«Erkrankte sollten sich nicht verstecken»

Silvia Lerch hat vor drei Jahren die Diagnose Parkinson erhalten. Die 44 Jährige organisiert am Samstag, 21. April um 15 Uhr ein zwangloses Treffen für Betroffene in Trimbach.

Die vielen Bilder erzählen von zahlreichen Reisen, die Silvia Lerch für ihr Leben mit Parkinson Kraft geben. (Bild: mim)
Die vielen Bilder erzählen von zahlreichen Reisen, die Silvia Lerch für ihr Leben mit Parkinson Kraft geben. (Bild: mim)

Ein Boomerang und das unverkennbare Strassenschild mit dem abgebildeten Koala sowie Foto- grafien und Einrichtungsgegenstände aus verschiedenen Kulturen erzählen von Aufenthalten in Australien, Thailand und Alaska. Tatsächlich ist das Reisen für Silvia Lerch neben der Musik eine ihrer grössten Leidenschaften und Kraftspender. Aber auch in der hiesigen Natur findet die
44- Jährige beim Spaziergang mit Hunden des Tierdörflis ihre Kraftorte. Energie zu tanken ist für das Mitglied der Musikgesellschaft Winznau wichtig, da sie mit ihren Kräften haushälterisch umgehen muss, denn vor zwei Jahren wurde bei ihr Parkinson diagnostiziert.

Diagnose: Parkinson

Ein Sturz auf den Ellenbogen war der Grund, wieso Silvia Lerch den Arzt konsultierte. Als keine Besserung auftrat, suchte sie schliesslich eine Neurologin auf, denn Silvia Lerch konnte kaum mehr Gegenständen anpacken, den Zeiger mit der Maus nur noch langsam bewegen und liess immer wieder etwas zu Boden fallen. Nach einer Computertomographie kam die Gewissheit: Parkinson. «Ich konnte mir wie auch mein schockiertes Umfeld nichts unter der Krankheit vorstellen. Oftmals waren erste Reaktionen, dass doch nur ältere Personen an Parkinson erkranken würden», erinnert sich Lerch. Ein weiterer Test im Inselspital Bern zeigte, dass bereits die Hälfte der dopaminerzeugenden Hirnzellen abgestorben waren. «Sobald man die ersten Anzeichen spürt, ist dies der übliche Befund», so Lerch über die unheilbare Nervenkrankheit.

Gelbe Karte

«Nach der Diagnose verspürte ich kurzfristig eine gewisse Erleichterung, da ich nun wusste, was ich habe. Die Frage «warum ich», habe ich mir nie gestellt, aber das «wie weiter» schon», erzählt Lerch und fügt mit Galgenhumor an: «Ich war insgeheim erleichtert, dass es keine lebens- bedrohende Krankheit ist. So habe ich mit Parkinson nur die gelbe und nicht die rote Karte erhalten.» In der Folge las sich Lerch durch verschiedene wissenschaftliche Texte und begann sich für die Forschung zu interessieren. «Die Lebenserwartung von an Parkinson Erkrankten ist gleich hoch wie bei einem gesunden Menschen - einfach in einer eingeschränkten Form», erklärt sie. Die sichtbaren motorischen Einschränkungen, beispielsweise das angewiesen sein auf einen Rollator, sind es, die der 44-Jährigen am meisten Angst bereiten. Von den negativen Berichten liess die junge Frau jedoch die Finger. «Negative Gefühle bringen mich nicht weiter», so die Oltnerin, die früher Halbmarathons lief und nun am 12. Mai die fünf Kilometer am Sempachersee- lauf absolvieren wird. «Bewegung ist sehr wichtig, um dem Fortschreiten von Parkinson entgegen- zuwirken. Zudem habe ich noch einen Joker, wenn die Medikamente nicht mehr anschlagen. Durch eine Operation, eine sogenannte Tiefenhirnstimulation mittels Strom, könnte ich zehn Jahre gewinnen», so Lerch gewohnt positiv und kämpferisch.

Jeder hat seinen eigenen Parkinson

Angesprochen auf ihre Symptome meint Lerch: «Jede erkrankte Person hat ihren eigenen Parkinson. Das heisst, er zeigt sich immer anders. Ich leide insbesondere rechtsseitig an Bewegungsarmut und Muskelstarre. Der Geruchssinn ist eingeschränkt und manchmal habe ich Schwindel.» Sie befände sich jedoch im Moment in der von Medizinern bezeichneten «Honeymoon-Phase», in der die Medikamente noch anschlagen würden, erklärt Lerch schmunzelnd. Sarkasmus und Galgenhumor gehören für sie dazu. «Ich ermüde schnell, was zu einem Maskengesicht führt. Zudem ist meine Konzentrationsfähigkeit eingeschränkt, weshalb ich mehr Zeit für meine Arbeiten einplanen muss. Denn Stress ist Gift, dann beginnt das Zittern», erklärt Lerch. «Ausserdem ist Schlaf sehr wichtig. Dies habe ich so gut wie möglich auch an der vergangenen Fasnacht einzuhalten versucht», erzählt der Sprössling der Herregäger.

An die Öffentlichkeit treten

Anzeichen von Erschöpfungszuständen zwangen die 44-Jährige schliesslich auch ihren Beruf als Testmanagerin von Krankenversicherungssoftwares bei Swisscom von einem 80%- auf ein 50%-Pensum zu reduzieren. «Ich wollte meine Arbeit gut machen, merkte aber, dass ich diese nicht mehr wie zuvor bewältigen konnte.» Sie habe psychologische Unterstützung gebraucht, um zu akzeptieren, dass sie zwar nicht mehr gleich leistungsfähig, aber noch immer gleich viel wert sei. «Dadurch, dass ich nach meiner Diagnose mein Arbeits- als auch privates Umfeld offen über meine Krankheit informiert habe, konnten Missverständnisse verhindert werden. So durfte ich von allen Seiten viel Unterstützung erfahren. «Trotzdem wünsche ich mir mehr Verständnis für Erkrankte vonseiten unserer Leistungs-Gesellschaft», so Lerch und fügt an: «Erkrankte sollten sich nicht verstecken, Deshalb auch mein Entschluss an die Öffentlichkeit zu treten, um Aufklärungs- arbeit zu leisten.» Sie schätze es, wenn die Leute auf sie zukämen und nicht tuscheln. Und wie geht ihr Partner mit ihrer Krankheit um? «Einfach ist es nicht, aber er unterstützt mich sehr und holt mich auch wieder auf den Boden zurück, wenn ich mir zu viele Projekte vorgenommen habe», so Lerch, deren Wochenprogramm von Besuchen bei einer Neurologin, der Physiotherapeutin und einer Psychologin bestimmt wird. Die Ergotherapie lasse sie im Moment noch sein, da sie gerne zu Hause mit Schwemmholz Mobilees oder mit Espressokapseln bastle.

Sich informieren und austauschen

«Um mich mit anderen Betroffenen auszutauschen und eine zwanglose Plattform für junge an Parkinson erkrankte Personen zu schaffen, führe ich am Samstag, 21. April um 15 Uhr das Treffen «Meet4Parkinson» durch», zeigt die umtriebige Oltnerin auf. Es spreche nichts gegen Selbsthilfe- gruppen. Das Problem dabei sei lediglich, dass diese meist überaltert seien, erklärt die engagierte Oltnerin, die mit «Run4Parkinson» und «Travel4Parkinson» bereits weitere Angebots-Ideen für Betroffene hat. Der Amsterdam-Fan wird am 14. Oktober am Marathon mitlaufen, um sich nach Parkinson Deutschland, auch mit Parkinson Holland zu verlinken und Geld für allfällige weitere Treffen zu sammeln.

Meet4Parkinson
Samstag, 21. April, 15 bis ca. 18 Uhr
Baslerstrasse 10, Trimbach (Zunftlokal Guggi Zunft)
Anmeldung bis Freitag, 20. April: E <link>move4ypd@gmail.com

<link http: www.move4ypd.jimdo.com>www.move4ypd.jimdo.com

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