«Ist ja nichts Wahnsinniges»
Was macht eigentlich? Robert Schweizer führte den EHC Olten als Captain zum Aufstieg in die höchste Spielklasse. Danach führte er die Imedco AG an die Weltspitze.
Spass? Nein, Spass mache das nicht. «Hundertseitige Dossiers durchzukauen, um darin die wenigen Sätze zu finden, die unsere Firma betreffen, das macht niemandem Spass», sagt Robert Schweizer. «Und dann kriege ich die Unterlagen erst am Freitag zugestellt», setzt der 67-Jährige den Wortschwall mit ausgebreiteten Armen fort und winkt schliesslich ab: «Und dann wollen die eine Antwort bis am Montag.» Zu viele Nächte habe er so schon durchgearbeitet.
Schweizer ist der CEO der Imedco AG. Die Firma aus Hägendorf baut faradaysche Käfige für Magnetresonanztomographen, jene Geräte, die gemeint sind, wenn im Spital jemand «in die Röhre» muss. Die Imedco AG ist darauf spezialisiert, die Behandlungsräume abzuschirmen. «Wir sind weltweit führend», erklärt Schweizer stolz.
Architekten, die Spitäler bauen, erzählt Schweizer weiter, die hätten oft halt wenig Ahnung von den speziellen Anforderungen dieser Geräte. Dann ist jeweils Schweizers Rat gefragt. «Die Planung und die Beratung mache ich am liebsten», sagt er. Das ist Schweizers Spass an der Arbeit: Neben zwischenmenschlichem und betrieblichem Geschick muss er dazu auch abschätzen können, wie sich die Technik in den kommenden Jahren entwickeln wird. Dazu liest er technische Zeitschriften und durchforstet neuste Studienergebnisse.
Wer die Zukunft durchplant, verliert
Dass er einmal Firmenchef werden würde, und das auch noch in der Region Olten, hatte Schweizer nie geplant. «Wer seine Zukunft minutiös durchplant, hat schon verloren», meint er bestimmt. Und mit einem Achselzucken fügt er an: «Firmenchef ist ja nichts Wahnsinniges.» Schweizer wuchs in der Ostschweiz auf, in Uzwil, mit vier Geschwistern. «Der Vater war Zimmermann», sagt er in weichem St. Galler-Dialekt. «Bei fünf Kindern musste da halt jedes für sich schauen.» Ohne die strenge Arbeitsmoral des Vaters hätte er wohl bis vierzig studiert, meint er lachend. So aber trat er eine Lehre als technischer Zeichner an, brach die nach wenigen Wochen ab und wurde Lastwagenmechaniker. «Mein jüngerer Bruder machte das KV und verdiente im Büro bald mehr als ich», erinnert sich Schweizer. «Das nervte mich.»
Da hatte Schweizer aber schon einen anderen Weg eingeschlagen: Aus dem sportbegeisterten Jungen war ein Eishockeyspieler geworden. «Auch aus Ehrgeiz», sagt Schweizer. Er habe sich beweisen wollen. «Ich wollte nicht das Pummerchen sein, das ins Tor gestellt wird.»
Als 21-Jähriger zum HC Lugano
1976, als 21-Jähriger, heuerte Schweizer beim HC Lugano an, der damals in der NLB spielte. Vom Gehalt konnte er knapp überleben. «Dafür hatte ich Zeit. Wir hatten nur zwei, drei Stunden Training pro Tag.» Eishockeyspieler sei damals ein Beruf für Faule gewesen. Also absolvierte er daneben die Handelsschule im Fernstudium. Auch, um bald so viel zu verdienen wie der jüngere Bruder im Büro.
Neben seiner Eishockeykarriere war Schweizer immer berufstätig. Nach einer Saison in Herisau kam er wegen der Arbeit 1983 nach Olten. Bei der Stirnimann Baumaschinen AG war er für den Verkauf zuständig. «Das waren vielleicht 35 Stunden die Woche», erzählt Schweizer. Daneben blieb ihm noch genügend Zeit, um für den EHC Olten aufzulaufen. «Wenn du Topleistung bringen willst, dann brauchst du einen geregelten Tagesablauf», ist sich Schweizer sicher. Also trainierte er morgens und abends mit dem EHC Olten und arbeitete tagsüber bei Stirnimann. Bald wurde er zum Captain des Teams ernannt. Vor den Matches spielte er in der Kabine Musik ab, «damals noch vom Kassettengerät». Mit dem Rock von AC/DC oder Deep Purple heizte Schweizer das Team und sich selbst an. «Gute Musik bewegt etwas», ist er sich sicher.
Und schliesslich verewigte sich Schweizer in den Annalen des EHC Olten: Er war der Captain jenes Teams, das in der Saison 1984/85 den ersten Aufstieg des EHCO in die höchste Spielklasse erkämpfte.
Drei Jahre in den USA
«Am Tag darauf hatte ich Einschulung», erinnert sich Schweizer an seinen letzten Match für die Oltner. Er hatte einen Vertrag mit einer Schweizer Firma unterschrieben, die er in den USA vertreten sollte. Dort angekommen, gefiel es ihm so gut, dass er eigentlich bleiben wollte. Doch als der Vertrag nach drei Jahren auslief, entschied sich Schweizer anders.
«Ich bekam das Angebot, bei der Imedco einzusteigen», erzählt Schweizer. Gute Leute und ein zukunftsfähiges Produkt habe er dort vorgefunden. «Aber sie hatten keine Vertriebserfahrung, international schon gar nicht.» Zusammen mit drei anderen übernahm Schweizer per Management-Buy-out die Firma, die damals noch in der Berna-Halle 2 in Olten angesiedelt war. Anstatt das grosse Amerika folgten 70-Studen-Wochen und lange Freitagnächte mit Dossiers.
Schweizer blieb dem Arbeitsethos seiner Uzwiler Kindheit stets treu. «Einen neuen Stuhl kaufen wir erst, wenn ein alter Stuhl kaputt geht», findet er bis heute. Die Firma gedieh. Heute verfügt die Imedco AG über Standorte in China und auch in den USA.
Vielleicht noch drei, vier Jahre wolle er sich der Firma widmen, sagt der 67-Jährige, und nun nach und nach Verantwortung abgeben. «Die Firma muss weiter bestehen», betont er. Schliesslich habe er ein Leben lang dafür gearbeitet. «Wenn es sie in hundert Jahren noch gibt, dann ist gut.»
«Golf und Bier, Essen und Lachen»
Schweizer hat sich vorgenommen, das Leben nun mehr zu geniessen: Öfters als bisher übers Wochenende nach Lugano fahren, zu einem Spiel seines ehemaligen Klubs HC Lugano, wenn es die Zeit denn zulässt. Oder an Sonntagen ausschlafen und gut frühstücken. «Dann Golf und Bier, Essen und Lachen», fasst Schweizer die Tage zusammen, die er mit Kollegen auf dem Golfplatz Heidental in Lostorf verbringt. So einen Tag versucht er jede Woche unterzubringen.
«Und halt einfach Freude haben am Tag», sagt Schweizer und sinniert: «Freude bereitet mir eigentlich immer Unverhofftes.» Eine Bestellung mit guter Marge für die Firma, ein frisch geputztes Auto oder morgens eine Cremeschnitte auf dem Schreibtisch. «Oder unverhofft mehr Zeit», hängt er an.
Er habe mal einen Freund angetroffen, als der im Regen von Aarburg nach Olten spazierte, erzählt Schweizer. «Seine Kleider und Schuhe, alles war nass. Er sah aus, als wäre er obdachlos. Als ich ihn fragte, was er denn mache, antwortete er mir, er gehe zu Fuss nach Olten, seit dem Ruhestand habe er ja die Zeit dazu. Er sah glücklich aus.»
kurz und knapp
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Technische Zeitschriften oder Manuals von medizinischen Geräten. Ich will wissen, was die Zukunft auf diesem Gebiet bringt.
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Auf gute Schuhe, sonst kriege ich kalte Füsse. Und heutzutage ist natürlich das Handy unverzichtbar, eigentlich schade.
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Ich mag warmes Wetter, daher in Phuket, Thailand. Aber nur von März bis Oktober.