Ganzheitlich beraten

Frabina Die Beratungs­stelle Frabina verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz: So bietet sie sowohl in rechtlichen wie psychosozialen Fragen Rat. Nun ist der neue Leistungsvertrag mit dem Kanton Solothurn angelaufen.

Frabina-Leiterin Esther Hubacher im Büro an der Oltner Marktgasse: «Ziel ist, dass die Betroffenen gut informiert und autonom entscheiden können.» (Bild: Franz Beidler)
Frabina-Leiterin Esther Hubacher im Büro an der Oltner Marktgasse: «Ziel ist, dass die Betroffenen gut informiert und autonom entscheiden können.» (Bild: Franz Beidler)

Angenommen, Sie wären eine Frau aus Thailand, die erst letztes Jahr einen Schweizer heiratete und ihm nach Olten folgte. Vielleicht hätten Sie ein gemeinsames Kind. Nun möchten Sie sich trennen. Dürften Sie danach in der Schweiz bleiben? Oder müsste das Kind ohne Mutter aufwachsen?

Diese Fragen könnten Sie Esther Hubacher stellen. Sie leitet seit 2014 die Beratungsstelle Frabina. Jeden zweiten Montag ist sie in Olten und führt dann etwa fünf solcher Beratungsgespräche durch. Die restlichen Tage der Woche arbeitet Hubacher im Kanton Bern, wo Frabina ebenfalls Beratungen durchführt. Neben den Räumen in Olten und Solothurn verfügt die Beratungsstelle denn auch über Standorte in Bern und Tavannes. Neben Stellenleiterin Hubacher beschäftigt Frabina vier Mitarbeitende, die Beratungen in Deutsch, Französisch, Italienisch, Englisch, Spanisch oder Arabisch anbieten.

Bereiche überschneiden sich

Im Kanton Solothurn engagiert sich Frabina in den drei Bereichen Ausländerrecht und Integration, binationale Paarbeziehungen und rassistische Diskriminierung. Für letzteres fungiert Frabina seit 2020 als Anlaufstelle des Kantons. «In den drei Bereichen gibt es grosse Überschneidungen», erklärt Stellenleiterin Hubacher.

«Das Spezielle ist unser ganzheitlicher Ansatz. Wir beraten sowohl in psychosozialer, wie auch in juristischer Hinsicht.» In der Praxis fallen die beiden Bereiche oft zusammen: «Bei binationalen Ehen entstehen Fragen nach Einbürgerung und Familiennachzug, aber auch nach dem Zusammenleben im Alltag», macht Hubacher, die über eine zusätzliche Ausbildung in Migrationsrecht verfügt, ein Beispiel.

«Viele Menschen haben Angst, bei den Behörden mit ihren Fragen vorstellig zu werden, meist, weil sie die rechtliche Lage nicht kennen», weiss Hubacher aus Erfahrung. «Eine Trennung in einer binationalen Ehe hat möglicherweise Folgen für die Aufenthaltsbewilligung.» Als privatrechtlich organisierter Verein sei Frabina eine unabhängige Stelle, die unparteiisch sei und der Schweigepflicht unterliege.

Anfänge in den 60er-Jahren

Der Name «frabina» geht auf die 60er-Jahre zurück. Damals wurde zuerst eine Beratungsstelle für Frauen und später eine Auskunftsstelle für binationale Ehen geschaffen. Daher rührt die Wortkombination aus «Frauen» und «binational», denn: «Im Jahr 2000 wurden die beiden Stellen zusammengeschlossen und der Verein Frabina mit Sitz in Bern gegründet», weiss Hubacher. Seit dem Jahr 2011 besteht ein Leistungsvertrag mit dem Kanton Solothurn.

Ende des letzten Jahres verlängerte der Kanton die Leistungsvereinbarung erneut für zwei Jahre. Neu soll die Arbeit als Anlaufstelle für Rassismus mehr in den Fokus rücken. Dafür stehen Frabina nun fünf Stellenprozente mehr zur Verfügung. «Das ist für uns natürlich auch eine Anerkennung unserer Arbeit», sagt Hubacher. Der Kanton nehme die Themen von Frabina ernst.

Im vergangenen Jahr hat Frabina im Kanton Solothurn 142 Fälle mit 182 Personen betreut. Dafür hielt sie 250 Beratungen, die insgesamt 300 Stunden dauerten. Etwa die Hälfte davon fanden in Olten statt. Dazu kommen noch je 50 Stunden für Administration und Abklärungen mit anderen Institutionen.

«Auf möglichst vielen Kanälen»

Betroffene kontaktieren Frabina meistens per Telefon oder E-Mail. «Es ist uns wichtig, auf möglichst vielen Kanälen erreichbar zu sein», betont Hubacher. Deshalb finden Beratungen nicht nur in den Räumen der Fachstelle, sondern auch per Telefon, E-Mail, Videoanruf oder Textchat statt.

«Zuerst klären wir ab, was das Anliegen ist», sagt Hubacher. Geklärt wird auch, in welcher Sprache die Beratung gewünscht ist. «Arabisch und Italienisch bieten wir nur in Bern an, Spanisch dagegen nur in Olten», sagt Hubacher. Auch wird den Anrufenden mitgeteilt, ob die Beratung kostenpflichtig ist. «Für Menschen mit Wohnsitz im Kanton Solothurn oder Bern ist die Beratung ermässigt», erklärt Hubacher. Die Kosten werden je nach Einkommen abgestuft, bis zu einem Minimum von 20 Franken für eine rund stündige persönliche Beratung.

«Häufig geht es in den Beratungen auch um Probleme bei der Organisation von notwendigen Dokumenten», sagt Hubacher. «Sei es für eine Eheschliessung, eine Vaterschaftsanerkennung oder einen Familiennachzug.» Im Umgang mit den entsprechenden Behörden unterstützt Frabina dann die Betroffenen und verfasst zum Beispiel gemeinsam mit ihnen die nötigen Gesuche. «Wir arbeiten aber nie im Mandat», betont Hubacher. Es gelte das Prinzip der Hilfe zur Selbsthilfe. «Wir klären über die rechtliche Lage auf. Ziel ist es, dass die Betroffenen gut informiert und autonom entscheiden können.»

Zwanzig Meldungen im ersten Jahr

Bevor Frabina 2020 den Auftrag als Anlaufstelle für Rassismus übernahm, war die Beratungsstelle Stopp Rassismus in Pratteln damit beauftragt. «Da gab es aus dem Kanton Solothurn nur sehr wenige Meldungen», so Hubacher. Frabina erhielt bereits im ersten Jahr zwanzig Meldungen. «Mit unseren Büros in Solothurn und Olten sind wir näher bei den Leuten», vermutet Hubacher einen Grund hinter dem Anstieg. Auch sei Frabina als Fachstelle gut mit anderen Institutionen wie der Polizei oder dem Sozialamt vernetzt. Die würden dann ihre Klienten auf Frabina verweisen.

«Den Start als Anlaufstelle Rassismus hätten wir uns natürlich anders gewünscht», sagt Hubacher. Der Beginn der Coronapandemie vereitelte die geplanten Aktionen. So konzentrierte sich Frabina gezwungenermassen auf den Onlineauftritt. Inzwischen ist zudem ein Factsheet für Gemeinden und Sozialdienste am Entstehen. «Darauf fassen wir zusammen, was Rassismus alles sein kann», erklärt die Stellenleiterin. «Sowohl zum Beispiel in strafrechtlicher, aber auch zwischenmenschlicher Hinsicht.»

«Als Anlaufstelle gegen Rassismus beraten wir Betroffene, Mitbetroffene und Zeugen von Rassismus und melden alle Fälle anonymisiert dem Beratungsnetz Rassismusopfer», erklärt Hubacher. «Das Beratungsnetz erstellt dann einen jährlichen Bericht mit einer Statistik, in der alle Meldungen aus der Schweiz zusammenfliessen.» So sei es möglich, Rassismus sichtbar zu machen. «Deshalb rufen wir dazu auf, rassistische Vorfälle zu melden, auch wenn sie nur beobachtet werden», sagt Hubacher. Rassistische Vorfälle können anonym über ein Formular auf der Website gemeldet werden.

Für den 21. März, dem internationalen Tag gegen Rassismus, plant Frabina zusammen mit dem Schweizerischen Roten Kreuz einen Workshop in Olten sowie eine Theateraufführung und einen Infobus in Solothurn. «Ein Teil unseres Auftrags vom Kanton ist es, die Bevölkerung zu sensibilisieren.» Im kommenden Herbst will die Fachstelle zudem Workshops für Mitarbeitende von Ämtern und Behörden anbieten. «Zwischen den Mitarbeitenden und ihren Klienten gibt es ein Machtgefälle, das Rassismus begünstigen kann», sagt Hubacher. «Dafür möchten wir die Mitarbeitenden sensibilisieren.»

www.frabina.ch

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