«Man wurde viel vorsichtiger»

Bestattungswesen Die Corona-Pandemie bringt für uns alle viele Veränderungen mit sich. Besonders betroffen sind auch Bestatter. Wir haben uns mit Oscar Gerber, Geschäftsleiter der Bestattungen Gerber AG, unterhalten.

«Ich bin der Meinung, dass dieser Beruf einer der dankbarsten überhaupt ist.» Bestatter Oscar Gerber sieht seinen Beruf als Berufung. (Bild: AGU)
«Ich bin der Meinung, dass dieser Beruf einer der dankbarsten überhaupt ist.» Bestatter Oscar Gerber sieht seinen Beruf als Berufung. (Bild: AGU)

Herr Gerber, die Corona-Pandemie dominiert die Schlagzeilen seit fast einem Jahr. Wie blicken Sie als Bestatter auf die vergangenen Monate zurück?

Oscar Gerber: Zu Beginn war für uns vieles unklar. Wir stützten uns in der anfänglichen Ungewissheit auf den Schweizerischen Verband der Bestattungsdienste ab und kontaktierten auch das Bundesamt für Gesundheit, um die nötigen Sicherheitsmassnahmen zu treffen und uns schützen zu können. Wir gingen sehr, sehr vorsichtig an die Sache heran. Tatsächlich gespürt haben wir die Folgen der Pandemie erst ab Ende November, Anfang Dezember…

…weil da die Anzahl Bestattungen deutlich stieg.

Ganz genau. Im März hatte es vereinzelte Todesfälle wegen Covid gegeben. Aber die Infrastruktur hatten wir deswegen noch nicht anpassen müssen.

Was meinen Sie mit «Anpassung der Infrastruktur»?

In der Vorweihnachtszeit nahmen die Aufträge zu, und in den Altersheimen traten wir nur noch in Schutzanzügen und Schutzbrillen auf. Vorher hatten wir das bloss in Einzelfällen getan. Im November begannen wir zu spüren, dass die Altersheime wegen der getroffenen Vorsichtsmassnahmen zunehmend schwer zu betreten waren. Das war bei der ersten Welle im Frühling noch nicht so gewesen.

Das heisst, wenn Sie jetzt ein Altersheim betreten, machen Sie das immer im Schutzanzug?

Das ist so. Wir bewegen uns innerhalb des Altersheims, vom Eintritt bis zum Austritt, nur noch im Schutzanzug.

Und wenn Sie ein Anruf erreicht, bei dem kein Altersheim involviert ist?

Dann klären wir leider inzwischen standardmässig ab, ob der Verstorbene Covid-19-positiv gewesen sei. Ein Mundschutz und Handschuhe gehören bei uns seit längerer Zeit zum Alltag. Aber Schutzanzug und Schutzbrille kommen nun viel öfter zum Einsatz.

Wenn Sie die ganze Zeit seit dem Ausbruch der Pandemie in der Schweiz rekapitulieren: Konnten Sie das Mehr an Aufträgen stets gut bewältigen?

Ja. Allerdings mussten wir im November und Dezember Aushilfen beiziehen und die internen Massnahmen verschärfen, um nicht plötzlich mit einem positiven Fall innerhalb des Teams konfrontiert zu sein. Seit Jahresbeginn beruhigt sich die Situation zum Glück wieder.

Inwiefern hat sich Ihre Arbeit durch Corona verändert?

Man wurde viel vorsichtiger, man desinfiziert die Hände deutlich intensiver und häufiger, man wechselt die Maske nach jedem Einsatz. Bei der Hygiene an sich gab es eine starke Veränderung, und nahe Kontakte innerhalb des Teams versuchen wir wenn immer möglich zu vermeiden.

Was stellt für Sie während dieser schwierigen Zeit die grösste Herausforderung dar?

Die grösste Herausforderung ist, alles so anbieten zu können wie bisher. In «struben» Zeiten hätten wir jeweils gleichzeitig an verschiedenen Orten sein sollen. Zeit für die Familie nehmen konnten wir uns zeitweise nicht mehr so, wie wir das den Angehörigen gewähren wollten. Ausserdem wollten die Altersheime eine möglichst rasche Überführung. Eine grosse Herausforderung war es zeitweise auch, beim Krematorium die Verstorbenen ordnungsgemäss zu kühlen, da nur wenige Kühlmöglichkeiten vorhanden sind. Wir sind in dieser Angelegenheit auch mit Stadtpräsident Martin Wey zusammengesessen und haben nach Lösungen gesucht. Für die Angehörigen besonders schwierig war, dass sie sich infolge Ein- und Ausgangssperren in Altersheimen und Spitälern kaum mehr von Ihren Lieben verabschieden konnten. Doch Aufbahrungen sind und waren nicht verboten, und so konnten wir den Angehörigen trotzdem noch die Möglichkeit bieten, in der Nähe ihrer Liebsten zu sein und sich zu verabschieden, wenn dies erwünscht war.

Es ist aber nie eine Lage entstanden, hinter der Sie nicht mehr hätten stehen können?

Nein, das nicht. Ansonsten hätten wir Unterstützung anfordern müssen vom Krisenstab des Kantons Solothurn. Aber wir hatten in unserer Region das Glück, die Lage bisher ohne Zusatzhilfe bewältigen zu können.

Werden wegen Corona auch andere angebotene Dienstleistungen mehr nachgefragt, etwa die Sterbevorsorge?

Gar nicht, nein. Der einzige Bereich, in dem die Anfragen zunehmen, ist der Bereich Karten drucken oder Todesanzeigen erstellen. Dies, weil halt eben manche Läden, die diese Dienstleistungen anbieten, derzeit geschlossen sein müssen. Ebenfalls werden viel weniger Blumen für Trauerfeiern und Beisetzungen bestellt, weil diese nur noch in kleinem Rahmen stattfinden können.

Sie leiten das Bestattungsunternehmen Gerber in bereits vierter Generation. War für Sie schon immer klar, dass Sie dereinst als Bestatter tätig sein würden?

Natürlich, natürlich (schmunzelt). Nein, ich absolvierte zuerst eine Lehre als Automechaniker, half aber bereits zu jener Zeit als Bestatter im Familienunternehmen mit. Nach der Lehre war mir dann klar, dass ich zu 100 Prozent als Bestatter arbeiten wollte und ich erwarb den eidgenössischen Fachausweis. Während meinem Aushelfen im Bestattungsunternehmen hatte ich schnell gemerkt, dass dies meine Berufung sein würde. Ich übe den Beruf mit viel Leidenschaft aus, weil ich der Meinung bin, dass er einer der dankbarsten überhaupt ist. Man hilft den Leuten in einer absoluten Ausnahmesituation und bekommt viel Anerkennung zurück.

Oscar Gerber leitet das Bestattungsunternehmen Gerber AG seit 2013 in vierter Generation. Der 41-Jährige machte zuerst eine Lehre als Automechaniker, stieg aber bereits als 18-Jähriger im Familienbetrieb ein. Oscar Gerber ist verheiratet und Vater zweier Kinder. Seit 2018 sitzt er für die FDP im Gemeinderat von Winznau.

www.gerber-bestattungen.ch

 

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