«Es fägt, es chunnt guet»

Jugendsinfonieorchester Mittelland Südamerikanische Sinfonik, temperamentvolle Rhythmen, Filmmusik und «Taras Bulba», die tragische Geschichte über einen russischen Kämpfer. Dies alles ist Programm an den Konzerten des Jugendsinfonie-orchesters Mittelland vom Samstag, 5. Mai in Langenthal und Sonntag, 6. Mai im Stadttheater Olten.

Chiara Tuccillo (l.) und Emilie Mertens spielen im Jugendsinfonieorchester Mittelland die erste Geige. (Bild: S. Furter)
Chiara Tuccillo (l.) und Emilie Mertens spielen im Jugendsinfonieorchester Mittelland die erste Geige. (Bild: S. Furter)

Mit dem Stimmgerät in der Hand geht Beat Kohler, musikalischer Co-Leiter des Projektes durch die Reihen. Cellos, Geigen, Querflöten, Saxofone, Schlaginstrumente und Trompeten klingen wild durcheinander. Es wird gedudelt und gefiedelt, die Instrumente gestimmt, in die Flöte geblasen und der Körper gedehnt. Manch Jugendlicher steht mit etwas verschlafenem Gesicht und einem Becher Kaffee in der Hand in der Aula der Kantonsschule Langenthal. Doch trotz Müdigkeit und frühem Probebeginn am Samstagmorgen sind alle da.

Jugendsinfonieorchester Mittelland

Für die 60 Jugendlichen zwischen 12 und 22 Jahren des Jugendsinfonieorchesters Mittelland ist Musik eine Leidenschaft, die Orchesterproben ein Zeitfenster, das sie sich gerne freihalten und das Projekt ein Ort, an dem in der Pause Freundschaften geknüpft werden. Der Wunsch, etwas Grösseres auf die Beine zu stellen, bestand schon länger, verrät Christoph Weibel, Cellolehrer in Olten und Langenthal sowie musikalischer Co-Leiter des Jugendsinfonieorchesters. So haben die beiden Musikschulen Olten und Langenthal in Zusammenarbeit mit den Musikschulen der Region das erste Projekt des Jugendsinfonieorchesters Mittelland bereits vor zwei Jahren ins Leben gerufen. Die musikalische Leitung lag auch damals bei Christoph Weibel und Beat Kohler.
«Die meisten Jugendlichen sind heuer wieder mit dabei und einige neue Gesichter sind dazu gestossen», freut sich Kohler und Weibel ergänzt lachend: «Seine Bläser und meine Streicher,
das gibt zusammen ein wohlklingendes Ganzes.» Das Projekt bringt nicht nur verschiedene Klang-körper, sondern auch Schülerinnen und Schüler aller Altersstufen und die Kantone Solothurn und Bern zusammen.

Motiviert in den Unterricht

Für die Konzerte in Langenthal und Olten übt das Jugendorchester südamerikanische Sinfonik und temperamentvolle Rhythmen ein. Mit Ausschnitten aus Filmmusik, wie jener über einen russischen Kämpfer in «Taras Bulba», werden lustige, tragische und traurige Geschichten erzählt. Die Stücke sind so ausgewählt worden, dass sie möglichst viel Freude machen und eine gute Stimmung vermitteln. «Beim nächsten Projekt werden wir dann vielleicht eine Beethoven-Sinfonie einüben», meint Weibel lachend. Für den Cellisten ist es ein Rollenwechsel vom Musiker und Lehrer hin zum Dirigenten. «Dies ermöglicht mir eine spannende Erfahrung. Als Leiter eines Orchesters kann ich gestalten und den Jugendlichen etwas mitgeben.» Er selbst bezeichnet sich als Tenor-Menschen, die Wahl des Cellos als Instrument sei für ihn daher naheliegend gewesen. «Damit können drei verschiedene Notenschlüssel gespielt werden.» Immer wieder mache er die Erfahrung, dass ein Orchesterprojekt auch den musikalischen Einzelunterricht positiv beeinflusse. «Hier erleben Jugendliche, dass sich das Üben auszahlt und dass sie mit ihrem Instrument Teil eines grossen Klangkörpers sein können.» Musiklehrerkollegen würden ihm im Anschluss an die Konzerte immer wieder rückmelden, dass Schüler wie verwandelt seien und mit bisher nicht gekanntem Ehrgeiz auf ihren Instrumenten übten.

Über sich selbst hinauswachsen

Zwei Drittel der Musiker und Musikerinnen stammen aus der Region Olten. Die 17-jährige Chiara Tuccillo streicht im Jugendsinfonieorchester über die Saiten der Geige und der 18-jährige Maximilian Huber bläst in die Klarinette. Beide Jugendlichen spielen ihr Instrument seit vielen Jahren und investieren dafür wöchentlich mehrere Übungsstunden. Und sie sind sich einig, dass es ein tolles Gefühl ist, zusammen mit anderen Musikern auf der Bühne zu stehen. «Wenn ich jetzt gerade die Klänge aus dem Proberaum höre, bekomme ich Gänsehaut», so Huber. Den zu-sätzlichen Aufwand und die Proben am Wochenende seien das Dabei-Sein im Jugend-sinfonieorchester allemal wert. Tuccillo ergänzt: «Es fägt, es chunnt guet.» Nicht nur für die Schüler und Schülerinnen bietet das Projekt eine Möglichkeit, über sich selbst hinaus zu wachsen. So ist es für Weibel eine spannende Erfahrung, Bläser anzuleiten und für Kohler eine Horizont-erweiterung, Streicher zu dirigieren. «Das Orchesterprojekt ermöglicht auch uns als Dirigenten eine Weiterentwicklung», freut sich der Trompetenlehrer und Leiter der Jugendmusik Olten.
Für die vielen Stunden Probe und den grossen Aufwand, den das Projekt mit sich bringt, motivieren ihn die Freude auf den Gesichtern der Jugendlichen und die positiven Rückmeldungen der Teilnehmer. «Wir geben viel, aber es kommt auch viel zurück.» Was ihm an der Musik gefalle, sei schwierig zu beschreiben, weil sie ein so zentraler Bestandteil seines Lebens sei. «Jede Art von Klängen gefällt mir. Es ist ein Eintauchen in die Emotionalität.» Vonseiten der Schule brauche so ein Projekt eine positive Haltung und Support in organisatorischen Dingen, so Sandra Rupp Fischer, Schulleiterin der Musikschule Olten. «Wir sind überzeugt, dass das Jugend-sinfonieorchester Mittelland eine tolle Sache ist und stehen voll hinter dem Projekt».

Konzerte des Jugendsinfonieorchesters Mittelland
Samstag, 5. Mai, 20 Uhr
Kirche Geissberg Langenthal
Sonntag, 6. Mai, 17 Uhr
Stadttheater Olten
Eintritt frei – Kollekte

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