«Ich freue mich auf die Zukunft»

Yannick Deiss sieht die Digitalisierung als Chance. Im Gespräch erzählt der Unternehmer, wie er als Polizistensohn Motorfahrräder frisiert hat und wieso Sprache beständig ist.

«Olten ist kollegial, familiär, akademisch und hat enormes Potenzial für die Zukunft», sagt Yannick Deiss über seine Heimatstadt. (Bild: salted.ch)
«Olten ist kollegial, familiär, akademisch und hat enormes Potenzial für die Zukunft», sagt Yannick Deiss über seine Heimatstadt. (Bild: salted.ch)

Zum Kaffee liest er eigentlich nur die Handelszeitung. «Für alles andere habe ich «LinkedIn», das «Facebook» für Geschäftsleute», sagt Yannick Deiss mit einem Schmunzeln. Der Oltner ist operativer Geschäftsführer der Kommunikationsfirma und Design-Agentur «salted» und sagt über seine Heimatstadt: «Olten ist sehr diversifiziert. Das macht es für mich als Einwohner so attraktiv.» Für das Gespräch lädt er in sein Büro, an dessen Decke eine Lampe mit vielen Zetteln hängt: Darauf sind Lebensweisheiten auf Farsi, Arabisch, Griechisch, Latein, Französisch, Englisch, Spanisch oder Italienisch geschrieben. «Mit jedem, der diesen Raum zum ersten Mal betritt, rede ich über diese Lampe. Es ist immer ein guter Einstieg in das Gespräch», stellt Deiss fest. Bei der Begegnung mit einem Kunden, der sich mit vielen Worten etwas umständlich ausgedrückt hat, ist folgender Satz entstanden: «Die triviale Konsequenz stringenter Kommunikation ist die Obsoleszenz vieler Worte.»

Im Ring

Sich selbst beschreibt der 30-Jährige als ehrlich, bodenständig, neugierig und authentisch. «Ich packe gerne Dinge an und entwickle Neues.» In seiner Freizeit geht er ins Kino, trifft sich mit Freunden oder steht beim Western Boxing im Ring. «Kampfsport dient zur effizienten Verarbeitung meiner Gedanken. Das Schöne ist die direkte, körperliche Konfrontation mit dem Gegner in Kombination mit Anstand und Respekt.» Das Boxen sei deshalb ein «Gentlemansport», auch wenn es im Ring natürlich um Alles oder Nichts gehe. Seine frühen Jahre beschreibt der Unternehmer als Bilderbuch-Kindheit: «Meine ältere Schwester und ich haben immer alles gehabt, was wir gebraucht haben. Materiell und emotional haben unsere Eltern gut für uns gesorgt, klassisch und gutbürgerlich sind wir aufgewachsen.» Obwohl er der Sohn eines Polizisten sei, habe er als Jugendlicher zusammen mit einem Kollegen fleissig Motorräder «frisiert», erinnert sich Deiss und fügt lachend hinzu: «Natürlich sickerte das sofort durch, wenn ich in eine Verkehrskontrolle geraten bin.»

Beständigkeit

Seine berufliche Laufbahn hat Deiss als Autoverkäufer begonnen und anschliessend berufsbegleitend Betriebswirtschaft studiert. Aktuell verfolgt er einen Masterstudiengang im Bereich Wirtschaftsinformatik. Besonders den Umgang mit Sprache findet er eine spannende Disziplin. «Wenn man weiss, wer man ist und was man kommunizieren will, dann hat das Beständigkeit.» Als Unternehmer unterstützt er heute Kunden dabei, den Kern ihrer Marke oder ihres Produktes auf smarte Weise sichtbarer zu machen. «Wir verleihen Produkten und Unternehmen visuelle Identität.» Vor einigen Jahren habe er gearbeitet, um Geld zu verdienen und Wert auf eine steile, klassische Karriere gelegt, reflektiert Deiss. «Bei «salted» hingegen komme ich an 9,9 von zehn Tagen gerne zur Arbeit.» Er lebe mitten in der Selbstverwirklichung und verdiene sogar seinen Lebensunterhalt damit. «Dass Persönlichkeitsentwicklung und Geschäftsentwicklung Hand in Hand gehen, begeistert mich.»

«Es ist genial»

Sein Vater ist in Olten aufgewachsen, seine Mutter als Jugendliche zugezogen. «Die Dreitannenstadt war also auch die Stadt der Liebe», sagt der Unternehmer, der mehrheitlich in Gunzgen aufwuchs und seit dem Studium wieder in Olten lebt und arbeitet. «Ich bin hier stark und immer stärker verwurzelt und vernetzt. Die geografische Lage ist perfekt. Wir Oltner sind gleich schnell in Bern, Luzern, Zürich oder Basel. Insgeheim wissen die Oltner, dass sie stolz auf sich sein dürfen», so Deiss und fügt an: «Es ist genial, was hier abgeht. Nur schon kulinarisch kann ich aus einer sehr breiten geschmacklichen Palette von Thai bis zur gutbürgerlichen Schweizer Küche wählen.» Heute sei eine multikulturelle Stadt kein Nachteil mehr, sondern stehe für Weltoffenheit und Moderne. «Olten ist kollegial, familiär, akademisch und hat enormes Potenzial für die Zukunft.»

Veränderung

Auf seine Initiative hin wird es am Dienstag, 3. November in Olten einen «Digital Day» geben, also einen Thementag zur Digitalisierung. «Mein Wunsch ist es, Bevölkerung und Gewerbe zusammen zu bringen», so Deiss. Digitalisierung solle nicht primär als Bedrohung, sondern als Chance gesehen werden. Viele Menschen hätten zum Beispiel Angst, dass sie durch die Digitalisierung ihren Job verlieren würden. Er wirft das Reizwort «Self Checkout Kassen» ein und kontert provokativ: «Der Gemüsestand in der Migros ist aber seit je unbedient. Wenn mir als Kunde dort jemand Tipps geben würde, wie ich mir ein leckeres Menü kochen kann, wäre das ein Erlebnis.» Der Anlass sei deshalb ein Tag für jede und jeden in und um Olten. «Es wird zum Beispiel einen Kurs geben für ältere Menschen, die lernen wollen, wie sie über das Internet Ferien buchen können.» Er selbst freut sich nicht nur auf den Digital Day. «Ich freue mich ganz generell auf die Zukunft.»

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