Mit heisser Flamme und Taucherbrille

Sandra Studer Müller bezeichnet sich als typisches «Garagen-Kind». Metall - bestimmt jedoch nicht nur ihren beruflichen Alltag in der Autoindustrie, sondern auch in ihrer Freizeit hantiert sie mit dem glänzenden Material.

«Krähen sind nach wie vor eines meiner Lieblingssujets», so die Hobby-Schweisserin Sandra Studer, welche den Egerkinger Kreisel gestaltete. vwe)
«Krähen sind nach wie vor eines meiner Lieblingssujets», so die Hobby-Schweisserin Sandra Studer, welche den Egerkinger Kreisel gestaltete. vwe)

Sie liebe den Geruch von Metall, Benzin und Schmieröl. «Für mich bedeutet dieser, ich bin Zuhause», erklärt Sandra Studer schmunzelnd. Kein Wunder. Schliesslich begleitet sie der «Garagen-Geruch» bereits seit ihrer Geburt. «Mein Vater machte sich vor 44 Jahren mit der Agip-Garage Egerkingen selbstständig und ich verbrachte somit einen Grossteil meiner Kindheit dort.» Denn sowohl Vater als auch Mutter waren im Betrieb voll eingespannt.

«Ich spielte lieber mit Autos»

Diese Kindheitserfahrungen haben Studers Interessensbereich stark beeinflusst. «Schon als Mädchen spielte ich lieber mit Autos und Legos, anstatt Barbies und Puppen. Meine Mutter befürchtete bereits, dass etwas mit mir nicht stimmte», erinnert sich Studer heute lachend. Auch ihre ersten Worte wurden von der Autowelt geprägt. «Die Automarken konnte ich als Allererstes benennen.» So kommt auch ihr grosses Hobby, das Schweissen, nicht von ungefähr. «Ich liebte es als Kind, den Arbeiten mit der Schweissflamme zuzusehen und die Veränderung des Metalls zu beobachten.» Ausserdem habe sie damals davon geträumt wie die Figur Alex aus dem 80er-Tanzfilm «Flashdance» zu leben. «Ich habe selber Jazz- und Moderndance betrieben und war vernarrt in den Filmklassiker.» Denn auch die Flashdance-Hauptdarstellerin habe sowohl als Schweisserin gearbeitet als auch ihre Leidenschaft für den Tanz ausgelebt. Obwohl Sandra Studer nach einem schweren Autounfall vor einigen Jahren ihre Jazztanzschuhe in die Ecke stellte, blieb sie dem Schweissen bis heute treu.

«Auf den Kreisel gehören Krähen»

Es habe allerdings vor gut 20 Jahren einiges an Überredungskünste benötigt, damit ihr Vater sie an die Schweissmaschine liess. «Er dachte, es sei nur eine Phase von mir und ich würde das Interesse am Schweissen bald verlieren.» Weit gefehlt. Im elterlichen Betrieb, der sich seit dem Umzug im Jahr 1980 an der Bahnhofstrasse in Egerkingen befindet und unter dem Namen Dünneren-Garage bekannt ist, begann die damals 25-Jährige ihre ersten Gehversuche in der Welt des Schweissens. «Von Beginn weg haben es mir Sujets aus Fauna und Flora angetan.» Besonders für ihre Krähen ist sie seit gut 15 Jahren bekannt. «Ich fuhr auf meinem Weg zur Garage meiner Eltern jeden Tag am anfangs noch leeren Egerkinger-Kreisel vorbei.» Gemeinsam mit ihrem Vater, der für seine Malkünste bekannt ist, spann sie damals bereits Ideen, wie man den Kreisel interessanter gestalten könnte. «Schnell dachten wir an Krähen und Steinblöcke des Juras. Schliesslich sind die Egerkinger in der ganzen Region als Krähen bekannt.» Als im Jahre 2000 die Gemeinde Egerkingen Projektvorschläge für die Gestaltung des besagten Kreisels suchte, war das Vater-Tochter-Duo sogleich am Start und reichte ihre Krähenidee innert weniger Tage ein. Das Konzept kam an und noch heute begrüssen die Krähen die zahlreichen Autofahrer auf der Bahnhofstrasse. «Es war anfangs seltsam für mich, meinen Krähen jeden Tag dort zu begegnen, aber es ist immer noch eine riesige Freude.» Neben dem Kreisel in Egerkingen konnte man die Schweisskunst von Sandra Studer auch schon an Ausstellungen im Haarwerk Olten oder in Bern im Rahmen der Reihe «Einmaliges Objekt» bestaunen. Ausserdem erfüllt die Hobby-Schweisserin auch gerne Aufträge wie beispielsweise für Daniel Schweizer von creativeLoft in Schönenwerd. Mittlerweile hat sie sich in ihrem gemeinsam mit ihrem Mann erbauten Haus in Hägendorf ein kleines Atelier eingerichtet, in welchem sie sich jeweils donnerstags ganz ihrem grossen Hobby widmet.

«Man muss sich durchsetzen können»

«Fürs Schweissen soll in meinem Leben stets Platz bleiben. Dies habe ich damals auch als Bedingung bei der Geschäftsübernahme gestellt», erklärt Studer. Seit 2007 leitet die45-Jährige die Dünneren-Garage und hat ihren Vater nach dessen Pensionierung in seiner Rolle abgelöst. Geplant habe sie dies allerdings nie. «Ich wählte bewusst in meiner Jugendzeit eine Ausbildung fernab von der Autoindustrie, nämlich als Arztgehilfin.» Doch nach drei Jahren auf dem Beruf, merkte Studer, dass ihr etwas fehlte. So absolvierte sie berufsbegleitend die Handelsschule mit anschliessender KV-Ausbildung und stieg im Betrieb ihrer Eltern ein. «Obwohl ich gerne wieder ab und zu irgendjemandem Blut nehmen würde, habe ich den Entscheid nie bereut und im Laufe der Zeit, die Vielseitigkeit meiner Tätigkeit als Garagistin schätzen gelernt», bemerkt die Hägendorferin. Allerdings sei die Branche nicht immer ein leichtes Pflaster. «Mein Arbeitsalltag ist natürlich mehrheitlich von Männern dominiert. Ich habe vor allem durch Berufserfahrung gelernt, mich als Frau durch zu setzen undrespektiert zu werden.» Ihr grosser Erfahrungsschatz kommt ihr dabei jedoch zu Gute. «Wir sind einer der ältesten Mazda-Vertreter in der Schweiz und ich war vor meiner Geschäftsübernahme 15 Jahre im Betrieb.»

Im Herbst gehts auf die Malediven

Nebst der Garage und ihrer künstlerischen Tätigkeit taucht Sandra Studer Müller in ihrer Freizeit gerne auch ein wenig ab. «Gemeinsam mit meinem Ehemann gehe ich seit einigen Jahren tauchen und durfte so schon wunderschöne Fleckchen der Erde entdecken.» Unter Wasser könne man Tiere, Farben und Pflanzen beobachten, die man sonst nie zu Gesicht bekäme. «Diese Eindrücke halte ich jeweils gerne mit meiner Unterwasserkamera fest oder verarbeite sie in meinen Figuren, die ich schweisse.» So entdeckte das Ehepaar Orte wie die Galapagos-Inseln, Indonesien oder Ägypten. «Im Herbst geht es endlich wieder einmal los. Wir werden die Malediven mittels eines Safari-Schiffes erkundigen.» Langweilig dürfte es der vielseitig interessierten Sandra Studer so schnell wohl nicht werden.

 

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