Kunst aus dem Labor

Nikolai Hodel «Jedes meiner Bilder ist ein Experiment», so der Biologe. Seine neusten Werke lassen den Betrachter hinter sein eigenes Spiegelbild blicken oder auch ein Maschinengewehr verschwinden.

Nikolai Hodel stellt seine letzten Arbeiten für die Ausstellung her. (Bild: D. Walter)

Nikolai Hodel stellt seine letzten Arbeiten für die Ausstellung her. (Bild: D. Walter)

Hodel kreierte mithilfe von Lösungsmitteln organische Ordnungen. (Bild: D.Walter)

Hodel kreierte mithilfe von Lösungsmitteln organische Ordnungen. (Bild: D.Walter)

Nikolai Hodel wurde bekannt als er im Jahr 2008 den JugendArt-Förderpreis gewann. Mit traditionellen Stoffen aus Tansania erschuf er einen 1.75 m grossen, bunten Elefanten. Die Idee dazu entstand als Hodel im Rahmen seiner Arbeit am Swiss TPH (ehemals Schweizerisches Tropeninstitut) eineinhalb Jahre in Afrika verbrachte. Die Skulptur war ein einmaliges Projekt und springt bei der Betrachtung von Hodel’s Werken aus der Reihe. Sein Gesamtschaffen ist gekennzeichnet durch aussergewöhnliche Farbverläufe, organische Anordnungen, Drucke auf verschiedenen Materialen und biologische Experimente.

Unverwechselbare Kunstwerke

Hodel liebt es nicht nur im Labor Experimente durchzuführen, sondern auch in der Kunst steht stets der Versuch im Vordergrund. Oft hat er das Material und eine Grundidee, dann erschafft der Künstler einen Prototypen, zieht daraus Erkenntnisse, wie sich die Materialen zueinander verhalten, und kreiert danach seine unverwechselbaren Kunstwerke. «Mich interessiert es vorher immer brennend, wie es jeweils aussehen wird», so der Biologe, welcher im September sein Masterstudium in Epidemiologie an der Universität in Basel beginnt. In der Kunst sei ein wesentliches Kriterium die Ästhetik, in der Wissenschaft gehe es hingegen nach dem Experimentieren darum die Ergebnisse und deren Bedeutung zu verstehen.

Oltner Bilder in New York

Hodels Experimente sind erfolgreich: Mit seiner Technik, namens «PHOTOGRAPHIC-TRANSLATION», druckt er vergrösserte Objekte mithilfe eines Projektors direkt auf ein negatives Fotopapier, welches er danach chemisch entwickelt. Unverkennbare Einzelstücke entstehen so, von denen er bereits etliche verkauft hat. Einige Bilder des gebürtigen Oltners verzieren sogar weisse Wände von New Yorker Appartements. Wie dies kommt? Hodel verbrachte nach seiner Lehre als Biolaborant bei Roche (BS) ab 2003 zwei Jahre in Amerika, wo er am Dartmouth College für die Start-up-Firma GylcoFi, Inc. molekularbiologisches Engineering in Hefezellen machte. In dieser Zeit durfte der Künstler sein Atelier in der New Yorker Kunstfotografen-Hochburg «My Own Color Lab» einrichten. Seine Kunst entwickelte sich stetig weiter. Seit letztem Jahr arbeitet Hodel beispielsweise mit Isoliergläsern. Die Zwischenräume faszinieren den Künstler: «Durch die Dimensionen der Doppelgläser werden Bilder zu Skulpturen». Für die Herstellung verwendet der Biologe ausschliesslich Abfallmaterial. «Dies finde ich sinnvoller, als wenn ich neues Material teuer einkaufen müsste». Zudem ist dies auch als Statement gedacht, denn die Art und Weise wie die Menschen mit Materialen umgehen, findet der Künstler sehr wichtig. Upcycling sei sehr ökologisch, so entsteht aus Abfall etwas Wertvolles und Beständiges. «Diesen Aspekt bewundere ich schon seit langem an den Kunstwerken von Jean Tinguely.»

Drei Ausstellungen in Olten

Hodels Bilder sind zurzeit an drei Ausstellungen zu sehen. Im Coq d’Or (Trough glass), im Schauraum Olten (upon our reflection) sowie am Kunstmarkt auf der alten Holzbrücke. Bei durchsichtigen Gegenständen durch Projektion Stellen zu schaffen, wo der Betrachter nicht mehr durchsehen kann – diese Herausforderung verbindet alle seine aktuellen Werke. Neben seinen Kunstwerken aus ausrangierten Isoliergläsern, welche ab dem 10. September im Coq d’Or zu sehen sind, stellt Hodel im Schauraum Olten ab dem 9. September farbige Spiegel aus. Diese halten dem Betrachter den Spiegel vor. Hinschauen oder ignorieren - dies seien die Tendenzen der Gesellschaft. Die bemalten Spiegel, welche im Licht die Farben zum Leuchten bringen, zwingen den Betrachter, wenn er sich darin finden will, sich durch die Farbschichten hindurch zu suchen. Im Zeitalter von Selfies und Selbstdarstellungen will Hodel die Leute daran erinnern, dass sie ab und zu auch hinter ihr trügerisches Spiegelbild blicken sollen. «Vielleicht verhilft einigen ein solcher Spiegel dazu oder ansonsten zaubert er auch eine wunderbare Atmosphäre in den Raum», erklärt der Künstler seine Idee. Auch hier experimentierte Hodel: Er wollte Ölfarben nur teilweise auflösen, um so verschiedene Effekte zu schaffen. Dies gelang ihm - mithilfe von Lösungsmitteln entstanden organische Ordnungen, die an zelluläre Strukturen erinnern. Im Coq d’Or lässt ein Bild innerhalb von vier Wochen ein Maschinengewehr verschwinden, ohne das Zutun des Künstlers. Wie dies geht? Der Biologe steht an den Vernissagen gerne Rede und Antwort.

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