«Geduld und Zeit sind essenziell»

Begegnungszentrum Cultibo Anlässlich seines letzten Arbeitstages haben wir mit Christoph Wüthrich auf seine vierjährige Tätigkeit im Cultibo zurück- geblickt und den neuen Leiter Marco Perucchi willkommen geheissen.

Nach vier Jahren im Begegnungszentrum Cultibo hat Christoph Wüthrich die Leitung an seinen Nachfolger Marco Perucchi übergeben. (Bild: mim)
Nach vier Jahren im Begegnungszentrum Cultibo hat Christoph Wüthrich die Leitung an seinen Nachfolger Marco Perucchi übergeben. (Bild: mim)

Ein erneutes Bimmeln an der Türe und ein weiterer Besucher betritt das Cultibo. Ein vertrauter Gruss und der Mann verschwindet im Begegnungszentrum des Quartiertreffs. Am vergangenen Freitag, 25. September kamen die Besucherinnen und Besucher jedoch nicht zum üblichen Freitag-Treff ins Cultibo, sondern um sich von Christoph Wüthrich, der während vier Jahren die Leitung inne hatte, zu verabschieden.

Eine Wertschätzung der Arbeit

Die Verleihung des Sozialpreises 2018 sei auf jeden Fall ein Höhepunkt gewesen, so Wüthrich rückblickend auf seine Zeit im Begegnungszentrum. «Das war eine Ehrung für das Cultibo, aber auch eine Anerkennung des Kantons Solothurn für das grosse Engagement der Freiwilligen», betont der Leiter und fügt an: «Ohne die Bereitschaft unserer Freiwilligen mitzuwirken und Verantwortung zu übernehmen, wäre der Betrieb im Cultibo nicht möglich.» Im Jahr 2019 zählte der Quartiertreff im Bifang auf der rechten Aareseite 9500 Besucherinnen und Besucher und gegen 80 Freiwillige. «Insgesamt ergibt dies 1800 Stunden Freiwilligenarbeit pro Jahr», zeigt Wüthrich auf. Als weiteren Höhepunkt erwähnt der 39-Jährige den Cultibo-Film, der ebenfalls 2018 entstanden ist. «Dieser Film zeigt in einer komprimierten Form auf, was das Cultibo ist und was meine Arbeit beinhaltet», zeigt sich Wüthrich noch heute begeistert. Er habe damals, als er vor vier Jahren die Leitung des Begegnungszentrums übernommen habe, gehofft, dass die Freiwilligen auch nach dem personellen Wechsel bleiben und mit ihm weitermachen würden. «Das war grossmehrheitlich der Fall», freut er sich und fügt an, dass natürlich während den vier Jahren auch zusätzliche Freiwillige hinzugekommen und manche auch weggezogen seien oder sich anderweitig orientiert hätten. Im Bereich der Angebote müsse das «Café International» erwähnt werden, das während seiner Zeit Höhen und Tiefen erlebt habe. «Mir war immer klar, dass dieses Angebot erhalten werden muss und momentan funktioniert es sehr gut. Das Format ist jedoch stark von der Koordination und der Leitung abhängig.»

Mobilität im Quartier blieb ein Wunsch

Trotz der erfolgreichen Jahre und der in finanzieller Hinsicht stabileren Verhältnisse durch die Leistungsvereinbarungen mit der Stadt Olten habe er nicht alle Vorstellungen umsetzen können. «Ich hatte die Idee, neben den Cultibo-Räumlichkeiten auch mobil im Quartier, beispielsweise bei Hotspots wie dem Vögeligarten oder der Trottermatte präsent zu sein. Dies um beispielsweise auch Personen mit Schwellenangst einen Zugang zu ermöglichen», erzählt Wüthrich. Aufgrund der personell knappen Ressourcen, die in diesem Jahr dank der Stadt Olten minimal aufgestockt werden konnten, sei diese Mobilität jedoch nicht möglich gewesen. «Es gibt alleine im Cultibo zu viel zu tun.» Etwas Ruhe, insbesondere in finanzieller Hinsicht, sei in den vergangenen vier Jahren jedoch eingekehrt. «Die Akzeptanz gegenüber dem Cultibo ist mittlerweile gross.»

Verantwortung verteilen

Der in Basel wohnhafte dreifache Familienvater hat nun in der Stadt am Rhein eine neue Tätigkeit in einem Quartierzentrum als Co-Leiter gefunden. «Ich konnte in den vier Jahren viele Prozesse anstossen, was schön ist. Doch die Verantwortung lag stets bei mir. Zusammen mit dem Arbeitsweg und den privaten Verpflichtungen benötigte dies zuweilen viel Energie», erzählt der scheidende Zentrumsleiter. Auf der Suche nach einer Veränderung nach vier Jahren, habe er mit seiner Bewerbung in Basel auch seinen Marktwert testen wollen. «Nun bin ich froh, weiterhin in der Quartierarbeit tätig sein zu können, aber wieder ein Team um mich zu haben», erzählt Wüthrich. Die verschiedenen Kontakte werden ihm auf jeden Fall fehlen. «Auch wenn es mal an einem Tag nicht sonderlich gut lief, dann waren es stets die Menschen, die mir den Tag retteten», betont der 39-Jährige.

Etwas bewirken können

Auch der gebürtige Winterthurer Marco Perucchi, der mit seiner Partnerin in Luzern wohnt und soziokulturelle Animation studierte, war auf der Suche nach einer neuen Herausforderung. «Nach einem Praktikum beim Sentitreff und drei Jahren bei «HelloWelcome», das Angebote für Geflüchtete und Einheimische schafft, habe sich eine Veränderung aufgedrängt. «Ich habe gekündigt und bin schliesslich auf das Stelleninserat vom Cultibo gestossen, das mich mit dem offenen Treff und seiner herzlichen Lebendigkeit sofort angesprochen hat», erzählt Perucchi. Ausserdem habe er sich eine Leitungsstelle mit mehr Verantwortung, in der er etwas bewirken könne, gewünscht. Seine Bedenken, dass er Olten nicht kenne, zerstreute schliesslich der Vereinsvorstand. «Sie finden es gut, wenn ein unbeschriebenes Blatt, das langsam gefüllt werden kann, die Stelle des Zentrumsleiters übernimmt», erzählt Perucchi, der nun versucht die Eisenbahnerstadt stets von unterschiedlichen Blickwinkeln kennen zu lernen. «Nach den zwei Einführungstagen, kann ich noch nicht abschätzen, ob ich mit einem Zeh oder bereits mit dem ganzen Bein im Wasser stehe. Auf jeden Fall hat sich mein Eindruck vom Cultibo als ein pulsierender und leidenschaftlicher Ort bestätigt», erklärt der Vater einer neun Monate alten Tochter. Zu sehen sei aber auch bereits, dass viel Arbeit und ein breites Tätigkeitsfeld auf ihn warte. «Dabei kann es eine Herausforderung sein, aus diesem breiten Feld Machbares herauszufischen», zeigt Perucchi auf, der sich soweit neben der Familie möglich, gerne sportlichen Hobbies, wie dem Beachvolleyball widmet.

Partizipation und Empowerment

Angesprochen auf die Themen, die er im Cultibo angehen möchte, meint der 30 Jährige: «Ich habe mir vorgenommen, dass ich Olten und das Begegnungszentrum zuerst kennen lernen möchte, um festzustellen, was es braucht.»Aber natürlich habe er gewisse Vorstellungen, so teile er Wüthrich’ Ansicht und sei der Meinung, dass das Cultibo über deren Räumlichkeiten aus tätig sein sollte. «Neben der Partizipation mit den Freiwilligen ist auch Empowerment ein wichtiges Stichwort für mich», erzählt Perucchi und erklärt: «Nehmen wir beispielsweise eine Gruppierung oder Ethnie, die allesamt das gleiche Problem hat. Ich hoffe, dass wir mit unserer Arbeit auch gesellschaftliche Themen angehen und die Probleme einer Gruppe lösen können, um ihr Leben längerfristig zu verbessern.» Nachgefragt, ob der einstige Leiter seinem Nachfolger etwas mit auf den Weg geben möchte, meint dieser: «Ich bin der Meinung, dass Geduld sowohl mit den Freiwilligen als auch mit sich selbst, insbesondere in der Anfangszeit essenziell ist.» Es brauche Zeit, um die Mitwirkenden kennen zu lernen. «Dies ist wichtig, um die Freude der Freiwilligen mitzunehmen», ist Christoph Wüthrich überzeugt.

www.cultibo.ch

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