Eine Honigpyramide für den Bienenvater

Briefgeschichten Ein Berg von aufgestapelten Honiggläsern und einige Imkereiutensilien – so präsentierte sich der Kantonale Bienenzüchterverein an der Landwirtschaftssaustellung 1913 in der Schützi Olten. Gleichzeitig ehrte er damit seinen «Bienenvater» Pfarrer Josef Jeker.

Der von Josef Jeker erfundene Bienenkasten wurde als Schweizerkasten überall verwendet. (Bild: ZVG)

Der von Josef Jeker erfundene Bienenkasten wurde als Schweizerkasten überall verwendet. (Bild: ZVG)

Porträt aus dem Jahr 1889 von Josef Jeker, Stadtpfarrer von Olten und Schweizer Bienenvater. (Bild: ZVG/Sammlung Urs Amacher)

Porträt aus dem Jahr 1889 von Josef Jeker, Stadtpfarrer von Olten und Schweizer Bienenvater. (Bild: ZVG/Sammlung Urs Amacher)

Die Bildpostkarte zeigt den Stand des Solothurner Kantonalen Bienenzüchtervereins. (Bild: ZVG/Sammlung Urs Amacher)

Die Bildpostkarte zeigt den Stand des Solothurner Kantonalen Bienenzüchtervereins. (Bild: ZVG/Sammlung Urs Amacher)

Das Ausstellungsplakat wurde von Eugen Henziross, Zeichenlehrer an der Gewerbeschule, gestaltet. (Bild: ZVG/Artifiche, Zürich)

Das Ausstellungsplakat wurde von Eugen Henziross, Zeichenlehrer an der Gewerbeschule, gestaltet. (Bild: ZVG/Artifiche, Zürich)

Seit Mitte des 19. Jahrhunderts boomte das Medium Ausstellung. Als erste ging die Weltausstellung von London 1850 in die Geschichte ein, und jene von Paris 1889 wegen des Eifelturms. In der Schweiz öffnete die erste Landesausstellung 1883 in Zürich die Tore. Im Jahre 1896 folgten die Expo Genf und 1914 die Landesausstellung in Bern. Früher als die nationalen gab es die lokalen Ausstellungen, etwa in Solothurn bereits 1855 sowie die grossen Schauen 1906 wieder in der Ambassadorenstadt und im gleichen Jahr in Olten. Alle diese Ausstellungen waren Leistungsschauen. Wie in einem grossen Schaufenster konnten Industrie, Gewerbe und Landwirtschaft ihre Leistungsfähigkeit und Innovationskraft demonstrieren.

In Olten beschloss der Ornithologische Verein (OVO) – heute würde man den damaligen Verein als Kleintier- oder Geflügelzüchterverein bezeichnen – seine auch finanziell erfolgreiche Ausstellung von 1906 zu wiederholen. Schon damals hatte er den Landwirtschaftlichen Verein, den Gartenbauverein und den Bienenzüchterverein mit ins Boot geholt.

So organisierte der OVO 1913 erneut eine Landwirtschaftausstellung, die vom 27. September bis zum 6. Oktober dauerte. Als Ausstellungspavillons dienten die Reitschule und die Turnhalle auf der Schützenmatte. Für das Gross- und Kleinvieh sowie für die Gartenarchitektur wurde als Aussenbereich das Areal zwischen der Dünnern und dem Mühlekanal einbezogen.

In den Ausstellungshallen hatten die Firmen und Vereine ihre Stände aufgebaut. Der Redaktor des Oltner Tagblatts machte damals einen Rundgang. Dabei beschrieb er die Präsentation der Imker so: «Die imposante Produktegruppe in Form von drei Pyramiden, einer zwei Meter hohen in der Mitte und zwei kleinern zu beiden Seiten, aufgebaut vom kantonalen Bienenzuchtverein, gibt Zeugnis vom Imkerfleiß. Hunderte von Honiggläsern in hübscher Etikette ‹spenzeln› ihren süßen und dieses Jahr so teuren Inhalt.»

Auf der Ansichtskarte ist tatsächlich die mittlere Pyramide des Kantonalen Bienenzüchtervereins verewigt. Kaum zu erkennen hinter dem Grüngebinde ist ein Porträt, über das das Tagblatt schrieb: «Eine wahre Zierde der Gruppe ist das wohlgelungene Wachs-Relief (50x40) des Hochw. Herrn Pfarrer Jecker, Ehrenpräsident des Vereins Schweiz. Bienenfreunde und Erfinder des Schweizerkastens, modelliert von Herrn Prof. Vetter in Luzern.»

Pfarrer und Bienenvater

Auf dem Wachsrelief war der Oltner Stadtpfarrer Josef Jeker dargestellt. Der 1841 in Olten geborene Jeker studierte nach dem Gymnasium in Solothurn Theologie. Von 1871 an amtete er als Pfarrer in Subingen. 1885 wurde er als Nachfolger von Peter Bläsi zum Stadtpfarrer von Olten gewählt, wo er bis 1912 blieb. In dieser Zeit erwirkte er die staatliche Anerkennung der römisch-katholischen Kirchgemeinde Olten und initiierte den Bau der St. Martinskirche, die an der Chilbi 1910 eingeweiht werden konnte.

In Subingen hatte Josef Jeker begonnen, sich für die Imkerei zu begeistern. 1875 trat er dem Verein schweizerischer Bienenfreunde bei, bereits zwei Jahre später wurde er in den Vorstand, 1884 zum Präsidenten des Dachverbandes gewählt. Er organisierte Kurse für Imker. 1878 bis 1893 war er Redaktor der «Schweizerischen Bienen-Zeitung», des Verbandsorgans, das wegen des blauen Umschlags auch «Die Blaue» genannt wurde.

Ein Lehrbuch für Imker verfasst

Damals waren noch die traditionellen Bienenkörbe in Gebrauch. Josef Jeker entwickelte einen neuen Bienenkasten. Seinen Hinterbehandlungskasten versah er mit Tragleisten, in welche er mobile Waben-Rähmchen einhängte. Zudem propagierte er grosse Waben im Brutnest und kleine Waben im Honigraum. Nach 1900 setzte sich sein «Jeker-Kasten» oder «Schweizerkasten» in der Bienenzucht allgemein durch.

Zusammen mit zwei Kollegen verfasste er ein Lehrbuch für Imker unter dem Titel «Der schweizerische Bienenvater». Diese praktische Anleitung zur Bienenzucht wurde zum Standardwerk und erlebte zahlreiche Auflagen. Subingen erteilte Josef Jeker das Ehrenbürgerrecht und der Verband verlieh ihm für seine grossen Verdienste den Ehrentitel «Bienenvater».

Quellen: Schenker, Alois, Katholisch Olten. Olten 1938, S. 171f.; Amacher, Urs. Die grosse Landwirtschaftsausstellung von 1913 in Olten. Olten 2014, Anhang.

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