Spielen und spielen lassen

Im Gespräch In einem Monat wird sie 91 Jahre alt. Als Mitglied des Leitungsteams des Niederämter Seniorenjassens ist sie älter als sämtliche Teilnehmenden momentan. Ida Waltenspühl selbst hat das Jassen erst mit 50 Jahren erlernt.

Ida Waltenspühl ist auch oft im Garten anzutreffen, etwa beim Pflegen ihrer Rebe. (Bild: Achim Günter)
Ida Waltenspühl ist auch oft im Garten anzutreffen, etwa beim Pflegen ihrer Rebe. (Bild: Achim Günter)

Das quadratische Haus steht als Solitär so ein bisschen im Niemandsland zwischen Niedergösgen und dessen westlichem Ortsteil Mühledorf. Der Blick gegen Norden bleibt am Waldrand hängen, derjenige gegen Süden an der Kantonsstrasse und dem dahinterliegenden Aarekanal; links bildet das Wasserkraftwerk eine wuchtige Barriere, rechts baut sich das Kernkraftwerk auf. Der Garten wirkt aufgeräumt, Blumen blühen jetzt, im Spätwinter, keine. Hier wohnt Ida Waltenspühl. Schon seit Jahrzehnten.

Die 90-Jährige ist in Baar im Kanton Zug aufgewachsen. Nach Niedergösgen zog sie vor mehr als 65 Jahren mit ihrem Mann Hans. Er hatte da 1957 eine Arbeitsstelle gefunden. Das junge Paar, das bereits gemeinsam die Schulbank gedrückt hatte, heiratete und liess sich ganz im Osten des Kantons Solothurn nieder, wo es erstmals überhaupt eine gemeinsame Wohnung bezog. Zehn Jahre später folgte mit Sohn und Tochter der Umzug in jenes Haus, in dem Waltenspühl noch immer lebt. Nachdem ihr Mann vor mehr als zehn Jahren gestorben ist, teilt sie dieses nun mit ihrem Sohn.

Die ehemalige Verkäuferin ist trotz ihrer beinahe 91 Jahre – im April hat sie Geburtstag – sehr rüstig. Noch immer fährt sie Auto, macht den Haushalt, arbeitet im Garten. Und dann ist da noch etwas, das ihr immer am Monatsanfang ein paar schöne Stunden in Gesellschaft beschert. Seit der Lancierung im Januar 2006 gehört sie dem meist vierköpfigen Leitungsteam des Niederämter Jassturnieres der Pro Senectute an.

Sie erfährt viel Wertschätzung

Gegründet hatte dieses einst ihr Mann. «Es entsprach einem Bedürfnis. Zuvor waren die Leute aus dem Niederamt jeweils an ein Jassturnier in Neuendorf gefahren», erinnert sie sich. Ida Waltenspühl hilft seit 17 Jahren tatkräftig mit. Zuhause bereitet sie für die Jasserinnen und Jasser die benötigten Utensilien vor, vor Ort obliegt ihr die Kasse und die Buchhaltung der Ergebnisse und später deren Weitergabe an die Medien. Ihr gefalle, dass sie mit ihrer Arbeit den Jasserinnen und Jassern «eine Freude machen kann». Im Gegenzug, berichtet sie, erfahre sie viel Wertschätzung und Anerkennung für ihre Arbeit. «Sie sind wirklich dankbar.»

Das Jassturnier findet am ersten Dienstag des Monats statt. Seit 2018 geniessen die jeweils rund 65 Jasserinnen und Jasser Gastrecht im Restaurant Löwen in Dulliken. Vorher ging das Turnier in wechselnden Lokalitäten in Schönenwerd über die Bühne. Die nächste Austragung am 7. März wird die 180. sein.

Die Teilnehmenden des Jassturnieres müssen aktuell 15 Franken bezahlen. Vom eingenommenen Geld werden 80 Prozent unmittelbar nach Ende des Jassnachmittages als Preisgeld ausbezahlt; der Sieger erhält 45 Franken. Der Letztklassierte erhält als Trostpreis eine kleine Flasche Wein. Teilnahmeberechtigt sind Personen ab 65 Jahren. Aber ganz strikt fällt die Altersguillotine nicht. «60-jährig muss man mindestens sein», erklärt Waltenspühl. Gegen oben gibt es keine Limite. Derzeit erreicht keine Person 90 Jahre und mehr. Waltenspühl ist also momentan älter als alle Teilnehmenden.

Der Abschied rückt näher

Sie selber jasst nur mit, wenn mal jemand einspringen muss. Bisher ist das erst einmal vorgekommen. Dabei jasst sie durchaus gerne. Sie ist Teil eines Frauen-Jasskränzlis, das sich seit vielen Jahren einmal pro Monat trifft. Gebildet hatte es sich einst als weibliches Gegenstück zum Jass-Quartett, dem ihr Mann angehörte. Das ist insofern erstaunlich, als dass Ida Waltenspühl das Jassen überhaupt erst im Alter von 50 Jahren erlernt hat. Wie übrigens auch das Autofahren.

Auch nach mehr als 17 Jahren im Leitungsteam des Niederämter Seniorenjassens ist Waltenspühl an sich noch nicht amtsmüde. Dennoch will sie kürzertreten. «Mein Sohn wird im Sommer pensioniert. Und dann kann er mit meiner Arbeit weitermachen. Er hat schon bisher mitgeholfen, weil mein Mann und ich den Computer nicht bedienen konnten.»

Immer mal wieder unterwegs

Wahrscheinlich, glaubt sie, werde sie ab Mitte Jahr bei den Niederämter Seniorenjassturnieren nicht mehr dabei sein. Das Frauenjasskränzli soll indes fortgesetzt werden. Ebenfalls wöchentlich trifft sie sich mit drei anderen Frauen zum Rummikub-Spielen. Und wenn mal weder ein Jass- oder Rummikub-Nachmittag noch eine Vereinsverpflichtung ansteht, unternimmt sie gerne Ausflüge. Sie zieht schon mal alleine mit einer SBB-Tageskarte los. Das Reisen hat ihr schon früher grossen Spass bereitet. Sie war zum Beispiel mehrmals auf Gruppenreisen in Nordamerika, stand mal am Nordkap und verbrachte oft Ferien auf Mallorca.

Ida Waltenspühl ist auch noch immer in Vereinen aktiv. Im Mütterverein Niedergösgen macht sie mit, einmal pro Woche geht sie turnen. Zuhause strickt sie gerne, macht oft Kreuzworträtsel oder schaut TV. «Und zwischendrin muss ich ja auch mal zum Arzt», sagt sie und lacht. Trotz isolierter Wohnlage wird sie die Gesellschaft also auch künftig nicht missen müssen.

 

...und ausserdem

Diese Person möchte ich gerne mal treffen

Mit meiner verstorbenen Gotte würde ich mich gerne nochmals unterhalten. Sie war eine sehr liebe Person. Ich konnte auch oft mit ihr verreisen.

So entspanne ich mich am besten

Indem ich mich hinsetze und überhaupt nichts mache. Das tut mir gut.

Dieses Verhalten ärgert mich

Ich mag es nicht, wenn jemand schlecht über andere redet oder urteilt.

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