«Nume nid gsprengt»

Haus der Museen Ohne Vernissage wurde am vergangenen Freitag, 30. Oktober die neue Sonderausstellung «Pionierinnen. Eine Würdigung» im Haus der Museen eröffnet.

Da die Vernissage abgesagt werden musste, wurde die Rede von Regierungsrätin Susanne Schaffner aufgezeichnet. (Bild: mim)

Da die Vernissage abgesagt werden musste, wurde die Rede von Regierungsrätin Susanne Schaffner aufgezeichnet. (Bild: mim)

Luisa Bertolaccini, die Museumsleiterin des Historischen Museums, hat gemeinsam mit ihrem Team die Beiz konzipiert und zeigt damit die Entwicklung der Frau in der Gesellschaft auf. (Bild: mim)

Luisa Bertolaccini, die Museumsleiterin des Historischen Museums, hat gemeinsam mit ihrem Team die Beiz konzipiert und zeigt damit die Entwicklung der Frau in der Gesellschaft auf. (Bild: mim)

Dass das Haus der Museen trotz der verschärften Massnahmen von Kanton und Bund weiterhin geöffnet bleiben und damit auch die neue Sonderausstellung «Pionierinnen. Eine Würdigung» gezeigt werden kann, sorgte für grosse Erleichterung bei Luisa Bertolaccini. Die Museumsleiterin des Historischen Museums hatte gemeinsam mit ihrem Team die neue Sonderausstellung konzipiert. Anpassungen der Massnahmen mussten jedoch vorgenommen werden. Neben der bereits bestehenden Maskenpflicht im Haus der Museen wurde die Besucherzahl beschränkt. Zugelassen zum allgemeinen Museumsbetrieb sind maximal 60 Besucherinnen und Besucher. Bei Vorträgen sind es maximal 25 Personen und bei Führungen maximal 15 Personen. Kindergeburtstage werden momentan keine durchgeführt.

Schaffner mit deutlichen Worten

Die Vernissage wurde bereits im Vorfeld vorsorglich abgesagt, weshalb die Rede von Regierungsrätin Susanne Schaffner am Donnerstag per Video aufgezeichnet wurde. Sie begann diese mit einem Erlebnis: «Im Herbst dieses Jahres, also vor ein paar Tagen auf einer Zugfahrt von Solothurn nach Olten, unterhalte ich mich mit einem bürgerlichen Exponenten über die Regierungswahlen im März 2021, also in einigen Monaten. Wir rätseln, wer denn da welche Chancen haben wird und er bemerkt: «Die CVP-Kandidatin wird es sehr schwer haben. Der Kanton Solothurn ist nicht bereit für drei Frauen in der Regierung.» Die Zeit sei einfach noch nicht reif.» Etwas später fügt Schaffner in ihrer Rede an: «Nume nid gsprengt», scheint das Motto zu lauten, wenn wir auf die Geschichte des Einbezugs der Frauen in die Politik zurückblicken.» Und tatsächlich wird einem beim Gang durch die Sonderausstellung bewusst, wie lange gewisse Entwicklungen für die Frau tatsächlich benötigt haben. Schaffner mahnt: «50 Jahre nach Einführung des Frauenstimmrechts wird es weiterhin Pionierinnen brauchen, die ihre Frau stehen und Vorbilder sind, auch für künftige Generationen.»

Von der Stube in die Beiz

Die Arbeiten zur neuen Sonderausstellung, die sich im vierten Stock direkt unter dem Dach des Museums befindet, waren sehr umfangreich, wie ein Augenschein bestätigt. Bis Anfang April des kommenden Jahres ist die Sonderausstellung, die sich dem Solothurner Frauenleben widmet, zu sehen. Sie beginnt chronologisch, indem anhand von Möbelstücken das Wirken der Frau im 19. Jahrhundert zwischen Küche und Stube mit Nähtischchen aufzeigt wird. Zudem werden Oltner und Solothurner Vereine und Organisationen, die sich mit dem Anliegen der Frau auseinandersetzten, kurz vorgestellt. So beispielsweise der Gemeinnützige Frauenverein Olten, der 1946 gegründet wurde. Von der inszenierten Stube führt ein Gang mit ausgestellter Literatur in den nächsten Raum. Darunter befindet sich das Oltner Hausbuch, welches jede Frau bei ihrer Eheschliessung erhalten hat. Aber auch das von Autorin Virginia Wolf 1929 geschriebene Buch «Ein Zimmer für sich allein», welches thematisiert, dass es keine weiblichen Genies gibt, sondern es um kreativ zu werden, unter anderem einen eigenen Raum benötigt. «Die Frauen haben sich damals von mancher Lektüre inspirieren, aber teilweise auch abschrecken lassen», erzählt Bertolaccini und weist auf einen Auszug aus dem Zivilgesetzbuch von 1907 hin, der beinhaltet, dass Frau die Einwilligung des Mannes benötigt, wenn sie arbeiten möchte.

Frauengeschichten

Der auf den Durchgang folgende grosse Hauptraum wurde stilecht einer Beiz nachempfunden und zeigt anhand der runden Stammtische Schritt für Schritt die zunehmende Sichtbarkeit der Frau auf. «Mit dieser Inszenierung einer Beiz wollten wir die Frauen in einem Raum zeigen, der ihnen früher nicht zustand. Kurzbiografien über die Frauen und die ganz wenigen Männer sind auf einer Tafel neben einem Bierglas zu lesen. Ein Bier zu trinken ziemte sich früher nicht, Frauen tranken Tee», erklärt die Museumsleiterin. Die Auswahl der Frauen, die namentlich alle auf einem Stuhl verewigt wurden, sei willkürlich getroffen worden. Sie reicht von Barbara von Roll, einer Heilerin aus dem 16. Jahrhundert, über die Medizinerin und Redakteurin der Oltner Neujahrsblätter Maria Felchlin bis zu Christiane von May, die 2005 die Stiftung «pro pallium» gründete, welche Familien mit schwerstkranken Kindern begleitet, entlastet und vernetzt. Daneben sind auf Bierdeckeln Gerüchte oder Aussagen über die jeweiligen Frauen festgehalten. Manche Porträts wurden zudem durch ein Videointerview ergänzt, so auch eines am Tisch «Politisieren» mit der einstigen Nationalrätin Ruth Grossenbacher-Schmid, die 84-jährig erzählt, wie sehr ihre Generation von den Vorkämpferinnen profitieren konnte.

Geschichte zu den Gemälden gesucht

Im Gegensatz zu den Leben der Frauen an den Tischen, die mit Dokumenten nachgezeichnet wurden, bleiben die alten Gemälde aus dem Bestand des Historischen Museums, die seitlich aufgehängt sind, nicht selten geschichtslos. «Wir hoffen, dass uns vielleicht eine Besucherin oder ein Besucher die Geschichte einer der porträtierten Frauen erzählen kann», so Bertolaccini, während sie zu einer Vitrine führt, die sich einem zentralen Anliegen der Frauenbewegung ab den 1960er Jahren widmet. Nämlich dem, dass Frauen selber über den eigenen Körper bestimmen wollen. Anhand eines Spiegel-Artikels werden so die Themen Abtreibung und Fristenlösung aufgegriffen. Den Abschluss der Ausstellung bildet ein weiterer Durchgang, der die beiden Frauenstreiks, aber auch die «MeToo»-Debatte aufzeigt und ein letzter Raum, der die nichtbinäre Geschlechtsidentität mit der Erklärung von Begriffen und Aussagen thematisiert. Betreffend der Veranstaltungen, welche die Sonderausstellung die nächsten Monate begleiten, gilt es sich zuerst via Webseite zu informieren, ob diese tatsächlich stattfinden können.

www.hausdermuseen.ch

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