«Ich habe meinen Weg gefunden»

Chloé Tribuzio ist kreativ, warmherzig, ordentlich und ungeduldig. Im Gespräch verrät die Backfee, wie sie bei einer Reise ans andere Ende der Erde ihre Berufung gefunden hat.

Die Neu-Oltnerin Chloé Tribuzio erlebt in der Dreitannenstadt viele kurze, aber herzliche Begegnungen. (Bild: S. Furter)
Die Neu-Oltnerin Chloé Tribuzio erlebt in der Dreitannenstadt viele kurze, aber herzliche Begegnungen. (Bild: S. Furter)

Wenn wir nachts nicht naschen sollen, warum gibt es dann Licht im Kühlschrank? Diese scherzhaft formulierte, aber durchaus ernst gemeinte Frage prangt auf einem Emailleschild. Daneben sind weitere Blechschilder an der Wand aufgereiht: «Life is short, eat dessert first».
Die Proklamation einer süssen Politik, vom amtierenden Präsidenten der USA inspiriert. «Diese Schilder rund ums Thema Dessert sind nicht zu verkaufen. Ich habe sie über viele Jahre gesammelt», sagt Chloé Tribuzio. Die Neu-Oltnerin ist Backfee, Lacrosse-Spielerin, Strahlefrau und Betreiberin des Cupcake-Ladens «Hüftgold». «Bei der Namensfindung war für mich schnell klar: Das ist der Name für mein Lokal.» Das Wort «Hüftgold» stand 2009 zum ersten Mal im Rechtschreibduden. Der Neologismus der 2000er Jahre ist ein Substantiv und Neutrum, seine Verwendung umgangssprachlich und scherzhaft, die Häufigkeit selten. Der Begriff bezeichnet die paar Kilos zu viel auf den Hüften. «Für mich ist es ein positives Wort, das zu mir und meinen Back-waren passt. Es ist liebevoll und steht dafür, dass man sich im Alltag etwas gönnen darf», erklärt Tribuzio.

Kein Konkurrenzkampf

Sich selbst beschreibt die 32-Jährige als kreativ, warmherzig, ordentlich und ungeduldig. «Ich habe Pendenzen gerne erledigt.» Ihre Haare trägt Tribuzio zu einem lose hochgesteckten Dutt.
Ein Stoffband mit Schleife auf dem Kopf, schwarze Mascara und ein Lidstrich komplettieren ihren Stil. Er ist dezent, unkompliziert, bodenständig und dennoch eigenwillig. «Ich komme aus einer Coiffeur-Familie, bin aber kein typisches Coiffeur-Kind. Ich habe ein Vogelnest auf dem Kopf», sagt Tribuzio lachend. Aufgewachsen ist die Neu-Oltnerin in Laufen im Baselland. Ihr Vater war als Friseur tätig und der ältere Bruder hat das Geschäft übernommen. Im Gespräch unterstreicht Tribuzio Aussagen bekräftigend mit «Jä, Jä». Einem Ricola-Bonbon sagt sie «Ricola-Bummeli» und erklärt schmunzelnd: «Mit bummeln hat das natürlich nichts zu tun.» Die Dreitannenstadt betrachtet sie durch die Augen einer Zuzügerin und hält fest: «Meine neue Heimat ist zwar kleiner als Basel, dadurch aber überschaubar und persönlich.» Es herrsche kein Konkurrenzkampf, sondern ein Miteinander. «Die Menschen grüssen sich, ohne aufdringlich zu sein. Ich erlebe viele kurze, aber herzliche Begegnungen.»

Frische Früchte

«Das Abenteuerliche hat mich schon immer fasziniert», sagt sie. So musste Tribuzio zuerst ans andere Ende der Welt reisen, um ihre Bestimmung zu finden. 2010 absolvierte sie eine Sprachschule in Australien und traf auf Spinnen, die so gross waren, dass sie sich nicht getraute, die ungebetenen Gäste aus dem Zimmer zu entfernen. Der Kultur und Geschichte des Landes war sie als Backpackerin auf der Spur. «In Sidney habe ich zum ersten Mal einen Cupcake Laden gesehen. Mein Herz hat einen Sprung gemacht.» Wieder zurück in der Schweiz habe sie Backbücher gekauft und Rezepte ausprobiert. Ein Cupcake ist ein kleiner Kuchen, der in einer tassengrossen Backform gebacken wird und mit einer Cremehaube versehen ist. Die Grundzutaten für den Rührteig sind Zucker, Butter, Ei, Mehl, Backpulver und Milch. «Je nach Geschmack kommen Kakaopulver, Zitronenschale, Zimt oder frische Früchte dazu.» Bevor sie ihren Traum vom eigenen Laden verwirklichte, brachte sie ihre Backkreationen an einem Marktstand in Basel unter die Leute. «Ich esse selber gerne Süsses. Den Himbeeren im Kuchen ziehe ich Früchte in purer Form jedoch vor. Bei Desserts setze ich klar auf Schoggi.»

Teigschüssel ausgeschleckt

Die naturverbundene Backfee wandert gerne in den Bergen, trifft sich mit Freunden zum gemütlichen Nachtessen und schwimmt im Sommer in der Aare. Ihr «Hüftgold» trainiert sich die 32-Jährige beim Lacrosse-Spielen bei den Olten Saints ab. «Kalorien zu verbrennen steht für mich aber nicht im Vordergrund. Für mich ist das Training vor allem ein Ausgleich zum Alltag und der Kontakt mit meinen Teamspielerinnen Balsam für die Seele.» Sie liebt es, wenn der Körper in Bewegung ist und den technischen Sport, bei dem ein Hartgummiball mit Schlägern in die Tore geschleudert wird. Als Kind sei sie sehr scheu, aber fröhlich gewesen. «Mein Mami sagte mir immer «Sünneli».» Auch heute noch ist sie lieber Gast als im Mittelpunkt. Gebacken habe sie indes schon als kleines Mädchen gerne, erzählt Tribuzio. Die Mutter habe ihr jeweils etwas Masse in der Teigschüssel gelassen, damit sie diese mit den Fingern ausschlecken konnte. Manchmal habe sie ihren Eltern Zettel geschrieben und aufs Kopfkissen gelegt. Schriftlich fragte sie, ob eine Freundin übernachten dürfe und gab als Antwortmöglichkeiten Ja, Nein oder Vielleicht zum Ankreuzen vor. «Ich war analog, nicht digital», erinnert sie sich lachend. Sie sei eine unaufgeregte Persönlichkeit, die Freude am Leben und an dem hat, was sie tue. Ihre Mutter sei ihr dabei ein grosses Vorbild. «Sie strahlt eine positive Einstellung zum Leben aus, trotz Schicksalsschlägen. Dabei hat sie mich stets ausprobieren und meinen Weg gehen lassen. Diesen habe ich nun gefunden.»

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