In 13 Jahren mit dem Velo um die Welt<em/>

Velocos Die Oltner Monika Estermann und Robert Spengeler starteten 2004 mit dem Velo ins Abenteuer ihres Lebens. Dass sie erst 13 Jahre und 64 Länder später wieder zurückkehren würden, hätten die beiden Weltenbummler selber nicht gedacht. Am Samstag, 28. April erzählen sie in der Oltner Pauluskirche von ihren Erlebnissen.

Robert Spengeler (l.) und Monika Estermann entdeckten die Welt von ihrem Fahrradsattel aus und bereisten während 13 Jahren insgesamt 64 Länder. (Bild: ZVG)
Robert Spengeler (l.) und Monika Estermann entdeckten die Welt von ihrem Fahrradsattel aus und bereisten während 13 Jahren insgesamt 64 Länder. (Bild: ZVG)

Aus dem eigentlichen Ziel Indien wurde praktisch die ganze Welt. Aus der maximal zweijährigen Reisedauer wurden kurzerhand 13 Jahre. Und aus der Auszeit wurde ein einschneidender Lebensabschnitt. Am 16. Mai 2004 machten sich die damals 31-jährige Monika Estermann und ihr 40-jähriger Partner Robert Spengeler mit dem Velo auf, um nach Indien zu radeln. «Obwohl ich damals als Flight Attendant tätig war, entschieden wir uns bewusst gegen das Fliegen», erklärt Estermann und Spengeler fügt an: «Wir wollten langsam reisen und die Länder so intensiver erleben.»

Bis zu 80 Kilo Gepäck pro Velo

Gesagt, getan. Mit bis zu 80 Kilogramm Reisegepäck pro Velo starteten die beiden, die sich auch als «Velocos», sprich «Veloverrückte», bezeichnen, ins Abenteuer. «Wir waren keineswegs erfahrene Fahrradfahrer. Die ersten Wochen dienten uns quasi als Übungszeit. Denn es war enorm schwierig das Gleichgewicht mit soviel Last zu halten», erklären die beiden. Ihr Gepäck bestand zum Grossteil aus Wasser- und Essensvorrat. «Schliesslich fuhren wir teilweise zehn Tage lang durch die Einöde. Da braucht man schon 45 Liter Wasser als Vorrat, besonders in heissen Gebieten», erklärt Spengeler.

«Wir reisten mit einfachsten Mitteln»

Als eigentliches Endziel stand zu Reisebeginn Indien fest. «Da ich bereits in der Schweiz Ayurveda-Kurse besuchte, reizte mich die indische Kultur», erklärt Estermann diesen Entscheid. Als sie nach der Durchquerung von Osteuropa, Türkei, Iran und Pakistan schlussendlich bereits nach elf Monaten das gewünschte Land erreichten, setzten sie ihre «Velotour» spontan fort. «Das Reisefieber hatte uns gepackt und wir wussten, dass unsere Ersparnisse für einige Zeit in Asien reichen würden», so das Paar. Aus «einiger Zeit» wurden insgesamt fünf Jahre, in denen sie Tibet und das Himalaja-Gebirge, Südostasien, China, Japan und Südkorea bereisten. Besonders wenn man so einfach reist, wie es die «Velocos» pflegten, reichte in Asien ein Maximalbudget von
15 Franken pro Tag und Person. Luxus haben die beiden so oder so nie gesucht. Übernachtet wurde meist im Zelt und Essen in Restaurants oder teure touristische Aktivitäten lagen nie drin. «Natürlich hatten wir während dem Reisen nicht denselben Lebensstandard wie zu Hause», erklärt Estermann und ihr Partner fügt an: «So konnten wir mit unserem kleinen Budget sehr viel erleben.»

«Mit dem Velo bist du mittendrin»

Unterwegs mit dem Fahrrad, stetig Wind und Wetter ausgesetzt, kamen die beiden oft und schnell mit Einheimischen in Kontakt. «Als Velofahrer kannst du dich nicht abschotten. Du bist immer mittendrin im Geschehen», so das Paar. Doch gerade durch diese Unmittelbarkeit seien tolle Kontakte entstanden. «Wir wurden oft zum Essen nach Hause eingeladen.» Obwohl sie in praktisch allen Ländern grosse Gastfreundschaft erfuhren, war es den heutigen Oltnern wichtig nicht «nur» zu nehmen. Denn schliesslich besassen die Einheimischen sonst schon wenig. «Deshalb boten wir stets an, auch einmal für sie zu kochen und ihnen unsere Kultur zu zeigen.
So kam es beispielsweise, dass sich eine japanische Familie völlig in unser frischgebackenes Vollkornbrot verliebte und noch heute von ihm schwärmt», lacht Monika Estermann. Der Aus- tausch mit der Bevölkerung war auch wichtig, um geeignete und vor allem sichere Campingplätze zu finden.

Aus der Hand in den Mund

Ihre mehr als 100’000 Kilometer lange Reise erlebten Monika Estermann und Robert Spengeler meist vom Fahrradsattel aus. Einzig bei Wasserüberquerungen mussten die beiden gezwungener- massen auf Schiffe ausweichen. «Diesbezüglich waren wir mit unseren Velos jedoch sehr frei und fanden auch auf den kleinsten Booten Platz.» Für die Fahrt von Südkorea nach Mexiko wurden die Zweiräder daher auch kurzerhand in den Bauch eines Containerschiffes verladen. «Für die zwei- wöchige Fahrt über den Pazifischen Ozean gaben wir unsere letzten Ersparnisse aus. Fortan lebten wir quasi von der Hand in den Mund», erinnert sich Spengeler. Als Tagelöhner nahmen sie in Nordamerika vermehrt Gelegenheitsjobs wahr, um die Reisekasse aufzubessern. So übernahm die gelernte Malerin Monika Estermann kleine handwerkliche Jobs und der ursprüngliche Elektroniker Robert Spengeler packte auf Baustellen mit an. «In Kanada arbeiteten wir fast ein Jahr auf einer Farm und halfen bei der Ernte mit», erinnert sich das Paar an die harten Tätigkeiten. «Da wir immer zuverlässig und uns für keine Arbeit zu schade waren, vertrauten uns die Leute mit der Zeit und liessen uns bei ihrer Abwesenheit sogar ihr Haus hüten.»

Ein Tag nach dem anderen

Nach der Durchquerung von Nord- und Südamerika führte sie ihr Weg quer über den vielfältigen und eindrücklichen afrikanischen Kontinent zurück nach Europa. «In der letzten Etappe fuhren wir durch den Balkan. Eine wunderschöne Gegend, die wir unbedingt wieder einmal besuchen möchten.» Im Spätherbst 2017 erreichte das Paar nach 13-jähriger Reise schlussendlich wieder die Schweiz. Wie ihre Zukunft hier oder anderswo aussehen wird, wissen die beiden noch nicht. «Bis Ende Mai sind wir mit unseren Vorträgen auf Tour und dann sehen wir weiter. Während dem Reisen haben wir nicht nur unvergessliche Eindrücke gesammelt, sondern auch etwas gelernt: Erwarte stets das Unvorhergesehene und nimm jeden Tag nach dem anderen», schliessen «Velocos» alias Monika Estermann und Robert Spengeler.

Multimedialer Vortrag in Olten

Mit ihrem multimedialen Vortrag über ihre 13-jährige Reise durch 64 Länder machen die zwei auch in Olten Halt. Am kommenden Samstag, 28. April erzählen sie in der Pauluskirche von ihren zahl- reichen Erlebnissen und zeigen eindrückliche Bilder und Videos. Der Eintritt ist dabei kostenlos, eine Kollekte ist allerdings willkommen.

Vortrag: «13 Jahre mit dem Fahrrad und Schiffen um die Welt»
Pauluskirche Olten
Samstag, 28. April, 19 Uhr

<link http: www.velocos.ch>www.velocos.ch

 

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