, Kreativität und Musse walten zu lassen. Schnell müsse es jetzt gehen, um doch noch möglichst viele Gäste bewirten und um das Take-away-Angebot aufrecht erhalten zu können. Befriedigend sei das jedenfalls nicht. Was sich Müller aber am dringendsten wünscht, das sei mehr Planbarkeit. So könnte er und sein Team vorausschauender wirken und sich besser mit der Situation arrangieren. Er habe sich jedenfalls trotz den zusätzlichen Stressoren vorgenommen anpassungsfähig zu bleiben und sein Möglichstes zu geben – auch in dieser schwierigen Zeit. Ebenfalls sei er sehr dankbar in Olten als Gastwirt arbeiten zu können, denn die Oltner würden noch richtig gerne auswärts essen. Und bis diese schwierigen Zeiten hoffentlich bald vorbei sind, wünsche er allen beste Gesundheit und ein etwas normaleres 2021, in dem man wieder beisammen sein kann.

www.zollhaus-olten.ch

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