Sein Weg geht in Richtung Zukunft

Im Gespräch Seit Ende April ist der reformierte Pfarrer Michael Schoger im Ruhestand. Nichts tun kommt für ihn aber nicht in Frage, denn in sein nächstes Ämtli ist er bereits gestartet.

Auch in der Natur ist Michael Schoger gern. Seit seiner Pensionierung hat er für Tätigkeiten draussen mehr Zeit. (Bild: Cyrill Pürro)
Auch in der Natur ist Michael Schoger gern. Seit seiner Pensionierung hat er für Tätigkeiten draussen mehr Zeit. (Bild: Cyrill Pürro)

Es herrschte Aufbruchsstimmung in Michael Schogers Büro im evangelisch-reformierten Pfarramt in Obergösgen, als wir ihn zwei Wochen vor seinem Ruhestand besuchten. Per Ende April legte der 66-Jährige sein Amt als Pfarrer nieder. Ganze 38 Jahre lang leitete er die reformierte Kirchgemeinde von Obergösgen-Lostorf. Er spricht in aller Ruhe, wenn er von sich, seiner Tätigkeit in den Gemeinden Obergösgen, Lostorf, Stüsslingen und Niedergösgen sowie seiner Vergangenheit erzählt. Seine Worte wählt er mit Bedacht. Hinter der Person Michael Schoger steckt eine Geschichte. Die Geschichte eines Mannes, der viel erlebt und die reformierte Kirche in seiner Region geprägt hat. Dabei war ihm ein Leitsatz immer wichtig: «Gemeinsam in die Zukunft blicken». Ein Motto, welches er stets umsetzte und weiterhin umsetzt. Gerade im Austausch mit der jüngeren Generation, die mit der Kirche nicht mehr so viel anfangen kann.

Von Siebenbürgen ins Niederamt

Im Ruhestand zu sein, habe er sich bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht ganz vorstellen können. Denn er sei noch in der «Abnablungsphase» und noch in den gewohnten, arbeitsalltäglichen Abläufen drin. Das fordere ein Umdenken. «In den Ruhestand zu gehen, passiert nicht von heute auf morgen. Es ist ein Prozess», meint er. Aufgewachsen ist Schoger in einer traditionellen und religiösen Familie. Da im rumänischen Siebenbürgen, woher er ursprünglich stammt, war ein regelmässiger Zugang durch zu den Gottesdiensten durch die Familie von Anfang an gegeben. «Ich fühlte mich schon immer wohl, wenn ich mit biblischen Geschichten zu tun hatte», erklärt er auf die Frage, wie er zu seiner Lebenspassion kam. Eine Bekehrung in diesem Sinne hatte er also keine,sondern viel eher ein Hineinwachsen. Nach dem Abitur entschied er sich schliesslich für das Studium der Theologie.

Den ersten Teil seiner Ausbildung absolvierte Schoger in Siebenbürgen. Damals war Rumänien noch eine sozialistische Republik und wurde kommunistisch regiert, Europa war in Ost und West geteilt. Lebensmittelknappheit und staatliche Kontrolle durch die Geheimpolizei lagen an der Tagesordnung und schufen ein «lebensfeindliches Klima» im Alltag, wie Schoger das Leben in Rumänien zur Zeit des Eisernen Vorhangs beschreibt. Der deutschsprachigen Minderheit angehörig, musste die Familie Restriktionen über sich ergehen lassen. Das alles habe Schoger in seiner Religion oder Lebensweise weder beeinflusst noch geprägt. Er erklärt: «Als ich meinen Weg in die Schweiz angetreten hatte, entschloss ich mich, diesen Abschnitt meines Lebens hinter mir zu lassen.» Plötzlich rief eine Möglichkeit, den zweiten, praktischen Teil des Studiums in der Schweiz durchzuführen: Die Übernahme des reformierten Pfarramtes Obergösgen-Lostorf.

In die Schweiz kamen er und seine Frau über Deutschland, mit der Hilfe eines Programms für sogenannte Spätaussiedler. Die Integration in die schweizerische Gesellschaft sei auf der administrativen Ebene schwierig gewesen, zwischenmenschlich war es aber ein schönes Erlebnis. Denn: «Die Menschen hiessen uns mit offenen Armen willkommen und waren hilfsbereit. Wir hatten immer Personen um uns herum, mit denen wer reden konnten.» Auch sprachliche Barrieren gab es kaum, denn Deutsch ist die Muttersprache von Schoger und seiner Frau. Nach nur wenigen Jahren entschieden sie sich für die Einbürgerung in die Schweiz, die dann im Jahr 2000 in Obergösgen vollzogen wurde.

«Der Stand der Kirche ist schwierig»

Was Pfarrer Schoger seine ganze Karriere über bewegte, waren die Menschen. «Sie zu begleiten und zu unterstützen, das gab mir immer eine enorme Kraft», führt der Grossvater von vier Enkelkindern aus. Es waren die schönen Momente, wie eine Trauung, die ihm Energie gaben. Energie, die er bei traurigen Zeremonien, wie einer Beerdigung, einsetzen konnte, um die Trauerenden zu unterstützen und zu begleiten. Schoger verschweigt nicht, dass bei jüngeren Menschen das Interesse an der Kirche schwindet. Ein Umdenken müsse aber nicht nur bei der Kirche stattfinden. «Ich glaube, wir leben in einer Zeit, in welcher der Zugang zur Kirche nicht mehr gewollt wird.» Zum einen, weil es an der Tradition fehle und zum anderen, weil die Individualität in der Gesellschaft immer mehr an Vorzug geniesst. Er kommentiert: «Der Stand der Kirche ist schwierig.» Gleichzeitig findet Schoger aber, dass die Kirche ihre Arbeit gut mache, sowohl in der Seelsorge wie auch in der Diakonie. Er selbst legte in all den Jahren seiner Karriere viel Wert auf den Dialog mit den Jugendlichen im Dorf. Besonders, wenn er junge Menschen auf ihre Konfirmation vorbereitete. Da erlebte im Grossen und Ganzen grossen Zuspruch für die Kirche. «Das ist gut und wichtig. Es liegt aber am Ende bei uns sowie bei jeder einzelnen Person, den Draht zueinander aufrechtzuerhalten», meint Schoger.

Jetzt, nach seiner Pension , hat Schoger aber noch nicht ganz ausgedient. Denn am 5. März wurde er zum Präsidenten der evangelisch-reformierten Synode des Kantons Solothurn gewählt. Dieser ehrenamtlichen Arbeit wird er sich die nächsten Jahre annehmen. Der restliche Alltag wird dann mit dem Hüten seiner Enkelkinder oder dem Reisen ausgefüllt sein. Er kommentiert: «Langweilig wird mir sicher nie.»

...und ausserdem

Diese Person möchte ich gerne mal treffen

«Es gibt so viele Personen, die ich einmal treffen möchte. Ich lese viele Biografien von Menschen, die mich faszinieren und etwas in der Welt bewegt haben und wie sie ihr Leben gestalten.»

So entspanne ich mich am besten

«Ich entspanne mich am liebsten, wenn ich mich auf meinen Liegestuhl lehne, eine interessante Biografie in die Hand nehme und lese. So kann ich richtig herunterfahren.»

Dieses Verhalten ärgert mich

«Die Rechthaberei und wenn Menschen in Gesprächen auf ihren Standpunkt beharren und ihren Horizont nicht erweitern können. Ich empfinde das aber weniger als ärgern, sondern mehr als Unverständnis.»

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