Opulentes Festwochenende
Historisches Im Juni vor 67 Jahren herrschte Festlaune: Olten feierte 1956 das Doppeljubiläum «100 Jahre Werkstätte und Bahnhof Olten».
Die Eisenbahnstadt Olten war am zweiten Juniwochenende des Jahres 1956 in Festlaune. Sie feierte das Doppeljubiläum «100 Jahre Bahnhof Olten und 100 Jahre Hauptwerkstätte Olten» mit einem Festakt im Stadttheater, einem Umzug durch die Stadt und weiteren Veranstaltungen.
Am Montag, 9. Juni 1856, fuhr erstmals ein fahrplanmässiger Zug der Schweizerischen Centralbahn (SCB) auf der Stammlinie von Aarau nach Luzern. Genau genommen startete der Dampfzug in der Wöschnau, da die Konzession auf dem Kantonsgebiet des Aargaus im Besitz der Nordostbahn und der Schanzenberg noch nicht untertunnelt war. Die Reise endete in Emmenbaum; diese vorläufige Endstation der SCB wurde erst vier Jahre später in Emmenbrücke umbenannt. Auf seiner Jungfernfahrt rollte der Zug auch durch den Oltner Bahnhof. Das Aufnahmegebäude auf der rechten Aareseite war Anfang März 1856 fertiggebaut worden.
Im selben Jahr hatte auch die Hauptwerkstätte der Centralbahn in Olten (WO) ihren Vollbetrieb aufgenommen. Wenig früher, im Januar 1855, war unter der Leitung von Niklaus Riggenbach, Maschinenmeister und Vorstand der WO, mit dem Bau begonnen worden, und bereits im November war die 20-PS-Dampfmaschine fertig installiert.
Diese beiden Fixpunkte nahm die Stadt Olten hundert Jahre später zum Anlass, das Jubiläum mit einem opulenten Festwochenende zu feiern. Es wurde mit einem Festakt und einem Unterhaltungsabend am Samstag im Stadttheater eröffnet.
An beiden Tagen konnte die Werkstätte besichtigt werden. Zudem wurden in einem Ausstellungszug historische Gegenstände präsentiert; der Photo- und der Film-Club der Eisenbahner zeigten im Bahnhof-Dienstgebäude ihre Werke und der Eisenbahner-Kunstverein in der Suppenanstalt im «Dampfhammer».
Ein farbenprächtiger Festumzug
Das Hauptereignis der Jubiläumsfeier war jedoch der grosse farbenprächtige Festumzug am Sonntagnachmittag. Über 1600 kostümierte Mitwirkende, 400 mehr als ursprünglich vorgesehen, zogen in Gruppen oder auf Wagen durch die beflaggte Stadt. Die Route führte von Olten-Hammer über die Froburgstrasse, Postkreuzung, Bifangplatz zur Friedenskirche und über den Käppeliplatz zurück auf die Schützenmatte. Den Umzug hatte das OK um die Lehrer Ernst Schätzle und Urs Wiesli sowie Depotchef Max Wyss in drei Teile gegliedert. An der Spitze ritten Herolde in den Oltner Farben blau-weiss. Der erste Teil zeigte Olten und den Verkehr über den Hauenstein in vergangenen Zeiten. Römische Legionäre, Weinfuhrleute aus dem Elsass und Postillione hatten den Pass benutzt. Der zweite Teil galt der 1847 mit der Spanisch-Brötli-Bahn beginnenden Geschichte der Eisenbahn. Im Umzug zeigten die Bahnangestellten Bilder aus ihren Arbeitsbereichen: Tunnelarbeiter beispielsweise ihre Werkzeuge; Zug- und Werkstattpersonal marschierten in alten Uniformen und Kostümen mit. Auf Wagen führten sie Dampfloks und ganze Werkbänke mit. Eine Gruppe von Kondukteuren trug ein Modell der mächtig überdachten Oltner Perrons mit. Daran hatten sie eine Tafel befestigt mit dem Spruch «‹Solothurn, Biel› ghörsch de Kondi singe / oder wotsch lieber uf Läufelfinge?». Damals mussten diese «Zugsbegleiter» eben über eine kräftige Stimme verfügen, denn sie mussten vom Perron aus die Stationen ohne Lautsprecher ausrufen. Im dritten Teil des Umzugs, der der Gegenwart gewidmet war, marschierten die lokalen Vereine an den Tausenden von Schaulustigen am Strassenrand vorüber.
Bahn 2000 – in der Fantasie
Den Schlusspunkt des Festumzugs setzte eine Gruppe von fantasievollen Gewerbeschülern. Er zeigte, wie sich diese Jugendlichen die Bahn in der Zukunft vorstellten. Im Jahre 2000 würden die Loks nicht mehr dunkelgrün sein, dafür spitze windschnittige Schnauzen haben. Und das Personal würde statt der dunkelblauen Uniformen weite Mäntel aus weissem, bunt gepunktetem Stoff tragen.
Quellen: Stadtbibliothek Olten; Nachlass F. Zumbrunnen im Historischen Museum Olten (HMO).