Olten als zweite Heimat für Tibeter

Tibet: Am Dienstag, 19. November wird im Kino Lichtspiele der Film «Auf der Suche nach dem alten Tibet» gezeigt. Tibeterin Pema Sonam und Kiwanis-Vorstandsmitglied Ulrich Soltermann geben einen Einblick in das Land, das als die höchstgelegene Re- gion der Welt gilt und in die Oltner Tibetergemeinschaft.

Pema Sonam und Ulrich Soltermann neben der tibetischen Gebetsmühle in Soltermanns Garten in Däniken. (Bild: ZVG)
Pema Sonam und Ulrich Soltermann neben der tibetischen Gebetsmühle in Soltermanns Garten in Däniken. (Bild: ZVG)

Der deutsche Filmemacher Vilas Rodizio hat sich, bepackt mit einem Rucksack im tibetischen Himalaya auf Spurensuche begeben, um der jahrhundertealten buddhistischen Yogi-Tradition auf den Grund zu gehen. Von den Chinesen unbemerkt hat er Mönche getroffen, die in jahrelanger Zurückgezogenheit leben sowie Meditationsmeister, welche die Lehren über die chinesische Kul- turrevolution hinweg bewahren konnten. Die tibetischen Yogis entwickeln, so erzählt Rodizio in seinem daraus entstandenen Film «Auf der Suche nach dem alten Tibet», durch Meditation an Wunder grenzende körperliche und geistige Fähigkeiten. Der Film wird, unter dem Patronat des Kiwanis Club Olten, am Dienstag, 19. November im Kino Lichtspiele gezeigt.

Auf Trekking-Tour im Himalaya-Gebirge

Einer, der in Tibet zwar nicht in erster Linie die Yogis, aber auf jeden Fall die Kultur erleben und die Landschaft entdecken wollte, ist der 66-jährige Däniker Ulrich Soltermann. Der inzwischen pensionierte einstige Vorsitzende der Bankleitung der Raiffeisenbank Olten hat im Jahr 2005 erstmals mit seiner Ehefrau Dorothée Tibet bereist. «Sie hat im Jahr 2003 begonnen, sich mit dem Buddhismus und dem Dalai Lama auseinanderzusetzen, was schliesslich zu einem anspruchs- vollen Trekking bis zum Mount Everest Basis Lager auf mehr als 5’300 Metern über Meer führte», erzählt Soltermann. Dabei faszinierten ihn insbesondere die Klöster im Nirgendwo, die alten Bräu- che und die eindrückliche Natur.

Unterstützung für die Oltner Tibetergemeinschaft

«Heute ist Tibet, infiltriert von tausenden von Chinesen, nicht mehr Tibet. Die tibetische Kultur wird aussterben. Dies zeigt sich auch am Beispiel der Hauptstadt Lhasa, die heute eine Grossstadt ist, jedoch zu 70 Prozent von Chinesen bewohnt wird», erzählt Soltermann besorgt, der seit 2003 der internationalen Serviceorganisation Kiwanis Club Olten angehört. «Tibet ist ein riesiges, jedoch sehr dünn besiedeltes Land mit atemberaubend schöner Landschaft», schwärmt der Däniker, der dort erstmals die Erdkrümmung gesehen hat. «Das Land ist reich an Bodenschätzen und wird auch als Wasserschloss Asiens bezeichnet», so Soltermann und zeigt damit die Interessen der Chinesen auf, die 1950 Tibet besetzten und 1965 die autonome Region Tibet ausriefen. Während seiner Reise kam Soltermann erstmals in Kontakt mit dem Buddhismus. Zurück in Olten unterhielt er sich mit dem damaligen Leiter des Sozialamtes der Stadt Olten und erfuhr, dass in und um Olten rund 100 tibetische Personen wohnen würden. «Die Tibeter sind neben den Italienern die Ethnie, die sich am längsten in der Schweiz aufhält, aber in keinster Weise auffällt», zeigt Solter- mann auf. «Das Leitmotiv der 1915 in den USA gegründeten und weltweit tätigen Kiwanis Organi- sation lautet «serving the children of the world». Das war für den Kiwanis Club Olten ein Steilpass zur Ausarbeitung eines Projektes zugunsten der jungen Tibeter in unserer Region», erzählt der Däniker. Fast zeitgleich wandte sich die Tibeterin Pema Sonam an den Kiwanis Club und rannte bei Soltermann offene Türen ein.

Buddhismus - ein Lebensstil

Die 43-jährige Pema Sonam wuchs in Südindien im Exil auf und kam 2002 in die Schweiz. Seit vielen Jahren nimmt die dreifache Mutter nun als Dolmetscherin und Familiencoach eine vermit- telnde Funktion zwischen der tibetischen und der hiesigen Kultur wahr. «Es leben viele Tibeter in und um Olten und mir wurde bewusst, dass wir etwas unternehmen müssen, um unsere Sprache sowie die Sitten und Gebräuche auch im Exil erhalten zu können», erinnert sich Sonam. Sie hegte den Wunsch, eine Schule für tibetische Kinder zu gründen, verfügte jedoch weder über das nötige Geld noch über die Infrastruktur. 2006 wurde schliesslich mit finanzieller Unterstützung des Kiwa- nis Club Olten die Tibeterschule eröffnet. Die ersten sechs Jahre wurde sie von Sonam geführt. Seit 2012 befindet sich das Klassenzimmer nun im Sälischulhaus und Sonam greift dem neuen Leiter zwischendurch unter die Arme. Daneben unterstützte der Kiwanis Club Olten auch junge Tibeter beim Lernen der deutschen Sprache und beim Finden einer Lehrstelle. «Demnächst or- ganisiere ich jeweils am Mittwochabend im Begegnungszentrum Cultibo ein offenes Treffen, um den tibetischen Volkstanz zu pflegen. Es sind auch Nicht-Tibeter eingeladen», betont Sonam mit einem Lächeln, die sich nicht als gläubige Person bezeichnet, obwohl oder gerade weil sie als Buddhistin aufgewachsen ist. «Der Buddhismus ist mehr ein Lebensstil als eine wirkliche Reli- gion», erklärt sie und Ulrich Soltermann, der eine Gebetsmühle im eigenen Garten aufgestellt hat, nickt zustimmend.

Kultur erhalten

Durch das Projekt und die Zusammenarbeit mit der tibetischen Gemeinschaft erhielt Soltermann vertieften Einblick in die Tätigkeit der tibetischen Organisationen in der Schweiz. Dies motivierte ihn, nach seiner Pensionierung einen Teil seiner Freizeit in den Dienst der 1983 gegründeten Gesellschaft Schweizerisch-Tibetische Freundschaft (GSTF) zu stellen. Von 2014 bis 2016 hat er das Präsidium für eine Amtsdauer übernommen. Es sei eine anspruchsvolle, nicht einfache Auf- gabe gewesen, die Interessen der tibetischen Minderheit zu vertreten. Neben einigen Besuchen im Bundeshaus sei auch der politische Druck Chinas stets spürbar gewesen, erzählt Soltermann. «Wir bekommen die Entwicklungen in Lhasa mit und wissen, dass der stille, friedliche Protest von- seiten der Tibeter in den letzten Jahren gewachsen ist. Seit nunmehr zehn Jahren haben auch zahlreiche Selbstverbrennungen von Mönchen stattgefunden», erzählt Sonam und fragt sich ins- geheim, wie lange der Protest noch friedlich bleiben wird. «Zurückzukehren ist nicht möglich, aber wir können uns integrieren und daneben darauf achten, dass wir unsere Kultur erhalten und die Sprache pflegen», so Sonam. Als Wunsch für die Zukunft von Tibet macht sie einem friedlichen Ausgang zuliebe Zugeständnisse: «Wie die tibetische Exilregierung hoffe auch ich auf einen Dia- log. Ich wäre einverstanden damit, wenn Tibet eine autonome Region von China bleiben würde, wir aber unsere Religion und Sprache ausleben dürften.»

Film: «Auf der Suche nach dem alten Tibet»
Dienstag, 19. November, 19 Uhr
Kino Lichtspiele
nach der Filmvorstellung offeriert die Tibetergemeinschaft Tibet4U Momos

<link http: www.olten.kiwanis.ch>www.olten.kiwanis.ch

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