«Mundart-Musik schafft Nähe»

Pascal Meister hat beim von Hand verladen den Wert einer Ware schätzen gelernt. Im Gespräch verrät der Oltner, wie der Bezug zur Dreitannenstadt durch einen Fotokasten gewachsen ist.

Der Logistiker Pascal Meister hat eine Leidenschaft fürs Radio: «Ich habe bei Radio 32 angerufen und gefragt, ob ich zu alt sei für ein Praktikum.» (Bild: S. Furter)
Der Logistiker Pascal Meister hat eine Leidenschaft fürs Radio: «Ich habe bei Radio 32 angerufen und gefragt, ob ich zu alt sei für ein Praktikum.» (Bild: S. Furter)

Mit der Akustik-Band «Abdruck» reist Pascal Meister als Gitarrist und Sänger mit Freunden einmal rund um die Welt. Zumindest musikalisch im gleichnamigen Mundartlied «Zäme um d’ Wäut». Der Oltner hat seine Leidenschaft für Musik unter anderem in der Guggenmusik entdeckt und ist heute in verschiedenen stilistischen Formationen unterwegs. «Mad Sox» ist eine Heavy Metal- und Crossover-Band, in der E-Gitarrenklänge und die englische Sprache dominieren. «Abdruck» hingegen kommt musikalisch sanfter und mit schweizerdeutschen Texten daher. Diese Lieder aus eigener Feder verfasst Meister aus Überzeugung in seiner Muttersprache. «Mundart führt zu Musik, die berührt, weil die Zuhörer jedes einzelne Wort verstehen und die Melodien wecken sowie transportieren Emotionen», ist Meister überzeugt und fügt an: «Es kann sein, dass ich nach dem ersten Song schon völlig nass geschwitzt bin.» Mit seinem Lieblingslied «A Himmu» habe er den Suizid eines Kollegen verarbeitet, der sich vor 20 Jahren das Leben nahm. «Dieses Ereignis hat mich lange belastet. Mit der Musik konnte ich meiner Trauer Ausdruck verleihen.» Einen Song für den EHC Olten mit dem Titel «Grüen Wissi Flamme» hat seine frühere Band «PH Neutral» eingespielt: «Diese Auftragsarbeit war für mich eine Herzensangelegenheit.» Als Musiker und Sänger habe er versucht, die Sicht und die Emotionen eines Fans zu transportieren, der einen Match besucht: «Er zieht den Schal an, macht sich voller Vorfreude auf den Weg und feuert sein Team an.»

Das Taschentuch

Sich selbst beschreibt der 36-Jährige als emotional, humorvoll und offen für Neues. Einmal sei er als Backpacker nach Neuseeland aufgebrochen, nur mit den Flugtickets im Gepäck und ohne genauen Plan. «WhatsApp gab es damals noch nicht. Wenn ich mit Familie und Freunden kommunizieren wollte, musste ich in ein Internet-Café gehen.» Das Exotischste sei für ihn jedoch eine Reise nach Südafrika gewesen. In den Townships sei er mit der Realität von Armut und Kriminalität konfrontiert worden. Freud und Leid hätten oft nahe beieinandergelegen. «Einmal ist draussen ein kleines Kind zu mir gekommen, dem die Nase lief. Meine Freundin hat ihm ein Pack Taschen-tücher gegeben. Aber statt sich die Nase zu putzen, hat das Kind damit gespielt.» Nebst dem Reisen ist Hockey eine grosse Leidenschaft für ihn. Er ist Trainer der Strassenhockey-Mannschaft Phoenix Hägendorf. «Es ist zwar ein Engagement, besonders aber eine Leidenschaft. Als Trainer will ich die Spieler fördern und vorwärtsbringen.»

Sendungen aufnehmen

«Mich hat schon immer Büro und Lager sowie der Warenfluss mit Warenein- und -ausgang gereizt», sagt der gelernte Logistikassistent. Es gefalle ihm, etwas bewegen zu können. In der Lehre seien die drei Monate im Handverlad das Härteste gewesen, erinnert sich Meister: «Ich musste tonnenweise kleine Schachteln ausladen und stapeln. Dadurch habe ich gelernt, die Produkte mehr zu schätzen.» Nun wartet eine neue berufliche Herausforderung auf ihn: «Ich habe bei Radio 32 angerufen und gefragt, ob ich zu alt sei, um mich zu bewerben», erzählt Meister lachend und freut sich, dass es mit dem Praktikum geklappt hat. «Schon als Kind habe ich versucht, eigene Radiosendungen aufzunehmen. Mein Hilfsmittel war eines dieser Tonbandgeräte, wie man es früher hatte.» Das Faszinierende für ihn sei, dass es das Radio schon so lange gäbe, dass die Menschen kaum ohne sein könnten. «Es ist ihr Begleiter beim Autofahren, Kochen oder Bügeln.» Wie es nach dem Praktikum weitergehe, wisse er noch nicht.

Wandtafel

Aufgewachsen ist Meister mit einem drei Jahre älteren Bruder in Oensingen. Seine Mutter arbeitet als Schulhilfe in einer Heilpädagogischen Sonderschule, der Vater ist pensioniert. «Ich war ein Schlitzohr», sagt Meister über seine Kindheit und verrät mit einem Schmunzeln: «Besonders in der Schule habe ich mehr «Seich» gemacht als aufgepasst.» Sein Kollege und er hätten sich freiwillig gemeldet, um die Wandtafel zu putzen, damit sie zu spät zum Religionsunterricht kamen. «Der Lehrer hat uns dann nicht mehr ins Schulzimmer reingelassen.» Statt Bibeltexte zu wälzen gingen die beiden nach Hause, um zu gamen oder draussen Hockey zu spielen. «Gleichzeitig liessen wir das Telefon nicht aus den Augen, um den Anruf des Lehrers an unsere Eltern abzufangen.» Der Bezug zur Dreitannenstadt, in der er heute lebt, sei durch einen Fotokasten gewachsen. «Als Jugendlicher bin ich mit Freunden nach Olten gefahren, weil es dort einen Fotokasten gab, in dem wir für einen Franken Fotos machen konnten.» Nach Stationen in Egerkingen und Hägendorf zog er mit seiner Freundin in die Dreitannenstadt. «Die Oltner haben mich mit offenen Armen empfangen. Und «Eisenbahnerstadt» ist für mich nicht ein Vorurteil, sondern ein echter Vorteil.»

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