Sie arbeitet zuhause und wohnt auswärts
Im Gespräch Miriam Scheuber aus Mahren hat 2020 ihre Lehre als Landwirtin abgeschlossen und ist zu ihrem Freund gezogen. Im August beginnt sie eine Weiterbildung. Den Hof ihres Vaters wird sie dereinst eher nicht übernehmen.
Die vier niedlichen Jungkätzchen im Eingangsbereich sind passiert, Hündin Mira hat das Anfangsinteresse am Besucher schon wieder verloren. Wir nehmen Platz an einem grossen Holztisch in der Küche. Miriam Scheuber legt gleich los, sie hat viel zu erzählen.
Im Sommer des Vorjahres schliesst die junge Frau aus Mahren ihre dreijährige Lehre als Landwirtin ab. Zuerst weilt die heute 20-Jährige auf einem Betrieb im Muotathal, danach folgen Stationen im bernjurassischen Reconvilier, auf dem benachbarten Buechehof und zuletzt in Oftringen. Die Erinnerungen an die Lehrzeit sind nicht nur positiv. Am zweiten Einsatzort, in Reconvilier, «stimmt es familiär nicht». Sie erleidet beinahe einen Zusammenbruch und steht kurz davor, die Lehre abzubrechen. Doch sie fasst wieder Tritt.
Das dritte Lehrjahr absolviert Scheuber bei einem jungen Bauern in Oftringen. Da sie während des Corona-Lockdowns im Frühjahr 2020 kaum noch nach Hause zurückkehren kann, verbringt sie umso mehr Zeit auf dem Lehrbetrieb – was nicht folgenlos bleibt. Seit Mai 2020 ist der Bruder ihres damaligen Chefs ihr Freund. Nur wenig später, im Oktober letzten Jahres, zieht sie zu ihm, einem Schreiner, nach Küngoldingen. Da ist sie gerade mal 19. «Für mich stimmts, und es ist auch schön, auf den eigenen Beinen zu stehen», kommentiert sie ihren frühen Auszug von zuhause.
Anpacken, wo es anzupacken gilt
Die Entscheidung zum Auszug erleichtert hat die familiäre Situation daheim. Ihre Eltern bereiten damals die Trennung vor. Miriam Scheuber ist froh, zumindest am Abend etwas Abstand gewinnen zu können. Denn Geld verdienen tut sie da, wo sie aufgewachsen ist: auf dem elterlichen Hof in Mahren. Die Mutter ist inzwischen ausgezogen. Miriam, die älteste von vier Töchtern zwischen zwei und zwanzig Jahren, übernimmt im letzten Sommer die vorherige Rolle der Mutter und kümmert sich seither als Angestellte ihres Vaters ums Administrative, den Haushalt des Hofes und nicht zuletzt um ihre kleinste Schwester – zumindest an jenen Tagen, welche diese nicht bei ihrer Mutter verbringt.
Seither fährt Miriam Scheuber täglich frühmorgens von Küngoldingen in den Lostorfer Weiler Mahren, schaut jeweils als erstes beim zweijährigen Schwesterchen Salome zum Rechten, geht mit ihr bei den 52 behornten Milchkühen vorbei, versorgt diese und die Kälber mit Futter, kocht später das Mittagessen, packt nachmittags draussen an, wo es etwas anzupacken gilt. Auch auf dem Traktor sitzt sie gerne mal. «Arbeit hats genug. Und ich kann die Arbeit selbst einteilen», meint die Jung-Landwirtin. Sie sei beileibe nicht nur in der Küche beschäftigt und habe zu Beginn auch klargemacht, dass sie das nicht wolle. Mit Nachdruck sagt sie: «Ich habe Landwirtin gelernt, weil ich draussen sein will.»
Dennoch: Ein Grossteil des Haushalts bleibt an ihr hängen. «Ich wasche, putze, koche. Das musste ich alles lernen. Vor allem gekocht hatte ich zuvor kaum.» Und lachend ergänzt sie: «Übung macht den Meister.» Abends aber dreht sie nochmals eine Runde auf dem Hof. «Am Morgen und Abend muss ich in den Stall. Sonst fehlt etwas.» Fast jeden Abend melkt sie die Kühe. Zwischen 19 und 19.30 Uhr macht sie sich schliesslich auf den Heimweg nach Küngoldingen.
«Reisse mich nicht um den Hof»
Plant sie, eines Tages den Hof ihres Vaters zu übernehmen? Sie antwortet mit einem Lachen, ehe sie sagt: «Dann müsste ich immer früh aufstehen, hätte nie einen Samstag oder Sonntag frei und könnte kaum je weg.» Mal spontan einen Ausflug machen können, das ist ihr wichtig. Sie wandert gerne oder verbringt unbeschwerte Stunden auf der Skipiste. Und sie möchte noch mehr von der Welt entdecken. Das höchste der Gefühle war bisher die Konfirmationsreise nach Rom. Ihre 15-jährige Schwester Nina wird bald ebenfalls eine Landwirtschaftsausbildung beginnen. «Wenn später keine der Schwestern den Hof übernehmen möchte, würde ich mir das sicher nochmals überlegen. Aber ich reisse mich nicht darum.»
Miriam Scheubers Pläne sind andere. Im August beginnt sie eine Ausbildung als Agrotechnikerin im Kanton Zug. Zwei Jahre wird sie die Schulbank drücken und in einem Internat wohnen. Das Praxisjahr, das sie derzeit auf dem Scheuber-Hof absolviert, ist Bedingung für die Aufnahme in die Schule. Erst im letzten Herbst zum Freund gezogen, wird sie ab August unter der Woche zwei Jahre von ihm getrennt sein. «Wenn ich die Schule jetzt nicht mache: Mache ich sie später noch?» fragt sie rhetorisch. Die Weiterbildung ist Voraussetzung zur Erreichung ihrer beruflichen Ziele. Sie sieht sich künftig in der Fütterungsberatung oder als Beraterin beim Braunvieh-Zuchtverband.
Das Züchten von Braunvieh zählt zu ihren Hobbys. Seit frühesten Kindsbeinen an ist sie den Hoftieren nahe. Mit Schwester Nina hat sie viel Zeit draussen verbracht, die Ziegen und Kälber umsorgt, jahrelang auch Kaninchen gezüchtet. Noch heute, sagt sie, kenne sie sämtliche 52 Milchkühe des Betriebes «in- und auswendig» – und mit Namen.
Das Gespräch ist beendet, Miras Lebensgeister erwachen wieder. Die Hündin begleitet uns freudig zum Fototermin. Bei diesem hält sie sich diskret im Hintergrund. Miras Frauchen posiert mit Solera, eine der Vorzeigedamen des Stalls. Die Vertrautheit zwischen der prächtigen Kuh und Miriam Scheuber ist spürbar.
Diese Person möchte ich gerne mal treffen
Andy Borg. Wir haben früher als Familie immer den «Musikantenstadl» geschaut. Da die Sendung abgesetzt wurde, sehe ich ihn jetzt leider nicht mehr.
So entspanne ich mich am besten
Beim Spazieren mit dem Hund, in der Natur, in den Bergen.
Dieses Verhalten ärgert mich
Hinterlistige Menschen, die einen vordergründig loben, hintenherum aber schlecht über einen reden.