Von «Waldbienen» und Klötzchen

Klaus Schmuziger hatte in der Pfadi den Übernamen «Surri», ist von Stararchitekten ohne Starallüren unterrichtet worden und heute zweifacher Grossvater. Er beherbergt den «Prinzen von Afghanistan» und spielt Rockmusik mit der Band «The Woodbees».

Klaus Schmuziger steigt heute weniger oft ins Flugzeug als früher. Dafür unternimmt der 68-Jährige mehr Reisen in Gedanken. (Bild: Sonja Furter)

Klaus Schmuziger steigt heute weniger oft ins Flugzeug als früher. Dafür unternimmt der 68-Jährige mehr Reisen in Gedanken. (Bild: Sonja Furter)

«The Woodbees» im Jahr 1966 (v.l.): Markus Montanari, Klaus Schmuziger, Lorenz Ramseier und Boris Banga. (Bild: Pfister, Olten)

«The Woodbees» im Jahr 1966 (v.l.): Markus Montanari, Klaus Schmuziger, Lorenz Ramseier und Boris Banga. (Bild: Pfister, Olten)

In der Schule habe er immer wieder darauf hinweisen müssen, dass sein Nachname nichts mit Schmutz zu tun habe und ohne «tz» geschrieben werde, erzählt der Architekt Klaus Schmuziger lachend. Der Vater von vier erwachsenen Kindern und zweifache Grossvater ist mit der aus Prag stammenden Marcela verheiratet. «Meine Frau ist im Sommer 1968 im Rahmen der Unruhen des Prager Frühlings als Vierzehnjährige in die Schweiz geflüchtet.» Die beiden haben sich kennen gelernt, als ein guter Kollege Klaus Schmuziger fragte, ob dieser sich eine Freundin wünsche. Um einen ersten Eindruck vom jeweils anderen zu erhalten, suchten sich Klaus und Marcela mit ihren Blicken. «Schnell war klar, dass sie die Richtige ist», erzählt Schmuziger. Nach nur anderthalb Jahren Beziehung heirateten die beiden. «Die nötigen Papiere für die Hochzeit zu erhalten war ein riesiger Aufwand. Bürokratie pur.» Diese Erfahrung mit dem Thema Migration hat entscheidend dazu beigetragen, dass das Paar seit zwei Jahren einen heute 17-jährigen Afghanen als Pflegekind bei sich wohnen hat. «In der Schweiz hatte er die Möglichkeit, die Schule zu absolvieren und ist jetzt auf Lehrstellensuche», erzählt Schmuziger. Der Familienzusammenhalt sei stärker geworden seit der Aufnahme des Flüchtlings. «Die leiblichen Kinder kommen zu Besuch, um zu sehen, wie es dem «Prinzen von Afghanistan» geht.»

Bürger und Künstler

Als Kind habe er gerne mit Bauklötzchen gespielt oder mit dem neun Jahre älteren Bruder im Wald Miniaturstädte aus Moos, Holz und Steinen gebaut. «Bereits im Alter von fünf Jahren wusste ich, dass ich Architekt werden will.» Als Kind der 1950er-Jahre sei er mit vielen Freiheiten aufge- wachsen, erzählt der heute 68-Jährige. «Wenn keine Freunde zum Spielen da waren, habe ich in der Stadt den Verkehr beobachtet.» Er habe nie lange still sitzen können und darum in der Pfadi den Spitznamen «Surri» erhalten. Als er viele Jahre später die Kantonsschule besuchte, verglich er den Baustil der beiden Nachbarstädte Aarau und Olten. «Sport, Architektur und Musik waren und sind in meinem Leben sehr wichtig.» 1965 gründeten er und zwei Schulkollegen die Band «The Woodbees», in welcher der 16-jährige Maturand Gitarre spielte. Die folgenden anderthalb Jahre seien eine wilde Zeit in seinem Leben gewesen, in der die Band in verschiedenen Beizen der Stadt aufgetreten ist. «In der Schulpause waren die Rolling Stones und die Beatles das Gesprächsthema Nummer eins. Das Nebeneinander von Schule und Musik war ein Kampf zwischen dem Bürger und dem Künstler in mir.»

Wanderung durch den Jura

Klaus Schmuziger verwirklichte seinen Jungentraum und studierte Architektur an der ETH Zürich mit einem Zwischensemester in Florenz. «Ich wurde von guten Dozenten unterrichtet, von Stararchitekten ohne Starallüren», fasst Schmuziger seine Studienzeit zusammen. Mit dem eigenen Architekturbüro hat er mehrere Wettbewerbe gewonnen, Quartier-planungen entwickelt oder Schulen gebaut. Eines seiner lehrreichsten Projekte war der Umbau der Stadtbibliothek Olten. Das Schlendern durch die Räumlichkeiten entlang der Bücherregale sei wie eine Wanderung durch den Jura, erklärt der Architekt das Konzept. An seinem Beruf gefällt ihm, dass die Arbeit soziale, geschichtliche und räumliche Aspekte umfasst. «Städtebau hat etwas Künstlerisches. Wenn ich durch die Stadt schlendere, frage ich mich, wie die Häuser miteinander verbunden sind.»

Funktional und lebendig

Vor siebzehn Jahren kam es zur Wiederbelebung der Band «The Woodbees». Die Band trägt noch immer den gleichen Namen, Schmuziger ist noch immer Gitarrist und die Waldbienen spielen noch immer 60er-Rock. In seiner Freizeit sammelt Schmuziger mit seiner Ehefrau Steinpilze, geht Wandern, zeichnet oder schreibt Tagebuch. Über die Jahre hat er eine Sammlung von 300 Schallplatten zusammengetragen. «Heute steige ich weniger oft ins Flugzeug und reise mehr im Kopf», lacht Schmuziger. Er interessiere sich für die Geschehnisse auf dem Globus und für Politik. Mit dem Pflegesohn aus Afghanistan über Gott und die Welt zu diskutieren sei eine Horizont- erweiterung. «Das Thema Fussball vermag so manche Sprachbarriere zu überbrücken und verbindet Völker.» Seine Heimatstadt Olten analysiert der Architekt mit folgenden Worten: «Es gibt ein Spannungsfeld zwischen provinziell und urban, zwischen alt und neu und zwischen der Altstadt und der modernen Innenstadt mit sechsgeschossigen Gebäuden.» Seit dem Bau des Bahnhofs 1850 habe sich Olten vom Untertanenstädtchen zum Wirtschaftspol gemausert, findet Schmuziger, der an der Stadt das reiche kulturelle Angebot wie das Stadttheater oder verschiedene Klein- bühnen schätzt. «Die Stadt ist sowohl chaotisch als auch geordnet und sowohl funktional als auch lebendig.» Offen und vielseitig seien auch die Menschen, die in Olten leben, so Schmuziger.
«Wer in die Dreitannenstadt zieht, fühlt sich schnell zu Hause.»

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