«Ich bin ein Glücksknochen»

Max Zülli hat vor über zehn Jahren die Immobilien gegen die Mobilität getauscht und den ersten Schritt hin zum Stepptanz gemacht. Im Gespräch spricht der rüstige Rentner über seine Nominierung für die Limmex-Medaille und verrät sein Erfolgsrezept für ein agiles Alter.

Der 73-jährige Max Zülli schiebt Rollstühle zum Takt der Musik durch Altersheime. «In den Ruhestand will ich erst mit 90 Jahren gehen.» (Bild: Remo Buess Fotography)
Der 73-jährige Max Zülli schiebt Rollstühle zum Takt der Musik durch Altersheime. «In den Ruhestand will ich erst mit 90 Jahren gehen.» (Bild: Remo Buess Fotography)

Der Herz-3-Typ aus dem Persönlichkeitsmodell «Enneagramm» ist ein Mensch, der aus Erfolgen seine Lebensenergie zieht. Ein Herz-3-Typ ist auch der pensionierte Bauverwalter Max Zülli. Als der 73-Jährige im vergangenen Juni angefragt wurde, ob er sich als Kandidat für die «Limmex»- Medaille aufstellen lassen wolle, «war es nach langem Abwägen wohl der Enneagramm-Typ-3,
der mich dazu gedrängt hat, zuzusagen.» Mit der Limmex-Medaille werden aussergewöhnliche Menschen über 65 Jahre in den fünf Kategorien Soziales, Kultur, Wirtschaft, Sport und Gesell- schaft ausgezeichnet. «Für mich ist mein Engagement selbstverständlich, aber es freut mich natürlich, dass mein Einsatz als aussergewöhnlich angesehen wird.» Als passionierter Stepp- tänzer und Tanzanimator für ältere Menschen bei der Osteoporose-Patientenorganisation «Happy Bones» ist Zülli in der Kategorie Sport nominiert. Unter den Anwärtern auf eine Medaille ist auch die 78-jährige Oltnerin Susanne Klein. Mit viel Herzblut führt sie das Tierheim Tierdörfli und hat es in der Kategorie Gesellschaft unter die letzten Drei geschafft. Am 28. November wird im Kultur- und Kongresszentrum Luzern ein Sieger oder eine Siegerin gekürt.

Sieben Berufsfelder

Aufgewachsen ist Max Zülli als zweitjüngstes von fünf Geschwistern in der Ostschweiz. Im Alter von einundzwanzig Jahren hat er den Kanton Appenzell-Ausserrhoden verlassen und ist «nach Pratteln ausgewandert». Dort absolvierte er eine Ausbildung zum Tiefbautechniker. In seiner Freizeit betrieb er Spitzensport auf dem Kunstrad und war als Tanzmusiker und Tambour unterwegs. «Als meine Berufskollegen bei der Jubiläumsfeier mit mir auf die nächsten zwanzig Jahre anstossen wollten, ist mir klar geworden, dass ich beruflich noch einmal etwas Neues wagen will.» So wurde Zülli Bauverwalter in Wangen bei Olten und eignete sich das dafür notwendige Wissen aus sieben Berufsfeldern auf dem zweiten Bildungsweg an. Es war wohl wieder der Herz-Typ-3, der ihn zu diesem ebenso ambitionierten wie anspruchsvollen Arbeitsplatz geführt hatte. «Ich wollte in meinem Leben noch den Status des Chefbeamten erreichen.» Die Immobilien tauschte Zülli mit dem Erreichen des Pensionsalters gegen die Mobilität. «Stepptanz ist meine neue Leidenschaft. Nebst Koordination ist beim Lernen der Stepptanzfiguren auch Kopfarbeit gefragt.» Mit der Organisation «Happy Bones» bringt Zülli zudem Standardtänze und die Freude an Bewegung zu älteren Menschen. Viele Teilnehmer seiner Tanzkurse seien am Ende der Lektion zwar ausser Atem, aber begeistert. «Bei Bewohnern vom Altersheim, die nicht mehr mobil sind, habe ich auch schon den Rollstuhl zum Takt der Musik durch den Saal geschoben.»

Kopf und Körper

Seit acht Jahren ist Zülli im Ruhestand, den er lieber «Unruhestand» nennt. Denn der Pensionär ist ein «Weiter-Macher». Bei den Busbetrieben Olten-Gösgen-Gäu und bei der Flurgenossenschaft Landumlegung Region Olten hat der 73-Jährige Mandate inne. «Das hält mich fit im Kopf. In den Ruhestand gehen möchte ich erst mit neunzig Jahren.» Seinen Körper hält er agil, indem er das Tanzbein schwingt. Und dies trotz zwei künstlichen Hüftgelenken. «Bei der Operation unter Teilnarkose habe ich gehört, wie gesägt und gehämmert wurde. Da habe ich verstanden, warum ein Orthopäde auch «Knochenschlosser» genannt wird.» Heute ist Zülli beschwerdefrei, geht wandern, walken und Velofahren. «Einzig am der Flughafen piepst es wegen der künstlichen Gelenke bei jeder Kontrolle.»

Lebensfreude pur

Nicht nur auf der Tanzfläche, sondern auch im Alltag geht Zülli beschwingt durchs Leben. «Ich habe die Grösse, mich über Kleinigkeiten und die eigene Leistung zu erfreuen.» Auch sei er ein positiver Mensch, der die Welt meistens aus einer optimistischen Perspektive betrachte. So sei für ihn das Glas halb voll und nicht halb leer. In Anlehnung an die Organisation «Happy Bones» sagt er darum von sich: «Ich bin ein Glücksknochen.» Als er nach seinen Hobbies gefragt wird, erzählt Zülli, dass er sehr gerne Zeit mit seinen Grosskindern verbringe. «Ich habe als Grossvater mehr Zeit für sie, als ich als Vater für meine Kinder hatte.» Während früher «Schoppen» geben und Windeln wechseln auf der Agenda des siebenfachen Grossvaters standen, sei er heute eher als Coach bei den Hausaufgaben gefragt. Als Bewohner einer Agglomerationsgemeinde von Olten fühlt er sich der Dreitannenstadt verbunden: «Ich habe sie gern. Sie besticht durch den Fluss, der die Stadt durchkreuzt sowie durch ihre kulturellen Angebote.» Auch, dass Olten mitten im Mittelland liege, gefalle ihm, so Zülli. Nur eine Kritik hat er anzubringen: «Die Oltner haben ihre Stadt selber zu wenig gern. Sie dürften stolzer auf ihren Wohnort sein.»

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