In der Ferne die Komfortzone verlassen

Regula Käser ist vor sieben Jahren in Olten hängen geblieben. Nun packt die Oberstufenlehrerin aber erneut ihre Koffer, um am 15. September für drei Jahre ins afrikanische Namibia zu reisen.

Die Wahl-Oltnerin Regula Käser stürzt sich Mitte September für drei Jahre ins Abenteuer Namibia. (Bild: mim)
Die Wahl-Oltnerin Regula Käser stürzt sich Mitte September für drei Jahre ins Abenteuer Namibia. (Bild: mim)

Die letzten Monate waren intensiv für die 35-jährige Regula Käser. «Ich betreute meine Klasse in Matzendorf bis zum Schulende und kündigte meine Wohnung. Der Autoverkauf steht noch bevor», erzählt Käser lächelnd. Im Moment übernehme sie eine Stellvertretung im Kanton Bern. In der verbleibenden Zeit gebe es einiges an Papierarbeit zu erledigen und die eine oder andere Impfung machen zu lassen. Zudem versuche sie, noch möglichst viel Zeit mit der Familie und Freunden zu verbringen.

Erneut in Afrika

«Nach zehn Jahren Lehrtätigkeit, sieben Jahre davon in Matzendorf (SO) als Klassenlehrerin der Oberstufe an der Kreisschule Thal, stand für mich ein Wechsel an», erzählt Käser, die im Emmentalischen Lützelflüh (BE) aufgewachsen ist. Nach Abschluss der Matur verbrachte sie acht Monate im afrikanischen Uganda und während des nachfolgenden Studiums an der Pädagogischen Hochschule Bern acht Monate in England. Die Liebe führte sie schliesslich vor sieben Jahren nach Olten. Obwohl diese ging, blieb Käser der Eisen-bahnerstadt treu. Im vergangenen November nahm die Wahl-Oltnerin an einem Informations-Abend der Schweizer Organisation Interteam teil. Diese vermitteln Fachleute nach Afrika und Südamerika. «Ich bin der Meinung, dass einem ein Aufenthalt in einem anderen Land persönlich weiterbringt. Zudem liebe ich es zu reisen», so die junge Frau. «Mich hat das Angebot von Interteam mit seiner «Hilfe zur Selbsthilfe» überzeugt, weshalb ich meine Bewerbung eingereicht habe», erzählt die 35-Jährige. Auf die Bewerbung folgten ein Vorstellungsgespräch, ein Assessment und schliesslich ein Arbeitsvertrag, der die Lehrerin für drei Jahre verpflichtet. «Ich konnte nicht wählen, an welchen der vier Interteam-Standorte ich kommen werde, aber ich wusste, dass sich die Organisation in Namibia für die Schulbildung einsetzt und daher immer wieder Lehrpersonen gesucht werden», so Käser, die glücklich ist, erneut nach Afrika reisen zu können. «Mich hat mein Aufenthalt in Uganda sehr geprägt. Zudem verbrachte ich bereits im Jahr 2012 Ferien in Namibia. An Afrika faszinieren mich die Leute mit ihrer warmherzigen, offenen und neugierigen Art.
Sie versprühen trotz ihres harten Lebens eine unglaubliche Fröhlichkeit», so Käser, die in der Schweiz eine verbreitete Jammer-Kultur feststellt. «Zudem gefällt mir die Landschaft und ich interessiere mich für die Tierwelt.»

Schulbildung für alle

Obwohl Käser einen Vertrag mit Interteam abgeschlossen hat, ist sie für die Partnerorganisation, das Erziehungsdepartement der Sambesi Region, tätig, die ihr auch eine Wohnung zur Verfügung stellt. «Ich werde in der Stadt Katima Mulilo mit 30’000 Einwohnern im Nordosten von Namibia wohnen und arbeiten», erklärt Käser. Vor einigen Jahren schloss sich Namibia der Aktion «Equity and inclusive Education» an, welche das Ziel verfolgt, dass alle ein Recht auf Schulbildung haben, auch beeinträchtigte Kinder und Jugendliche. «Die Umsetzung einer solchen Aktion ist stark abhängig vom Goodwill und der Sensibilisierung der Lehrer. Ich werde daran beteiligt sein, Sonderklassen mit behinderten Kindern aufzubauen. Zudem möchte man im akademischen Schulsystem auch praktische Fächer wie Landwirtschaft und Handwerk einführen», erzählt die Oberstufenlehrerin, die sich in Englisch verständigen und vor allem beratend tätig sein wird. Namibia habe im Vergleich mit anderen afrikanischen Ländern ein fortschrittliches Schulsystem, das von der Regierung kostenfrei angeboten werde. Jedoch gebe es aufgrund von Teenager-Schwangerschaften und Kindern, die dem Unterricht nicht folgen können, viele Schulabbrecher, zeigt Käser auf. Vieles hat die 35-Jährige am zweiwöchigen Einführungskurs oder im Internet erfahren, aber auch durch den Kontakt zu Personen, die bereits vor Ort sind. «Wir wurden am Einführungskurs unter anderem für die Bereiche Sicherheit und Korruption sensibilisiert. Ich mache mir betreffend der Sicherheit keine grossen Gedanken, denn das Land ist relativ stabil. Im Falle von Korruption sind wir angehalten, verdächtige Vorgänge zu melden.»

Angst vor dem Ungewissen

Drei Jahre sind eine lange Zeit, doch: «Ein Jahr benötigt man, um sich einzuarbeiten und sich zurechtzufinden, denn ich werde für alle Schulen in der Sambesi-Region tätig sein», erklärt Käser. In den fünf Wochen Ferien, die ihr jährlich zur Verfügung stehen, möchte die begeisterte Unihockeyanerin soweit finanziell möglich nach Botswana, Südafrika und eventuell Sambia reisen und sicherlich auch mal in die Heimat zurückkommen, um Freunde und Familie zu treffen. Ausserdem habe sich auch bereits ihr Bruder mit seiner Familie angekündigt. Ob sie nach den drei Jahren nach Olten zurückkomme, könne sie noch nicht sagen. Endgültig auszuwandern sei aber nicht vorgesehen, dafür habe sie zu viele Personen hier, die ihr nahestünden. Eine gewisse Nervosität sei vorhanden, bestätigt die Lehrerin. «Ich weiss nicht vollumfänglich, was auf mich zukommt und es handelt sich nicht nur um einen Jobwechsel, sondern um eine Veränderung meines gesamten Umfeldes. Zurück lasse ich Familie, Freunde und vier «Gottemeitschi». Dies macht es nicht einfach. Zudem wird es um 18 Uhr dunkel in Namibia, weshalb ich mir Gedanken mache, was ich in dieser Zeit unternehmen werde. Kann ich weiterhin joggen gehen? Ich bin froh, dass in Katima Mulilo bereits drei Fachpersonen von Interteam am Arbeiten sind und ich somit erste soziale Kontakte knüpfen kann», erzählt Käser. «Trotzdem freue ich mich auf die Herausforderung, die Komfortzone zu verlassen und einer neuen sinnstiftenden Arbeit nachzugehen», strahlt Käser und fügt an: «Ich habe gerne in der Schweiz unterrichtet, doch in Namibia kann ich helfen, ein System aufzubauen.» Sie versuche, mit möglichst wenigen Erwartungen abzureisen, um offen zu sein, für das, was auf sie zukomme. «Ausserdem freue ich mich, eine neue Kultur kennenzulernen und bin überzeugt, von meinem Aufenthalt viel profitieren zu können», erzählt Regula Käser strahlend.

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