Eine treue Seele mit Oltner Herz
Was macht eigentlich? Er hat 17 Saisons beim EHC Olten verteidigt, war jahrelang Captain, später Assistenztrainer. Heute ist Richi Stucki dem Eishockey als Scout weiterhin verbunden. Zudem arbeitet er Vollzeit bei einer Versicherung.
Wüsste man nicht, dass er zeitlich voll ausgelastet ist, man müsste ihn glatt als Werbebotschafter für Olten Tourismus vorschlagen. Aufgewachsen im sanktgallischen Uzwil, lebt Richard «Richi» Stucki seit mehr als 30 Jahren in der Dreitannenstadt – und ist hier längst heimisch geworden. Der 52-Jährige, beim EHCO zum Kultspieler geworden, schwärmt geradezu von seiner Wahlheimat: «Mir gefällt es hier ausgezeichnet. Ich verstehe nie, wenn Leute von ausserhalb die Stadt Olten nicht attraktiv finden. Und noch schlimmer finde ich, wenn Einheimische Olten für eine Schnarchstadt halten. Ich habe hier alles, was ich zum Leben brauche.» Mit einem Grinsen fügt er hinzu: «Und so viel Nebel, wie man immer sagt, gibt es hier gar nicht.»
Dass Stucki dereinst dauerhaft in Olten sesshaft werden würde, zeichnete sich zu Beginn nicht ab. Nach 15 Jahren Klubzugehörigkeit zum EHC Uzwil wurde der damals 19-jährige Verteidiger im Dezember 1989 mitten in der Saison nach Olten transferiert. «Uzwil war Tabellenletzter der damaligen NLB und brauchte dringend Geld. Das Tafelsilber musste abgegeben werden. Olten war damals ein gutes Mittelfeldteam der NLA.»
Bereits im Jahr zuvor hatte es eine Anfrage des EHCO gegeben. Auf Rat seines Vaters beendete Stucki aber zuerst seine KV-Lehre. Die zweite Anfrage war dann willkommen. Kent Ruhnke war damals EHCO-Trainer, Jost Bitterli Präsident. Bei dessen Eltern in Winznau wohnte der 19-jährige Neuankömmling in den ersten Monaten seines EHCO-Engagements. Mit Ausnahme einer Leihsaison beim HC Ajoie Anfang der 90er-Jahre blieb er fortan dem EHCO treu, trug 715-mal das Trikot der Powermäuse, machte Auf- und Abstieg mit, erlebte die existenzbedrohende finanzielle Schieflage an vorderster Front. 2007 trat er zurück, mit 37 Jahren.
Das gewichtige Wort des Vaters
Stucki spielte vornehmlich in der NLB. Die Möglichkeit, Olten zu verlassen und nochmals in der NLA aufzulaufen, gab es. «Einmal hätte ich zu Rapperswil wechseln können. Ich hatte aber dem Oltner TK-Chef Dino Catti bereits mündlich zugesagt. Ich rief meinen Vater an und erzählte ihm vom Angebot. Er sagte: ‹Du hast in Olten mündlich schon zugesagt? Das hält man ein!›» Eine nochmalige Chance auf einen Wechsel in die NLA sollte sich nicht ergeben.
Auf die Zeit beim EHCO blickt er mit Dankbarkeit zurück, zumal er unmittelbar nach der Spielerkarriere das Amt als Assistenztrainer beim EHCO antreten konnte. Seine Chefs hiessen je zwei Jahre Dino Stecher und Dan Ratushny, zuletzt folgte eine halbe Saison mit Colin Muller in der Saison 2011/12. Statt den Cheftrainerposten beim EHCO zu übernehmen, den er sich zugetraut und der ihn auch gereizt hätte, wurde auch er damals entlassen.
Das sei für ihn eine Enttäuschung gewesen. «Im Nachhinein war es aber gar nicht schlecht. Einerseits erlaubte es mir, mich vermehrt um den Job zu kümmern. Andererseits merkte ich, mit welchem Tempo ich eigentlich gelebt hatte.» Stucki hatte schon früh eine Familie gegründet; seine drei längst erwachsenen Kinder leben allesamt im Raum Olten. Und ab 1999 arbeitete er in einem 80-Prozent-Pensum bei einer Versicherung.
Der Anruf von Sven Leuenberger
Bereits am Tag nach der Entlassung beim EHCO rief ihn Sven Leuenberger an, damals Sportchef beim SC Bern. Mit dem nur ein Jahr älteren ehemaligen Nationalverteidiger war Stucki nicht nur in Uzwil grossgeworden, er ist auch sein Grosscousin. Leuenberger sagte ihm: «Ich habe dir ein Ticket besorgt fürs Spiel am Abend in Zug. Es ist eh besser, wenn du heute nicht in Olten ins Stadion gehst.» So begann Stuckis Karriere als Scout.
Seit jenem Anruf Leuenbergers fährt Stucki mehrmals wöchentlich in Stadien der beiden höchsten Schweizer Ligen und beobachtet Spieler. Welche Eigenschaften zeigen sie in Drucksituationen? Gehen sie voran, wenn es dem Team schlecht läuft? Wie reagieren sie auf Zurechtweisungen des Trainers? Stucki lebt sichtlich auf, wenn er von seiner Scouting-Tätigkeit berichtet. In den mehr als zehn Jahren als Scout hat er ausschliesslich für Sven Leuenberger gearbeitet, zuerst für den SC Bern, nun in der sechsten Saison für die ZSC Lions.
Das Scouting, obwohl kaum als Hobby zu bezeichnen, macht er nebenbei. Bei der Versicherung hat er sein Pensum längst auf 100 Prozent hinaufgeschraubt. Auch diese Tätigkeit behagt ihm sehr. Einst als Versicherungsvertreter eingestiegen, ist er inzwischen Verkaufsleiter der Oltner Agentur. Seit 23 Jahren ist er beim gleichen Arbeitgeber. Richi Stucki ist eine treue Seele. «Alles, was ich mache, mache ich längere Zeit. Wenn ich mich für eine Aufgabe entschieden habe, mache ich die mit vollem Einsatz.» Seine 715 Spiele für den EHCO bedeuteten zum Zeitpunkt seines Rücktritts Klubrekord.
Die Vielzahl an Spielen im EHCO-Trikot alleine kann seine Popularität aber nicht erklären. Sein Erklärungsversuch klingt so: «Ich bin, so hoffe ich wenigstens, immer die gleiche Person geblieben. Ich war immer bereit, mich auf ein Gespräch einzulassen. Ich war lange Captain und stand auch immer Rede und Antwort, als es schlecht lief. Und ich habe immer versucht, alles zu geben.» Letzteres höre sich zwar nach einer Selbstverständlichkeit an, sei aber keine, wenn man daneben einem Beruf nachgehe, eine junge Familie habe und sogar noch eine Weiterbildung absolviere. Die Popularität als Eishockeyspieler hat Stucki bei seinem Einstieg in die Versicherungsbranche geholfen. Bei nicht wenigen Kundengesprächen sei das ein «Eisbrecher» gewesen – «und ist es manchmal heute noch».
Dem EHCO ist er bis heute verbunden – nicht nur durch seine Tätigkeit als Scout. Und mit Lars Leuenberger, Svens jüngerer Bruder, steht seit dieser Saison ja sogar ein Verwandter an der Bande. Wird Richi Stucki jemals wieder ein Amt beim EHCO bekleiden? Er lacht und sagt. «Never say never. Von meiner Geisteshaltung her bin ich grundsätzlich offen für vieles.» Aber er sei als Verkaufsleiter und als Scout sehr glücklich und strebe keine Veränderung an. Und eben: Leichtfertig gibt Stucki das, was er hat und schätzt, grundsätzlich nicht auf.
kurz und knapp
Dieses Buch kann ich wärmstens empfehlen
«Die Welt ist mein Zuhause» von James A. Michener ist ein Buch, das möglichst viele Leute lesen sollten. Michener zog als junger Lehrer im Zweiten Weltkrieg freiwillig in den Krieg im Pazifik und erhielt für dieses Buch den Pulitzer-Preis.
Auf diesen Gegenstand kann ich nicht verzichten
Auf einen Kochlöffel. Ich sage nicht, dass ich gut kochen kann. Aber ich mache es gerne.
An diesem Ort gefällt es mir ausgezeichnet
In Olten gefällt es mir wie gesagt sehr gut. Sonst? Überall da, wo das Meer ist. Hier in Olten gibt es die Aare und die Badi – auch schön.