Das Relief «Olten» an der Stützmauer
Fassadenschmuck Während der letzten fünfviertel Jahre hat unser Autor Urs Amacher auf dreissig oft wenig beachtete Häuserverzierungen in Olten und Umgebung aufmerksam gemacht. Mit diesem Beitrag schliessen wir nun diese Serie «Fassadenschmuck» ab.
Als man 1956 in Olten eine neue Bahnunterführung für die Sälistrasse baute, um das Fustligquartier von der Aarburgerstrasse her zu erschliessen, stellte sich die Frage nach einem künstlerischen Schmuck. Die aus Steinquadern bestehende Stützmauer ist fünf bis sechs Meter hoch und bildet eine ansehnliche Fläche. Um in diese eintönige Wand etwas Bewegung zu bringen, stellte der damalige städtische Bauverwalter Ernst Felix Keller bei der Oltner Baukommission erfolgreich den Antrag, in der Mauer ein Feld soweit vorstehen zu lassen, dass ein Relief oder auch nur das Erstellungsjahr angebracht werden könnte. Gleichzeitig empfahl er hierfür den Oltner Bildhauer Hans Borer.
Hans Borer wurde am 23. November 1924 im Haus Marktgasse 25 geboren. Sein Vater war der Kantonspolizist Johann Borer, seine Mutter Irma, geborene Mersing, war Damenschneiderin. 1941 bis 1945 absolvierte Hans eine Steinhauerlehre bei Willy Schibler. Anschliessend bildete er sich in Genf, Paris und Florenz weiter. Nach seiner Rückkehr richtete er ein eigenes Atelier in einer Waschküche an der Wartburstrasse ein und machte sich 1952 selbständig.
Tatsächlich unterbreitete Hans Borer der Baukommission an der Dezembersitzung 1956 einen Entwurf für das Wandbild, der eine liegende und eine stehende Wassernymphe aus Solothurner Kalkstein vorsah. In der Kommission hingegen wurde allgemein die Auffassung vertreten, dass am fraglichen Standort eher ein Sujet zu wählen sei, das Bezug auf das Sälischlössli nimmt. Es wurden deshalb einige weitere Vorschläge gewünscht.
Der dritte Entwurf fand Zustimmmung
Nachdem Bildhauer Borer noch ein kleines Modell in Form einer schreitenden Frau eingereicht hatte, was aber als ein zu mageres Sujet abgelehnt wurde, fand schliesslich ein dritter Entwurf die Gnade der Kommission: «Es stellt die Verbindung zwischen der Altstadt und dem Sälischlössli dar, mit dem Oltnerwappen, Turm, Aare sowie dem Säliwald mit dem Schlössli», so die Beschreibung im Protokoll. In der Tat ist im ausgeführten Relief auf der linken Seite der Oltner Stadtturm zu erkennen, dann die alte Brücke über die durch Fische symbolisierte Aare. Am rechten Ufer blicken eine Eule und ein Reh zwischen den Tannen hervor. Darüber ist das Sälischlössli angedeutet. Am untern Rand meisselte der Künstler die Jahreszahl 1956 in den Stein. Das Honorar des Bildhauers betrug 6000 Franken, und für die Steinplatte aus Solothurner Kalkstein verrechnete die Firma Bargetzi in Solothurn 1500 Franken.
Das Ganze hatte noch ein politisches Nachspiel. Im Budget für den Bau der Sälistrasse war nämlich ein Betrag für die Kosten des Steinreliefs nicht enthalten gewesen. Und die Baukommission versäumt es, einen Nachtragskredit für das Relief zu beantragen. Die Gemeinderatskommission stellte dies nach der Fertigstellung der Strasse fest. Sie rügte die Kompetenzüberschreitung der Baukommission scharf. Schliesslich bewilligte der Gemeinderat notgedrungen die Summe dann doch, da die Arbeiten ja bereits ausgeführt wurden. Inzwischen ist das Werk bald siebzig Jahre alt und hätte eine Auffrischung dringend nötig.
Der Brunnen vis-à-vis bei der Sonneggstrasse stammt übrigens auch aus Hans Borers Atelier. Ursprünglich befand sich hier ein anderer Brunnen, ebenfalls ein Werk Borers, der aktuell etwas einsam beim stillgelegten Vebo-Gebäude an der Tannwaldstrasse steht.
Quellen: Stadtarchiv Olten, Protokollbücher. Hans Borer, Bildband, Lohn 1988.