«Es gab schon Zukunftsängste»

Terminus Sie betreiben den einzigen Nachtclub in Olten, das Terminus. Dusan Nedeljkovic und Claudio Iseli ziehen zwei Jahre nach Verhängung des ersten Lockdowns und einen Monat nach Aufhebung der Massnahmen am 17. Februar Bilanz.

Claudio Iseli (links) und Dusan Nedeljkovic sind froh, herrscht momentan für ihren Club endlich wieder Normalbetrieb. (Bild: AGU)
Claudio Iseli (links) und Dusan Nedeljkovic sind froh, herrscht momentan für ihren Club endlich wieder Normalbetrieb. (Bild: AGU)

Die Corona-Fallzahlen steigen jüngst wieder stark an. Das Thema lässt uns einfach nicht los.

Dusan Nedeljkovic: Wir waren diesbezüglich nie naiv. Zwar hätten wir den Anstieg nicht schon so früh wieder erwartet, sondern erst im Herbst. Aber uns war immer klar, dass diese Geschichte noch nicht gegessen ist. Aber da für die Politik in der Schweiz die Belegung der Intensivstationen die entscheidende Grösse ist – was ich persönlich begrüsse –, sind wir derzeit nicht beunruhigt.

Trotzdem: Wie begegnen Sie der neuesten Entwicklung?

Nedeljkovic: Wir schauen, was uns die Behörden vorgeben und arbeiten mit diesen Vorgaben. Momentan gibt es keine Vorgaben, also arbeiten wir wie in den Vor-Corona-Zeiten. Allerdings sind wir darauf eingestellt, dass sich die Lage jederzeit wieder ändern kann. Planungsgrundlage für uns ist aber momentan die Normalität.

Also keine speziellen Massnahmen oder Hinweise mehr?

Nedeljkovic: Ich denke, es wissen längst alle, dass es Corona gibt. Es ist auch jedem bekannt, dass es in einem Club eng ist und ein gewisses Ansteckungsrisiko besteht. Wir sind jetzt in einer Phase, in welcher der Zeitpunkt der Eigenverantwortung gekommen ist.

Claudio Iseli: Wir haben ein erwachsenes Publikum. Unsere Gäste sind selbst in der Lage, das Risiko abzuschätzen.

Nedeljkovic: Ich selbst habe einen genetischen Immundefekt. Ich sage also nicht leichtfertig, dass jetzt halt jeder selbst schauen müsse. Aber tatsächlich ist es jetzt ein individuelles Risiko, nicht mehr ein systemisches. Wenn die Intensivstationen wieder voll sein sollten, hätten wir wieder ein systemisches Risiko – und eine andere Situation.

Der 17. Februar war der Tag, an dem für Ihre Branche sämtliche Corona-Einschränkungen fielen. Kehrt das Publikum seither zurück?

Nedeljkovic: Definitiv. Wir haben Normalbetrieb.

Iseli: Dem würde ich zustimmen. Es ist nicht so, dass wir einen massiven Aufschwung konstatieren würden und die Nachfrage deutlich höher wäre – ausser vielleicht an den ersten beiden Wochenenden. Aber das Besucheraufkommen ist momentan wie vor der Pandemie.

Nedeljkovic: Wir haben allerdings festgestellt, dass die Leute ihr Verhalten den Fallzahlen anpassen. Sind die Zahlen höher, sind die Leute von sich aus vorsichtiger. Das könnte sich nun bald wieder bemerkbar machen. Und es gibt Leute, die nach wie vor den Clubs fernbleiben.

Wird zurückhaltender gefeiert als vorher? Oder vielleicht sogar noch ausgelassener, weil es endlich wieder möglich ist?

Iseli: Das lässt sich in einem Satz beantworten: Es ist so wie vorher. Es wird nicht überschwänglicher, aber auch nicht vorsichtiger gefeiert. Wer kommt, feiert so, wie er gefeiert hat vor der Pandemie.

Am 16. März 2020, also vor zwei Jahren, wurde in der Schweiz der erste Lockdown verhängt. Für Sie als Clubbetreiber begann damit eine enorm anspruchsvolle Zeit.

Nedeljkovic: Unser Lockdown begann am 27. Februar 2020, als der Kanton Solothurn eine Beschränkung auf 150 Personen einführte. Für uns kam das einem Lockdown gleich, weil wir mit weniger als 150 Personen pro Abend Verluste schreiben. Also schlossen wir den Betrieb per sofort.

Iseli: Es war für uns definitiv eine sehr anspruchsvolle Zeit. In diesen zwei Jahren war unser Club während 15 Monaten komplett geschlossen. Später, in der Phase mit 2G, mussten wir den Club geöffnet haben, weil wir gegenüber dem Vermieter eine Verantwortung hatten, den Betrieb offen zu lassen, solange das erlaubt war. Aber der Betrieb war tot.

Nedeljkovic: Ja, damals hätten wir den Betrieb am liebsten dichtgemacht. Ein offizieller Lockdown wäre uns lieber gewesen. Aber als Mieter kann man beim Vermieter keine Mietzinsreduktion geltend machen, wenn man den Betrieb schliesst, obwohl man gar nicht müsste.

Iseli: Was sich durch die ganze Zeit hindurchzog: ständig wechselnde Bedingungen. Das war das Mühsamste in dieser Zeit. Es war ja nicht so, dass wir zwei Jahre nichts zu tun gehabt hätten – im Gegenteil. Wir hätten uns aber oft strengere, weitergehende Massnahmen gewünscht. Mit solchen wäre das Planen viel einfacher gewesen.

Nedeljkovic: Diese zwei Jahre waren viel belastender, als sie es im Normalbetrieb gewesen wären. Das dauernde Anpassen der Massnahmen, das Suchen von Testanbietern und das stetige Verhandeln mit Behörden, um gewisse Unterstützungsgelder zu erhalten – das war alles andere als einfach. Und wir wurden unserer Ansicht nach als Bauernopfer missbraucht, um die jungen Leute zum Impfen zu bewegen.

Iseli: Wir konnten nicht mehr planen. Alles, was wir taten, hatte nur noch einen Zeithorizont von einem oder zwei Monaten – wenn überhaupt. Wir waren konstant in einer Phase des Planens, Änderns, Anpassens. Stillstand war nie.

Und verdienen liess sich nichts.

Nedeljkovic: Nein, gar nichts. Wir spielten teilweise andere Konzepte durch. Zum Beispiel ein Betrieb mit Sitzbedienung oder eine Bar mit Showacts. Wir erstellten viele Konzepte, rechneten sie durch und verwarfen sie wieder. Wir haben oft ins Blaue hinaus gearbeitet. Eine Woche später konnte alles wieder anders sein. Und: Wir haben ja keine Maschinen, sondern Personal, Lieferanten, DJs. Da muss jeweils alles kurzfristig wieder organisiert werden.

Iseli: Genau. Ein Club ist keine Maschine, die man auf Knopfdruck wieder einschalten kann. Man kann nicht einfach das System wieder von 0 auf 100 hochfahren. Und wir konnten kaum je das machen, was wir lieben. Unser Job hatte sich komplett verändert.

Nedeljkovic: Uns fiel es auch schwer, bei den Behörden «bittibätti» machen zu müssen, um Unterstützungsgelder zu erhalten. Denn wir würden unser Geld viel lieber selbst verdienen.

Es gab lange Schliessungen, Quasi-Schliessungen und ständig wechselnde Bestimmungen mit 3G, 2G oder 2G+. Gab es mal Gedanken, alles hinzuschmeissen?

Iseli: Die gab es einige Male. Aber das Aufgeben war letztlich nie eine ernsthafte Option. Da wir aber nicht wussten, wie lange diese ausserordentliche Lage noch andauern würde, gab es schon auch Zukunftsängste. Und es war nicht immer einfach, morgens aufzustehen und die Motivation für den Tag wieder zu finden.

Experten sagen für den kommenden Herbst und Winter neue Corona-Wellen voraus. Halten Sie dafür bereits Konzepte bereit?

Nedeljkovic: Nein, was sollen wir auch tun? Selbst wenn wir nun Zehntausende von Franken in die Infrastruktur investieren würden, zum Beispiel in die Installation einer hochleistungsfähigen Luftfilterung, würden die Behörden die Clubs wohl erneut schliessen, wenn die Intensivstationen wieder an den Anschlag kommen. Insofern haben wir momentan einfach Normalbetrieb, wissen aber, dass eine Schliessung wieder kommen kann. Mental wären wir darauf vorbereitet.

Iseli: Es gibt für uns nicht wirklich eine Möglichkeit, uns auf eine erneute Welle vorzubereiten. Wir würden dann zu gegebener Zeit halt wieder die verfügten Massnahmen umsetzen.

Wie geht es Ihnen nun nach diesen aufreibenden zwei Jahren? Sind Sie müde, erschöpft? Oder ganz im Gegenteil voller Tatendrang?

Nedeljkovic: Wir sind voller Tatendrang. Wir machen vorwärts, vorwärts, vorwärts!

Iseli: Wir kommen natürlich finanziell nicht unbeschadet aus diesen zwei Jahren hinaus. Es herrscht nicht Normalität, es ist nicht alles gut. Aber wir haben Freude, dürfen wir wieder das machen, was wir gerne tun.

Nedeljkovic: Claudio hat es genau richtig gesagt: Wir sind mit zwei blauen Augen und einer Prellung aus der Pandemie hinausgekommen. Aber nun haben wir Freude, dass wir wieder arbeiten dürfen. Das löst bei uns Tatendrang, Motivation aus. Unser Motivationslevel ist auf 100!

 

Seit langem dabei

Claudio Iseli und Dusan Nedeljkovic sind gemeinsam mit Davide Vergari seit 2018 Inhaber und Geschäftsführer des Clubs Terminus in Olten. Iseli, 36, und Nedeljkovic, 37, sind aber bereits seit mehr als 15 Jahren an vorderster Front im Terminus tätig. Iseli verantwortet vor allem die Bereiche Grafik und Technik, Nedeljkovic Marketing und Kommunikation. Informatiker Iseli und Betriebsökonom Nedeljkovic verfolgen daneben noch andere berufliche Standbeine. (agu)

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