Konzert für ein besseres Zusammenleben

BenefizKonzert «live together» Am Sonntag, 14. Mai findet im Kulturzentrum Schützi in Olten die zweite Ausgabe des Benefiz-konzerts «live together» zugunsten des «Meeting Point» in Gretzenbach statt. Das siebenköpfige Ensemble unter der Leitung von Noby Lehmann spielt von Jazz über Funk bis World-Music.

Hafiz Hamnawa (rechts) spielt im Ensemble von Noby Lehmann (links) am 14. Mai in der Schützi Olten die zwei Trommeln des Tabla, ein afghanisches Rhythmusinstrument. (Bild: Franz Beidler)
Hafiz Hamnawa (rechts) spielt im Ensemble von Noby Lehmann (links) am 14. Mai in der Schützi Olten die zwei Trommeln des Tabla, ein afghanisches Rhythmusinstrument. (Bild: Franz Beidler)

Die metallenen Saiten des Hackbretts scheinen in der Ewigkeit zu verklingen, bevor das Tabla einsetzt und mit klangvollen Rhythmen die Musik in Form giesst. So klingt es, wenn sich Noby Lehmann, Musiker und Lehrer an der Musikschule Olten, am Hackbrett und der afghanische Musiker Hafiz Hamnawa am Tabla, einem afghanischen Rhythmusinstrument, zusammensetzen. Dass die zwei traditionellen Instrumente aus unterschiedlichen Kulturräumen stammen, geht dabei völlig vergessen. Der Name «live together», Englisch für zusammenleben, wird zum musikalischen Programm. Aus vielen Stunden des freien Spiels kristallisierten sich durcharrangierte Einsätze heraus, die sich im Konzert mit offenen Passagen abwechseln. «Die Probearbeit floss einfach», kommentiert Lehmann, dem im Gespräch anzumerken ist, dass er «live together» nicht nur musikalisch verstanden wissen will. So ist die Kollaboration letztendlich dem «Meeting Point» in Gretzenbach zu verdanken. Die wöchentliche Veranstaltung dient dem Zusammentreffen von Migrant/innen und der ortsansässigen Bevölkerung. Seit November 2016 lernen sich hier Menschen mit unterschiedlicher Herkunft kennen und schätzen. Dass ein allseitiges Verlangen nach dieser Möglichkeit des Austauschs besteht, bestätigt die stetig wachsende Zahl von Teilnehmenden. An einer der ersten Ausgaben des «Meeting Point» trifft Hafiz Hamnawa auf Barbara Capaul. Ohne diese Bekanntschaft fände das angekündigte Benefiz-Konzert nicht statt.

Aus einer Begegnung wird Musik

Capaul, nach einem Besuch auf der griechischen Insel Lesbos von Tatendrang zur Verbesserung der Situation von Flüchtigen in der Schweiz ergriffen, initiiert den «Meeting Point» mit. Stets um das Wohl der Ankömmlinge engagiert, bemühte sie sich, dem Wunsch von Hamnawa nachzukommen und das Musikinstrument Tabla für ihn zu besorgen. Capaul wendet sich an einen Bekannten, Oliviero Gorza, selber Perkussionist, der das Anliegen wiederum an seinen Mitmusiker Noby Lehmann weiterleitet, von dem er weiss, dass er im Besitz eines Tablas ist. Sein ihm teures Instrument möchte Lehmann allerdings nicht ausleihen, ohne zu wissen, wer es spielen wird. So besucht er Gorza, der ihm Hamnawa vorstellt. Als Lehmann diesen spielen hört, ist er von dessen Können beeindruckt und schenkt dem jungen Mann das Instrument. In der Folge treffen sich die beiden zum freien Spiel, aus dem schliesslich «live together» hervorgeht. Bei der ersten Ausgabe des Benefizkonzerts Anfang März in Schönenwerd vermochte die Begeisterung der über 200 Besucher/innen Lehmann zu überzeugen, das Programm auch in Olten zu präsentieren. Oli Krieg vom Kulturzentrum Schützi in Olten erklärte sich ohne zu Zögern bereit, die zweite Ausgabe des Benefizkonzerts ehrenamtlich zu veranstalten.

Erfolg wird zum Verhängnis

Hafiz Hamnawas professionelles Tablaspiel ergibt sich sowohl aus langjähriger Übung, als auch einer tiefen Hingabe zum Instrument. «Musik ist meine Nahrung», beschreibt er das Verhältnis. In Kabul aufgewachsen, verliert er im Alter von dreizehn Jahren beide Elternteile und sucht daraufhin Trost in der Musik. Nach dem Studium des Tabla findet er gut bezahlte Arbeit sowohl in der Lehr- als auch in der Konzerttätigkeit. Doch die wachsende Popularität durch die öffentlichen Auftritte werden Hamnawa in Afghanistan zum Verhängnis. Extremistische Gruppen, die das Musizieren generell verbieten, fordern, dass er mit der Musik aufhört und drohen ihm mit tätlichen Übergriffen. Als er sich wiedersetzt, wird er überfallen und seine Instrumente werden zerstört. Daraufhin begibt er sich auf die Flucht und gelangt im Herbst 2016 in die Schweiz.

Die traurige Schlussfolgerung eines aufrichtigen Menschen

Hier angekommen lernt er Deutsch und bemüht sich aktiv um seine Integration. So bringt er sich Weihnachtslieder bei, mit denen er die Feier des «Meeting Point» mitgestaltet. Trotz seines Engagements ist seine Zukunft bedroht, denn im April erhielt er einen negativen Asylentscheid. Dies nachdem er den Behörden seine afghanischen Identitätspapiere vorgelegt und seine Situation unverfälscht geschildert hatte. «Ich hätte lügen und die Situation noch dramatischer darstellen sollen», sagt Hamnawa rückblickend. Dies ist die traurige Schlussfolgerung eines aufrichtigen Menschen aus dem Entscheidungsprozess. Im Gespräch ist Hamnawa die Angst vor den Übergriffen bei einer Rückkehr nach Kabul deutlich anzumerken. Das Staatssekretariat für Migration (SEM) begründet den Entscheid damit, dass in Kabul «nicht auf eine Situation allgemeiner Gewalt geschlossen werden» kann. Das eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) warnt jedoch in den Reisehinweisen für Afghanistan vor «schweren Gefechten, Raketeneinschlägen, Minen, Terroranschlägen, Entführungen und gewalttätigen kriminellen Angriffen einschliesslich Vergewaltigungen und bewaffneten Raubüberfällen.» Falls der eingelegte Rekurs nicht greift, muss Hamnawa bis am 13. Juni die Schweiz verlassen haben. Eine allfällige dritte Ausgabe von «live together» wird es dann nicht geben.

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