«Veränderung fängt vor der Haustüre an»

Tobias Vega will sein Olten aktiv mitgestalten und nicht im «Dämmerschlaf» verharren. Deshalb beteiligt sich der 37-Jährige aktiv in der Bewegung «Olten im Wandel».

Tobias Vega auf dem «Platz der Begegnung»: Mit seinen Projekten schafft der Oltner Begegnungen - sei es zwischen Kulturen oder Mensch und Natur. (Bild: vwe)
Tobias Vega auf dem «Platz der Begegnung»: Mit seinen Projekten schafft der Oltner Begegnungen - sei es zwischen Kulturen oder Mensch und Natur. (Bild: vwe)

Mit 30 sei für ihn der Punkt gekommen, an dem er sich entscheiden wollte: Entweder ändert er etwas an den Dingen, die ihn stören, oder er lässt es ganz sein. «Auch ans Auswandern dachte ich zu dieser Zeit. Einfach abhauen und alles hinter mir lassen», erinnert sich Tobias Vega zurück. Die Wahl fiel auf bleiben und seither lässt der Oltner immer wieder mit sozialen sowie ökologischen Projekten von sich hören.

Starkes Gemeinschaftsgefühl

«Ich glaube mein starkes Gemeinschaftsgefühl gründet in meiner Kindheit», sinniert Vega und rührt nachdenklich in seinem Kaffee. Er habe als Kind in einer grossen Familie mit vielen unterschied- lichen Charakteren gelebt. «Dadurch lernte ich, dass Akzeptanz nicht nur gefordert, sondern auch von mir gegeben werden muss.» Naturnahes und ökologisches Leben sei bereits damals ein wichtiges Thema gewesen. Auch sein starker Pragmatismus rühre aus dieser Zeit. «Meine Pflegeeltern gaben mir mit auf den Weg, dass Veränderung erst dann passieren kann, wenn ich etwas dafür mache.»

«Ich möchte bei mir selbst anfangen»

Diese tiefverwurzelten Werte leiten Tobias Vega heutzutage. «Früher hab ich mich stets über unsere verschwenderische Konsumgesellschaft aufgeregt, heute will ich meinen Teil gegen diese Entwicklung beitragen», so der 37-Jährige. Dafür möchte er bei sich selbst und in seinem Umfeld beginnen. «Und dass kann ich am besten beispielsweise beim Essen.» Aus diesem Grund rief er 2015 mit einigen Kollegen das Projekt «Garten für alle» ins Leben. «Wir wollten gemeinsam das naturnahe Gärtnern näher kennenlernen.» Jeder Interessierte ist dabei herzlich willkommen, mitzuhelfen und seine Ideen einzubringen. «Bei uns dürfen Fehler gemacht werden, denn wir sind alle keine Profis.» Mittlerweile bewirtschaftet die Gruppe mehrere Grünflächen, wie beispielsweise auf der Trottermatte.

Olten verwandeln

Aus dieser Anfangsidee entwickelten sich Schritt für Schritt neue Aktivitäten. So veranstalten Vega und seine Kollegen regelmässig das «Essen für alle», bei dem sie nicht nur die Ernte aus dem Garten, sondern auch überschüssige Waren von regionalen Restaurants und Läden an den Mann bringen. Durch das besagte «Reste»- Sammeln in der Region sei schlussendlich auch die Oltner RestEssBar an der Rosengasse entstanden. «Alle diese Projekte fokussieren denselben Grundsatz: gemeinsam nachhaltig zu leben.» Um die verschiedenen Aktivitäten besser zu vernetzen, wurde die Bewegung «Olten im Wandel» quasi als Basis gegründet. «Der Name ist dabei Programm. Schliesslich wollen wir ein Umdenken in Olten bewirken.»

«Asylbewerber sind neue Nachbarn»

Das Epizentrum für die Bewegung findet sich im Cultibo. Hier bietet «Olten im Wandel» unter anderem auch Deutschkurse oder Freizeitaktivitäten für Asylbewerber an. «Mit den Veranstaltungen des Projektes «Refugees Welcome in Olten» wollten wir auf die Bewohner des Durchgangszentrums im Gheid und ihre damaligen Lebenszustände aufmerksam machen», so Vega. Unter anderem organisierte er mit Kollegen ein Willkommensfest für die Geflüchteten in der Schützi. «Für mich sind die Asylbewerber neue Mitbewohner, die in unserer Gesellschaft willkommen geheissen werden sollen.»

Prädestiniert für die Politik?

Auch an Podiumsdiskussionen ist Vega ein gern gesehener Gast - sei es zum Thema Aktivismus oder zum Leben von Asylbewerbern in Olten wie letzten April im Coq d’Or. Deutet dieses Engagement auf einen baldigen Eintritt in die Politik hin? «Ich wurde bereits von verschiedenen Parteien angefragt, ob ich nicht für das Gemeindeparlament kandidieren wolle. Jedoch sehe ich mich eher an der «Front» und in keinem Parlament», so der 37-jährige Aktivist. Ausserdem behage ihm die Idee der Parteipolitik nicht. «Ich kann und will mich nicht nach einem Parteibüchlein richten und denke auch, dass ich dafür zu wenig diplomatisch bin»,erklärt Vega und fügt lachend an: «Ich würde wohl aufgrund meiner Art nach vier Jahren abgewählt. Denn ich spreche lieber die harte Wahrheit an, als eine weiche Lüge zu vertreten.» Ausserdem habe er das Gefühl mit seinen zahlreichen Projekten mehr bewirken zu können.

Zukunft im Sozialbereich?

Aufgrund seiner Aktivitäten würde wohl jeder bei Vega beruflich auf eine Tätigkeit im sozialen Bereich tippen. «Ich habe mir zwar bereits überlegt eine Weiterbildung in diesem Bereich zu machen, allerdings tue ich mich schwer mit dem Gedanken, anderen beruflich meine sozialen Werte aufzudrängen», so der gelernte Kaufmann. Ausserdem störe er sich an starren Strukturen und unreflektierten Hierarchien in der Schweizer Berufswelt. Fünf Jahre war er im Büro der Suchthilfe Ost tätig, nach einer Reorganisation beim Kompetenzzentrum ist der Oltner nun auf Stellensuche. «Im letzten Jahr habe ich einige Sicherheiten in meinem Leben verloren, jedoch gefällt mir dies irgendwie. Nun steht mir alles offen und es ist die ideale Zeit für eine Neuorientierung. Mal sehen, was mich noch erwartet», schliesst Tobias Vega.

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