Fit für dem Markt machen – und trotzdem sozial bleiben
Velolieferdienst Weil dem Velolieferdienst Collectors eine Partnerschaft aufgekündigt wurde, kämpft dieser um seine Zukunft. Als Reaktion darauf will sich das Unternehmen stärker marktwirtschaftlich ausrichten.
Die tiefe Arbeitslosenquote im Kanton Solothurn von stets unter zwei Prozent in den vergangenen Monaten lässt Wirtschaftsanalysten frohlocken. Für Unternehmen, deren Geschäftsmodell auf der Integration von Arbeitslosen fusst, kann die positive Gesamtlage existenzgefährdende Konsequenzen haben. Diese Erfahrung macht gerade der Velolieferdienst Collectors, der in und um die Stadt Olten Heimlieferungen von Einkäufen und Recyclingfahrten anbietet. Weil die Oltech GmbH Bildungswerkstätte, die dem Lieferdienst bis anhin von Langzeitarbeitslosigkeit betroffene Menschen vermittelt und diese auch betreut, mangels Programmteilnehmenden die Partnerschaft auf Ende Jahr aufgekündigt hat, steht das Angebot vor einer unsicheren Zukunft.
Rund 70000 Franken werden dem Velolieferdienst im kommenden Jahr fehlen – darunter fallen etwa Lohnkosten, die bisher im Auftrag der Gemeinden über Oltech bezahlt wurden. «Gerade noch zwei von Oltech betreute Personen arbeiten bei uns», erzählt der Geschäftsführer von Collectors, Tobias Vega. Zu wenig, um eine Weiterführung der Partnerschaft zu rechtfertigen – eigentlich müssten am Programm acht Betroffene teilnehmen. «Wir werden selbst Geld in die Hand nehmen müssen, und noch ist nicht klar, woher dieses kommt», sagt Vega. Für die Lieferfahrten helfen aktuell Mitarbeitende im Stundendienst aus. Und Collectors beschäftigt – unabhängig vom Velolieferdienst – eine Person, die bei der IV gemeldet ist. Zwei Personen leisten Zivildienst im sozialen Bereich.
Massnahmen eingeleitet
Der Geschäftsführer und der hinter dem Unternehmen stehende Verein Velolieferdienst Olten haben «einen Transformationsprozess eingeleitet», so das Unternehmen in einer Mitteilung. Konkret sagt Vega: «Wir wollen unser Angebot professionalisieren, selbsttragender werden und trotzdem den sozialen Gedanken der beruflichen Integration beibehalten.» Zur Professionalisierung gehörten die Überprüfung und Anpassung der bestehenden Angebote und Preisstrukturen, die Verbesserung der betrieblichen Abläufe, die Erhöhung der Sichtbarkeit und eine breitere Vernetzung mit Partnerorganisationen. «Wir haben schon zuvor damit begonnen, uns zu diversifizieren, damit wir weniger von einer einzigen Partnerschaft abhängig sind», sagt der 43-Jährige.
Tag der offenen Tür
Die Collectors, wie sich die Velokuriere nennen, radeln auch in Thun und Solothurn. Ende dieses Monats feiern sie in Olten ihr fünfjähriges Bestehen. Seit 2018 bietet das Unternehmen für Privatpersonen und über 50 Partnergeschäfte «eine schnelle, unkomplizierte und umweltfreundliche Lösung für Transporte, sei es für Einkäufe, Entsorgung und Recycling oder für Kurierfahrten», wie es in der Selbstbeschreibung der Firma heisst. Das Team von Collectors zeigt sich in der Medienmitteilung überzeugt, dass «bestehende und neue Kundinnen und Kunden, die Partnergeschäfte in Olten und zukünftige neue Partnerorganisationen den Betrieb ideell und finanziell unterstützen und so die Weiterfahrt der Cargo-Bikes auch im Jahr 2024 ermöglichen». Am Samstag, 28. Oktober, feiert Collectors sein Jubiläum mit einem Tag der offenen Tür an der Feldstrasse 30. «Wir freuen uns, wenn Interessierte einen Blick hinter die Kulissen werfen und wir Neugierde entfachen können», so Vega.