Zahlenartistin im rollenden Büro

Zirkus Chnopf Seit gestern ist die «Schützi» Gastgeberin eines ganz besonderen Schauspiels. Mit dem aktuellen Programm «du da da ich» gastiert der «Zirkus Chnopf» in Olten. Die Besucher bekommen die Antwort auf die Fragen: «Kann ich mich in deine Rolle versetzen? Kann ich wirklich du sein?»

Die Oltnerin Regula Maurer hält mittlerweile seit zwei Jahren beim Zirkus Chnopf die administrativen Fäden in den Händen. (Bild: H. Aki)
Die Oltnerin Regula Maurer hält mittlerweile seit zwei Jahren beim Zirkus Chnopf die administrativen Fäden in den Händen. (Bild: H. Aki)

Inmitten des von Bäumen umgebenen Schützi-Areals stehen seit knapp drei Stunden zahlreiche Wohnwägen aus Holz. Kräftige Männerhände packen gemeinsam an, um Holzbänke rund um die Freilichtbühne aufzustellen. Kilometerlange Kabel werden verlegt, um die Lichtanlage zum Leuchten zu bringen. Inmitten der Männerschar steht Regula Maurer. Die sympathische Oltnerin hat ihre langen braunen Haare zu einem Zopf zusammengebunden und wäscht gerade ihre Kleider. «Herzlich willkommen beim Zirkus Chnopf», begrüsst sie mit leiser Stimme. Hier auf der «Schützi» in Olten gastiert der Zirkus die nächsten Tage, bevor er nach Zürich weiterzieht.

Gemeinsam in der Manege

Maurer, die eine kaufmännische Ausbildung abgeschlossen hat, kümmert sich beim «Zirkus Chnopf» um die Administration und das Personalwesen. Der Zirkus, der seit 26 Jahren durch die Schweizer Städte zieht, ist aus einem Animationsprojekt entstanden. Professionelle Zirkusleute haben zu jener Zeit zusammen mit Jugendlichen ein Zirkusprogramm auf die Beine gestellt. «Dieses Projekt hat so viel Zuspruch erfahren, dass der «Zirkus Chnopf» seither in den Sommermonaten jährlich mit einem neuen Programm auf Reisen geht», fasst Matthias Schoch vom Leitungsteam die Anfänge zusammen. Regula Maurer stiess eher zufällig zum Team. «Ich habe nach einem Ausweg aus dem tristen Büroalltag gesucht. Durch eine Freundin wurde ich auf die ausgeschriebene Stelle aufmerksam und habe mich beworben», erzählt sie. Maurer ist mittlerweile seit zwei Jahren ein fester und unverzichtbarer Teil des Ensembles, welches aus insgesamt 17 Personen besteht. «Regula hat uns durch ihren Humor, ihren Willen und ihre exakte Arbeitsweise überzeugt», verrät Schoch. Das eigene Zuhause, Freunde und Familie für eine gewisse Zeit hinter sich zu lassen, sei der Oltnerin anfangs schwer gefallen. «Jeden Tag vor einem neuen Baum aufzuwachen ist eine Situation, an die ich mich erst gewöhnen musste. Heute ist es ein Abenteuer, das süchtig macht», lächelt die Frau mit der positiven Einstellung. Für Ihren Lebenspartner sei der Besuch auf dem Zirkusgelände jedes Mal aufs Neue ein «Urlaub», so Maurer.

«Der Zirkus ist meine zweite Familie»

«Obwohl ich nicht täglich auf der Bühne stehe und mit meinem rollenden Büro eher hinter den Kulissen jongliere, wird mir immer wieder vermittelt, dass mein Job wichtig ist.» Regula Maurer wird von ihrer «Zirkusfamilie» als der «Fels in der Brandung» oder «die Schulter zum Anlehnen» bezeichnet. Auch Sie selbst hat trotz wechselndem Personal Freunde gefunden. «An Tagen, an welchen es mir zu viel wird, gehe ich joggen. Aber auch ich habe meine Bezugspersonen gefunden, mit denen ich über alles reden kann. Wir sind eben ein verschworener Haufen», grinst die Oltnerin. Ihre Zufriedenheit, Teil dieses «Haufens» zu sein, ist ihren leuchtenden Augen abzulesen. «Einen Kindheitstraum durfte ich mir hier bereits erfüllen. Ich bin entlang des Hochseils gelaufen», erzählt Maurer stolz. Ob sie im nächsten Jahr ebenfalls noch dabei sein wird, habe sie noch nicht entschieden. «Nach zwei Jahren Zirkus wird es Zeit für etwas Neues. Andererseits würde es mir schwerfallen, meine Familie ohne mich ziehen zu lassen», so Regula Maurer nachdenklich.

Zirkus ohne Dach und doppelten Boden

Der Zirkus «Chnopf» ist kein gewöhnlicher Zirkus. Wie bei anderen Zirkussen üblich finden die Vorführungen nicht im Zelt, sondern unter freiem Himmel statt. Auch gibt es keine Eintrittskarten, sondern eine Kollekte am Ende der Show. Die Jugendlichen, die an dem Projekt teilnehmen, wechseln jede Saison aufs Neue. Bereits 39 Mal wurde das aktuelle Programm «du da da ich» aufgeführt. Dabei erforscht ein Kollektiv bestehend aus Artisten, Musikern und Schauspielern das Interesse am Gegenüber. Also am Rollentausch, am Übertreten der Grenze zwischen «du und ich». «Unter dem Eindruck der Flüchtlingsbewegungen entstand das Konzept vor knapp einem Jahr», erzählt Matthias Schoch. Es gilt die Fragen zu klären: «Kann ich mich in deine Rolle versetzen? Kann ich wirklich du sein?» Wer die Antwort auf die Frage finden möchte, hat noch bis Sonntag, 28. August die Gelegenheit dazu. Knapp 9’000 Wissbegierige haben sich seit Beginn der Tournee im Juni diese Frage gestellt und die Antwort darauf bekommen.

Zirkus Chnopf mit «du da da ich»
Schützi in Olten
Fr., 26. August, 19.30 Uhr,
21 Uhr: Konzert von anorakk
Sa., 27. August, 19.30 Uhr
So., 28. August, 16.30 Uhr

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