«Spieler zu sein, war das Schönste»
Was macht eigentlich? Der Wangner Roland Schönenberger wurde Schweizermeister mit Basel und YB und war nach der Fussballkarriere als Unternehmer erfolgreich.
Vor vier Jahren übergab Roland Schönenberger «das Büro», wie er es nennt, seinen Söhnen. Vier Gesellschaften in den Sparten Treuhand, Informatik, Immobilienverwaltung und Heimkompetenz mit 32 Mitarbeitenden, die Nachfolge exakt so aufgegleist, wie man es auch den Kunden empfiehlt. Schönenberger behält als Senior Berater «ein paar Mandätli», pflegt den Kontakt zu langjährigen Kunden, kümmert sich um «spezielle Steuergeschichten» und betreut subventionsberechtigte Stiftungen. Der 67-Jährige blickt auf ein erfolgreiches Berufs- und Sportlerleben zurück und auf Ehrenämter, die als Husarenstücke bezeichnet werden können: die YB-Rettung 1996, die Sanierung und das langjährige Präsidium beim Eishockeyclub Wiki-Münsingen sowie die Sanierung von Volley Münsingen.
Der Sport und besonders der Fussball haben ihm schöne Zeiten beschert, und Schönenberger war sich nicht zu schade, zurückzugeben. Beim FC Münsingen, bei dem sein ehemaliger YB-Zimmerkamerad Kurt Feuz zum «ewigen» Trainer der ersten Mannschaft werden sollte, führte er die Nachwuchsabteilung und war Juniorentrainer. Beim FC Wangen, wo alles angefangen hatte, gab er seinen Namen dem «Roland Schönenberger Cup», einem Juniorenturnier. Aktuell steht Schönenberger bei den D-Junioren des FC Gerzensee auf der Trainerbank und das auch schon seit sieben Jahren. Selber kicken darf natürlich nicht fehlen, weshalb er regelmässig für die «YB Old Stars» und die «Suisse Legends» in die Hosen steigt.
105 Tore in 305 Spielen
Der Fussball ist ihm nie verleidet. «Als Spieler unterwegs zu sein, war das Schönste», sagt Schönenberger. Mit Grössen wie Ottmar Hitzfeld und Karl Odermatt auf dem Rasen zu stehen, sei etwas Besonderes gewesen. Schönenberger war ein Stürmer, der wusste, wo das Tor steht. In 305 Spielen für den FC Basel und die Berner Young Boys erzielte er wettbewerbsübergreifend 105 Treffer. «Als Buben gingen wir einfach auf den Platz und chlöpften auf den Ball. Ich war einfach immer am Tschutten», fasst Schönenberger die Anfangszeit zusammen. Er sei nicht das einzige Talent gewesen in Wangen. «Beat Lüthi, Walter ‹Beppo› Jäger oder Hanspeter Bächler zum Beispiel waren ebenso super Fussballer», schwärmt Schönenberger. «Beat wurde dann Pilot und verstarb viel zu früh, die anderen hatten eben andere Prioritäten», bedauert Schönenberger, der im Rückblick seinen eigenen Werdegang wie folgt auf den Punkt bringt: «Ich war oft zur richtigen Zeit am richtigen Ort.»
So wie damals, als er schon im B-Juniorenalter in der ersten Mannschaft des FC Wangen spielte. Es war der unvergessene Kaplan Alfred Flury, ein Cousin von Schönenbergers unlängst verstorbenem Vater, der seine Kontakte spielen liess. Und so kam es, dass der damalige KV-Lehrling Schönenberger vom Direktor der Berufsschule Olten aus der Klasse gerufen wurde, weil draussen ein gewisser Karl Odermatt nach ihm verlangte. Die Dinge nahmen ihren Lauf, und aus Schönenberger wurde beim FC Basel unter Trainer Helmut Benthaus ein NLA-Fussballer.
Karli Odermatt lotste ihn nach Bern
FCB-Legende Odermatt war es auch, der den Blondschopf 1979 in die Hauptstadt lotste. Odermatt war unterdessen weitergezogen zu YB, das von Timo Konietzka trainiert wurde. Gegen Konietzkas Mannschaften hatte Schönenberger im Laufe der Jahre regelmässig getroffen, bei einem 3:1-Sieg mit dem FCB gegen den FC Zürich sogar dreimal. Auf Konietzkas Transferwunschliste stand deshalb der Name Roland Schönenberger zuoberst. Im Auftrag des YB-Trainers Konietzka reiste Odermatt also nach Sardinien, wo Schönenberger nach der Saison am Strand die Beine hochlagerte, und machte ihm den Wechsel nach Bern schmackhaft.
Schon bei Schönenbergers Ankunft war oft Ebbe in der YB-Kasse. Als der Pleitegeier wieder einmal über dem «Wankdorf» kreiste, buhlten Klubs wie St. Gallen, GC, der FCZ und vor allem Servette um die Dienste des Stürmers. Doch Schönenberger blieb, weil es ihm in Bern gefiel. Der Lohn folgte 1986 in Form des Schweizermeistertitels an der Seite von Spielern wie Georges Bregy, Lars Lunde oder Robert Prytz, «dank dem jeder einzelne von uns besser spielte». Nach dem Rücktritt gelang Schönenberger der Übergang nahtlos, seiner Meinung nach, weil er nie Profi gewesen war. «Die Tatsache, dass ich neben dem Fussball immer arbeitete, gab mir eine gewisse Lockerheit.»
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Ohne Beistand Schönenberger kein «YB forever»
Rettung Der Telefonanruf kam im Juli 1996 einen Tag vor der entscheidenden Anhörung vor der Lizenzkommission der NLA. «Herr Schönenberger, Sie müssen sofort zu mir ins Büro kommen!» Wenn YB am nächsten Morgen die Spiellizenz für die kommende Saison verweigert würde, sei alles aus. Zwangsabstieg, Konkurs und vor allem: kein Stadionneubau. Der Anrufer war Bauunternehmer Bruno Marazzi, der das Projekt für das neue «Wankdorf» in der Schublade hatte, es aber nur verwirklichen konnte, wenn die Young Boys in der damaligen Nationalliga A spielten. Es war fünf Uhr am Abend, und Marazzis Aufforderung, «sofort» alles stehen- und liegenzulassen, bedeutete für den pflichtbewussten Treuhänder Schönenberger, erst einmal den anstehenden Kundentermin abzuarbeiten. Um halb acht stand er dann in Marazzis Büro, das in Muri gleich neben dem Sitz des Schweizerischen Fussballverbands SFV lag. Neben Marazzi waren der Architekt Werner Müller und ein Vertreter der Credit Suisse anwesend. Zu viert berieten sie, wie der Kollaps des Berner Traditionsvereins abgewendet werden könnte. Sie taten das notabene, ohne dass sie eine Funktion im Verein bekleideten oder Vollmachten besassen.
Auf die Frage, was er für die erfolgreiche Sanierung denn benötige, hatte der damals 40-jährige Finanzexperte Schönenberger eine simple Antwort parat: «E Huufe Gäld!» Und zwar nicht einen Kredit, sondern Bares respektive ein Konto gefüllt mit genau dem Betrag, mit dem einerseits die Schulden getilgt und andererseits die neue Saison finanziert werden konnten. Das Quartett verschob sich um Mitternacht in ein Büro der Credit Suisse, um alles Nötige in die Wege zu leiten. Nebst einem namhaften Betrag – YB stand damals mit rund fünf Millionen Franken in der Kreide – forderte Schönenberger die Einsetzung eines vollamtlichen Geschäftsführers. Als er um vier Uhr am Morgen zu Hause eintraf, telefonierte er Beat Schranz aus den Federn. Der hatte bei ihm während der HWV-Zeit gearbeitet und war eben aus eben aus Neuseeland zurückgekehrt. «Ich habe einen interessanten Job für dich, du kannst gleich anfangen», teilte Schönenberger Schranz mit.
Stunden später machte Schönenberger der Lizenzkommission der NLA, die bis dahin jedes Lizenzgesuch von YB abgeschmettert hatte, seine Aufwartung. Wichtigster Beleg: der Kontoauszug, der bescheinigte, dass der Klub nun ausreichend finanziert war. Danach stand eine ungleich schwierigere Aufgabe auf dem Programm. Schönenberger musste die Mitglieder der YB-Führung, zu der mit Walter Eichenberger auch einer seiner Freunde gehörte, über den Plan ins Bild setzen und den Herrschaften mitteilen, dass ihre Dienste nicht mehr erwünscht waren. Nun hatten die Sanierer freie Bahn, doch die Sache hatte einen Haken, weil die alte Führungscrew nichts davon hielt, den Neuen die Unterschriftsberechtigung zu übertragen. Nur weil die Berner Vormundschaftsbehörde für YB eine Beistandschaft einrichtete, konnte die Sanierung überhaupt Fahrt aufnehmen.
Fortan putzte YB-Beistand Schönenberger die Klinken der Gläubiger, die auf viel Geld verzichten sollten. Er war – wieder einmal – der richtige Mann zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Mit ordentlich Fachkenntnis ausgestattet und der Wirkung von Gelb-Schwarz im Rücken spielte er auf der Klaviatur der Emotionen und brachte so manches YB-Herz dazu, einen schönen Teil der finanziellen Forderungen abzuschreiben. Nach einem Jahr präsentierte Schönenberger den Mitgliedern an der GV im Kursaal einen schuldenfreien BSC YB und schlug einen neuen Vorstand zur Wahl vor. Das Resultat der immensen Arbeit gibt ihm heute noch ein gutes Gefühl. «Was habe ich im Fussball wirklich Wichtiges geleistet?», fragt Schönenberger rhetorisch und gibt die Antwort gleich selber: «Es war die Mithilfe, dass die Institution YB weiterbestehen konnte.» So sind die Namen und Gesichter seiner YB-Generation den Jungen heute zwar immer weniger geläufig, geschätzt wird ihr Einsatz von damals aber unverändert. Und selbstverständlich begrüsst YB-Geschäftsleitungsmitglied Christoph Spycher Schönenberger persönlich, als er ihn an diesem sonnigen Montagnachmittag auf der Terrasse des «Eleven» erblickt. Ein symbolträchtiger Handschlag. Hier Schönenberger, der 1996 mit der YB-Rettung das Fundament legte, dort Spycher, auf dem dieser das YB der Neuzeit zur Nummer 1 der Schweiz aufbaute. phil