Irgendwie ein Hippie-Kind
Luc Nünlist Das Licht der Welt erblickte Luc Nünlist in der alten Mühle Rickenbach. Seine Zeit investiert er in die Politik sowie ins Bierbrauen und auf Käse, sein Velo und die Freiheit als selbstständig Erwerbender möchte er auf keinen Fall verzichten.
Mit Beret auf dem Kopf und freundlichem Gesichtsausdruck sass der dreissigjährige Oltner während unserem Gespräch am Tisch und trank eine heisse Schokolade. Der lebendige Blick des Mannes, der an der Universität Basel Osteuropastudien belegte und unter anderem Russisch lernte, verriet ziemlich schnell, dass hinter dieser Stirn so einiges läuft. Mit seiner tiefen sonoren Stimme begann er schliesslich über sein Leben zu erzählen.
Lange Haare und Wollkleider
Obwohl er in Rickenbach geboren wurde, besuchte er den Kindergarten in Olten, so Nünlist. Das lag daran, dass der eine Elternteil in Rickenbach wohnte, der andere in Olten. Die Primarschule wiederum absolvierte er in Rickenbach. «Das war eine sehr schwierige Zeit für mich, denn ich habe nicht richtig in die Gruppe hineingepasst», so der junge Mann, der sogleich ergänzt, er sei halt irgendwie ein Hippie-Kind gewesen. «Ich hatte lange Haare und trug Wollkleider», erzählt er amüsiert und erinnert sich besonders intensiv an eine Mütze aus Alpaka-Wolle. «Die hat wahnsinnig gejuckt», sei aber wunderbar warm gewesen. Nach der 5. Klasse wechselte Nünlist schliesslich an die Kantonsschule Olten. «Von da an klappte es viel besser mit dem Anschluss an die Mitschüler», die Kanti-Zeit habe er dementsprechend in guter Erinnerung. Ebenfalls in sehr guter Erinnerung geblieben sei ihm das intensive Badmintonspielen, was er bis heute nicht aufgegeben hat. Mittlerweile engagiere er sich zusätzlich in diesem Bereich als Trainer und sei begeistert davon, junge Menschen zu fördern.
Heimatgefühle der seltsamen Art
Einer der Aspekte seiner Kindheit, den er besonders genossen habe, war, dass seine Eltern viel und gerne gereist seien und ihn überall hin mitgenommen hätten. «Das hat mir grossen Spass gemacht, denn dadurch habe ich einige Ecken dieser Welt entdecken können», so der passionierte Bierbrauer. Besonders gerne erinnere sich Nünlist auch an seinen Schüleraustausch, der ihn nach England geführt habe. «Im angelsächsischen Raum habe ich mich auf eine seltsame Art zu Hause gefühlt», und fügt hinzu, dass er insbesondere für die britische Ironie Sympathie hege. Auf die Frage, warum er sich denn nach den vielen Reiseeindrücken, die er als Jugendlicher von der Welt habe sammeln dürfen, schlussendlich an der Uni für Osteuropastudien eingeschrieben habe, antwortete er mit einer kurzen Geschichte: «Ich wurde von einem Mann, den ich zuvor auf meinen Reisen kennen gelernt hatte, nach Moskau eingeladen und erlitt dort einen Kulturschock.» Er habe sich bis zu diesem Zeitpunkt in jedem fremden Land, das er besucht hatte, irgendwie mit den Einheimischen verständigen können, aber in Russland sei das definitiv unmöglich gewesen. «Wir hatten sprachlich schlicht keinen gemeinsamen Nenner, an den wir hätten anknüpfen können und dies, obwohl Moskau nicht viel weiter entfernt ist von der Schweiz als Madrid.»
Politisches Engagement
«Wir alle sind politische Wesen», so Nünlist, der damit seine Motivation begründet, warum er sich seit rund sieben Jahren in der SP Olten intensiv engagiere. «Wir alle kommentieren gerne und beklagen uns nicht selten», darum habe er entschieden, sich dem politischen Geschehen richtig zu widmen. Als Teil des Oltner Parlaments habe er klare Zielvorstellungen für die Gemeinde. «Olten ist zerschnitten», so Nünlist nachdenklich, und es sei wichtig, diese Teile wieder miteinander zu verbinden. Am deutlichsten würde man das anhand der beiden Stadthälften sehen können, die man als Fussgänger praktisch nur unterirdisch erreichen könne. Dies sei für Passanten sehr unattraktiv, umständlich und mit dem Gefühl verbunden, die Stadthälften lägen weit auseinander. Nünlists Idee wäre daher eine oberirdische Verbindung. Der Gedanke dahinter sei, dass die Kleinräumlichkeit Oltens auch als solche wahrgenommen würde, sodass beispielsweise die Studenten der Fachhochschule Olten das Gefühl hätten, in der Nähe der Altstadt zu sein. Aber auch für alle anderen Personen solle die Stadt im Geiste näher zusammenrücken und wieder, so wie früher, eine Einheit bilden. Ein weiteres Ziel, das dem Bierproduzenten vorschwebt, sei das Schaffen von attraktivem, öffentlich zugänglichem Raum. «Die Pflege des öffentlichen Raums würde auch dem rasanten Ladensterben in Olten entgegenwirken, denn Menschen halten sich nun einmal gerne dort auf, wo die Umgebung einladend gestaltet ist.»
Regionale Wertschöpfung als Zukunftsvision
Zur Erreichung eines weiteren politischen, aber vor allem auch wirtschaftlichen Ziels, packe er, so der junge Mann, der nächstes Jahr für den Kantonsrat kandidiere, zusätzlich auf einer anderen Ebene an. Er braue in einem kleinen Keller in Olten sein Dreitannenbier, mit dem er bereits verschiedene regionale Lokale beliefere. «Als grosser Fan der regionalen Wertschöpfung fasziniert mich die Zukunftsvision, dass die meisten Güter, die der Mensch zum Leben benötigt, regional produziert und gehandelt werden könnten.» Dies würde, so der innovative Gedanke Nünlists, das lokale Gewerbe fördern und die Umwelt entlasten. Für sein eigenes Gewerbe habe er einen grossen Wunsch: «Es wäre schön, wenn ich eines Tages ebenerdig produzieren könnte, damit ich die 35 kg schweren Bierfässer nicht immer die Treppe hochschleppen müsste.» Nichtsdestotrotz ist der aktive Mann mit Herz und Seele dabei und fügt am Ende des Gespräches noch hinzu, dass er sich sehr glücklich schätzen könne, einer Arbeit nachgehen zu dürfen, hinter der er 100% stehen könne.