«Sie sangen, jutzten und jubilierten, dass es eitle Freude machte»
Briefgeschichten Nach ihrem ersten grossen Auftritt am Eidgenössischen Jodlerfest 1939 in Zürich wurde das Gesangsduett Geschwister Winifred und Josephine Husy zu Tonaufnahmen ins Radiostudio nach Bern eingeladen.
Die Geschwister Husy dominierten während 20 Jahren das Jodeln in der Schweiz. In der Kategorie Duett waren Winifred und Josephine Husy an den kantonalen und eidgenössischen Jodlerfesten auf den ersten Rang abonniert. «Sie sangen, jutzten und jubilierten, dass es eitle Freude machte», schrieben Experten in den Jurybericht. Die Geschwister Husy erreichten nicht nur die Bestnoten durch die Qualität ihres Gesangs, sondern darüber hinaus vermochten sie mit ihren schönen Stimmen und ihrer gefühlvollen Interpretation der Lieder das Publikum zu rühren.
Josephine (geboren 1912) und Winifred (1913) Husy wuchsen in einer musikalischen Familie auf. Das lässt sich schon an der Wahl des Taufnamens Winifred ablesen; Winifred war nämlich die Schwiegertochter des Komponisten Richard Wagner. Vater Theodor Husy spielte Laute, und so wurde im Familienkreis häufig musiziert und gesungen. Und wie so oft stand das Singen im Kirchenchor am Anfang ihrer Laufbahn.
Ihr älterer Bruder Willi Husy trat 1933 in den Jodlerklub Olten ein und engagierte sich über Jahrzehnte für den Verein, nicht nur als Sänger, sondern auch als Archivar und Aktuar. Und möglicherweise war er es, der seine beiden Schwestern Josephine und Winifred zum «Jutzen» animierte. 1939 stand ein nur alle drei Jahre stattfindendes Eidgenössisches Jodlerfest an. Allerdings mussten sich alle, die dort teilnehmen wollten, zuerst an einem regionalen Jodlerfest qualifizieren. So traten «Fräulein Winifred Husy und Frau Flückiger-Husy aus Wangen b. O.» Anfang Juni 1938 am Nordwestschweizerischer Jodlerfest in Basel erstmals zum Jodel-Wettgesang an und errangen als Duo auf Anhieb ein Diplom für den ersten Rang mit 38.25 Punkten.
Im folgenden Jahr war das Eidgenössische Jodlerfest angesagt. Es fand am ersten Juniwochenende parallel zur Schweizerischen Landesausstellung «Landi 39» in Zürich statt. Die Husy-Schwestern hatten die Zeit genutzt, um an ihrem Vortrag zu schleifen. Die Kampfrichter mussten genau hinhören, um etwas zu finden: Nur «im viertletzten Takt in der Sechszehntelfigur» hörten sie «einige unausgeglichene Kopf- und Brusttöne» und im Liedteil manchmal etwas zu stark betonte Triolen. «Sonst war alles musterhaft. Ein natürlicher Vortrag mit lieblichem Gepräge.» Gerade mal zwei Viertelpunkte zogen die Juroren dem Jodelduett ab, so dass sie mit der Gesamtnote von 39.50 Punkten das Maximum von 40 möglichen Punkten nur knapp verpassten.
Einladung ins Radiostudio Bern
Wenige Wochen später, Anfang August 1939, erhielten die zwei Schwestern bereits Post aus Bern. Und obwohl sie keine genaue Adresse aufwies, kam die «an das Jodelduett Geschwister Husy, Wangen bei Olten» adressierte Karte an. Werner Düby, der stellvertretende Programleiter beim Schweizerischen Landessender Beromünster, lud das Jodelduett zu einer Mikrophonprobe ein. Tatsächlich strahlte Radio «Beromünster» in seinen volkstümlichen Sendungen immer wieder Husy-Jodellieder aus; später nahmen sie sogar eine Schallplatte auf.
Das glänzende Abschneiden an den Jodlerfesten brachte den Geschwistern Husy zahlreiche Einladungen. Besonders Jodlerklubs aus dem Bernbiet engagierten das Duo zur Bereicherung ihrer Jodlerkränzchen. Sehr enge Beziehungen ergaben sich dadurch zu den Jodelchören in Burgdorf und Steffisburg. Dabei konnten weniger erfreuliche Erlebnisse nicht ausbleiben. Einmal hatten Winifred und Josephine Husy ein Engagement im «Bellevue» auf der Kleinen Scheidegg. Es war aber nicht vorgesehen, dass sie im Nobelhotel auch übernachteten. Sie wurden nach dem Auftritt also bei bitterer Kälte mit Hornschlitten ins Tal gebracht und erfroren fast.
Sogar ins Ausland wurden die Geschwister Husy eingeladen. Zusammen mit dem Jodlerklub Olten und der Ländlerkapelle Olten reisten sie nach Mailand, und dem Schweizerverein von Brüssel brachten die beiden Trachtenfrauen ein Ständchen zum 1. August 1949.
Während ihrer Darbietungen wurde das Jodelduett Geschwister Husy meistens musikalisch begleitet vom Handorgelspieler Walter Saner. Saner führte eine Handharmonikaschule an der Aarauerstrasse. Nur beim ersten gemeinsamen Auftritt an einem Jodlerfest wurde das Spiel des Akkordeonisten als zu laut taxiert. Aber von da an erhielt er von den Wettkampfrichtern nur noch Lob für seine diskrete Untermalung. Einzige Ausnahme: Am Berner Jodlertag in Spiez erlebten die Juroren den Vortag schlicht als «einen seltenen Genuss», ausser dass der Akkordeonist «mit einem stilechteren Instrument das Gesamtbild noch bedeutend verschönert hätte».
Das Jodlerduett Geschwister Husy glänzte durch seine stimmlichen und musikalischen Fähigkeiten, durch das gegenseitige Anpassen der Sopran- und der Altstimme sowie durch eine einwandfreie Aussprache. In allen Juryberichten erscheint ihre zusätzliche Fähigkeit, die Zuhörerinnen und Zuhörer zu rühren. «Heimelig und beseelt gestaltete sie das beliebte Lied, es war ein Vortrag, der von Herzen kam und zu Herzen ging», notierte die Jury. Und am «Kantonalen» 1951 in Thun mussten die gestrengen Herren kapitulieren. Sie waren vom Liedvortrag «zutiefst ergriffen», gestanden sie und fügten an: «Wir legen die Stifte beiseite und geniessen das Erlebnis».
Höhepunkt und Ende der Karriere
1958 war Olten Austragungsort des XI. Eidgenössisches Jodlerfests. Die lokalen Vereine Jodlerklub Olten, Jodlerklub Säli und das Gemischte Heimetchörli führten den Anlass mit vereinten Kräften durch. Zwei Jahrzehnte nach ihrem ersten Auftritt erntete das Jodelduett Geschwister Husy ein letztes «sehr gut» und schloss seine Karriere würdig ab, blieb dem Gesang aber im Kirchenchor und Heimetchörli weiterhin treu.
Quellen: Marlis Keller-Flückiger, Rickenbach; Stadtbibliothek Olten, e-newspaper-archives