Wenn der Hund des Schriftstellers Begleiter wird

Im Gespräch 30 Jahre war Theo Heimgartner Geschäftsführer des Schweizerischen Samariterbundes. Heute schreibt der in Basel geborene Historiker Essays und historische Arbeiten zu Themen, die auf Kindheitserlebnisse zurückgehen.

Theo Heimgartner mit Hund Toppa auf der Terrasse, ausruhend nach einer Wanderung. (Bild: CAR)
Theo Heimgartner mit Hund Toppa auf der Terrasse, ausruhend nach einer Wanderung. (Bild: CAR)

Theo Heimgartner wohnt zusammen mit seiner Frau Marianne an der Langhagstrasse in Olten in unmittelbarer Nähe zum Wald. Wenn es nicht gerade Katzen hagelt, geht der 85-Jährige zweimal täglich mit seinem Hund Tappo spazieren. Auch an diesem windigen und regnerischen Tag, als ihn der «Stadtanzeiger Olten» in seiner geräumigen Attikawohnung besucht, lässt sich Heimgartner nicht aufhalten, zieht sich dem Wetter passend an und lockt Tappo ins Freie. Diese kleinen Wanderungen sind nicht einfach Selbstzweck oder eine Freundschaftsleistung an den bewegungsfreudigen Hund, sondern Quelle der Inspiration für kurze Texte, die Heimgartner jeweils Ende Jahr unter dem Titel «Hund sei Dank» zusammenstellt: «Am Anfang bin ich meist von Themen und Meinungsäusserungen in der Tagespresse ausgegangen. Heute beschäftige ich mich vermehrt mit dem historischen Hintergrund des Tagesgeschehens», erzählt Heimgartner, der in jungen Jahren das Studium der Geschichte in Basel begonnen und in Freiburg abgeschlossen hatte.

Nach jedem Spaziergang schreibt er auf, was ihm durch den Kopf gegangen ist und sucht sich im Spätherbst jeweils jene Texte aus, die sich für eine Publikation eignen: «Was ich dieses Jahr auf meinen Spaziergängen mit Tappo bis zur Schreibreife bedacht habe, steht im krassen Gegensatz zu Tappos munterem Gang durchs Leben», ist im Vorwort der Ausgabe 2022 zu lesen. Als Historiker beschäftigt er sich zwar gern und viel mit Geschichte, doch weltpolitische Ereignisse wie der Krieg in der Ukraine gehen auch an ihm nicht vorbei. Neben Texten zu eben diesem Thema äussert sich Heimgartner auch zur Debatte um das Kunstmuseum Olten sowie anderen lokalen oder nationalen Themen. Er empfindet es als Privileg des alternden Menschen, kritisch nachzudenken über die Zeit, die er mitgestaltet hat, und Erklärungen für das aktuelle Geschehen zu suchen.

Von Basel nach Olten gezogen

Theo Heimgartner wurde in Basel-Stadt geboren, doch die Familie zügelte ins basellandschaftliche Reinach, als er vier Jahre alt war: «Wir waren katholisch und hatten deshalb bald Anschluss im damals noch landwirtschaftlich geprägten Dorf», erinnert er sich. In Reinach wuchs er nicht nur auf, sondern arbeitete an der Sekundarschule als Lehrer und schloss berufsbegleitend sein Geschichtsstudium ab. «Irgendwann wurde mir klar, dass ich nicht bis zur Pensionierung als Lehrer arbeiten wollte», erzählt er. Eben dieser Entschluss war es, der Heimgartner aus der Region Basel nach Olten brachte.

Bis zu seiner Pensionierung vor 22 Jahren war Heimgartner als Geschäftsführer des Schweizerischen Samariterbundes, der in Olten seine Geschäftsstelle für damals mehr als 40 000 Samariter schweizweit betreibt, tätig: Die Zentralorganisation entwickelt die Grundlagen der Samariterarbeit, erarbeitet Ausbildungsprogramme und arbeitet mit Bundesbehörden und nationalen Organisationen zusammen. Eine Daueraufgabe war die Eigenfinanzierung der Verbandsdienstleistungen, was unter den damaligen Verhältnissen noch möglich war. «Ich war zwar beruflich erfolgreich, aber auch immer enorm eingespannt, musste auf Hobbys und andere gesellschaftliche Engagements verzichten», erinnert sich Heimgartner. Darum habe er den Übergang in die Pensionierung wie einen Vollstopp mit anschliessendem Neustart erlebt. Doch im Gegensatz zu anderen Menschen, die in Leitungspositionen tätig gewesen sind, genoss es Heimgartner, sein Leben völlig frei gestalten zu können. «Anfangs räumte ich den Keller auf, später brachte ich den Garten auf Vordermann, ich trieb Sport und wir gingen auf Reisen.» Kontakte aus seiner Berufszeit pflegt Heimgartner heute kaum mehr: «Stattdessen habe ich die Beziehungen zu Freunden aus der Studienzeit wieder gefunden. Eine sehr schöne Erfahrung.»

Gedankliche Rückkehr

Überhaupt hat es Heimgartner im Laufe seines Rentnerdaseins wieder mehr zurück zu seinen Wurzeln gezogen: «In mir reifte die Idee, mich wieder mehr der Geschichte zu widmen und zu schreiben.» Dies brachte ihn zumindest in gedanklicher Weise wieder zurück in die Region Basel: Unter dem Titel «I ha se ghöre sure – sie fliege obedure» schildert Heimgartner in seiner ersten Publikation seine Kindheitserinnerungen zwischen 1939 und 1945 in Reinach, als im nahen Ausland der Krieg tobte. Er vergleicht in dieser Arbeit seine Erinnerungsbilder mit den geschichtswissenschaftlich erfassten Tatsachen und formuliert separat, was er heute über das damalige Geschehen denkt. «Dabei ist es mir wichtig, Tatsachen und Meinungen zu trennen.»

Später hat Heimgartner verschiedene Bücher zur Reinacher Geschichte veröffentlicht. 2017 publizierte er das sehr lesenswerte und anschauliche Buch «Wie Reinach sein Wasser suchte», in welchem die Geschichte des Wasserwerks Reinach und Umgebung dargestellt wird. In diesem Jahr hat sich Heimgartner mit dem historischen Reinacher Gemeindepräsidenten Xaver Feigenwinter beschäftigt. «Das Faszinierende an dieser Persönlichkeit ist, dass er, obwohl er ‹nur› die Bezirksschule absolviert hatte, neben seiner politischen Tätigkeit noch Zeit für bemerkenswerte volkskundliche und dichterische Arbeiten gefunden hat.»

Gekommen, um zu bleiben

Auf die Frage, ob es ihn nicht manchmal zurück in seine alte Heimat ziehe, sagt er: «Reinach hatte in meiner Kindheit 2500 Einwohner, bei meinem Wegzug im Jahr 1966 10000, dieses Jahr wird die Marke von 20000 Einwohnern geknackt. Nein, in Reinach würde ich mich nicht mehr heimisch fühlen. Ohnehin habe ich wie viele Zugezogene erfahren, dass man hier in Olten doch ganz gut lebt. Damals, als ich wegen meiner Arbeit beim Samariterbund nach Olten gekommen war, schätze ich zuerst die schnellen Verbindungen nach Bern, Zürich, Luzern und Basel.»

Besonders erwähnenswert findet Heimgartner das kulturelle Angebot: «Olten hat in dieser Hinsicht viel zu bieten. Es gibt gute Theater und Konzerte. Weitere Pluspunkte sind das gute Wohnungsangebot und die Nähe zur Natur.» Weitere grössere Projekte stehen bei Heimgartner zurzeit nicht an: «Ich denke bei jedem, es könnte das letzte sein. Schliesslich bin ich 85 Jahre alt. Im Moment bin ich ausgeschossen.» An seinem «Hund sei Dank» will Heimgartner aber weiterhin festhalten, schon wegen Tappo, für den es zu einer unverzichtbaren Freude geworden ist, täglich mit seinem, eigenen Gedanken nachhängenden alten Herrn Gassi zu gehen.

 

...und ausserdem

Diese Person möchte ich gerne mal treffen

Mahatma Gandhi, der für einen Mittelweg zwischen Sozialismus und Liberalismus steht. Ich bewundere ihn für sein Einstehen für eine gewaltlose Entwicklung.

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Mit einer Tabakpfeife auf der Terrasse unserer Wohnung.

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Wenn Leute über Energiesparen und Umweltschutz reden, die Regeln und Empfehlungen dazu aber nicht beachten.

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