Ein Umdenken für ein Altern in Würde

Stefan Frey Der Oltner Autor wird am Freitag, 30. Oktober anlässlich des Buchfestivals Olten im christkatholischen Kirchgemeindesaal aus seinem neuen Roman «Jackpot» lesen.

Seit September ist sein Buch «Jackpot» in den Buchhandlungen erhältlich. Der Oltner Autor Stefan Frey freut sich denn auch auf die Lesung anlässlich des Buchfestivals. «Dabei handelt es sich einmal mehr um einen Anlass, bei dem Olten beweist, da
Seit September ist sein Buch «Jackpot» in den Buchhandlungen erhältlich. Der Oltner Autor Stefan Frey freut sich denn auch auf die Lesung anlässlich des Buchfestivals. «Dabei handelt es sich einmal mehr um einen Anlass, bei dem Olten beweist, dass es sich vor niemandem verstecken muss.» (Bild: mim)

In seinem neusten Buch «Jackpot» bezeichnet Stefan Frey die älteren Bewohner des «Steinparks», eine Seniorenresidenz mit allem Komfort, aber auch jeglicher Überwachung, als «Insassen». Mit seinen acht Protagonisten hinterfragt er mit spitzer Feder das System, welches das Pensionsalter ständig erhöht, Personen ab 55 Jahren aber nicht mehr beschäftigen möchte. Nachdem sich die Aussichten für die acht Senioren auf einen würdevollen Weg durch die letzte Etappe ihres Lebens verschlechtern, bilden sie eine Tippgemeinschaft, um den Jackpot zu knacken und gegen das System anzugehen. Dabei reaktivieren die Mitglieder ihre Kompetenzen und setzen ihre ganze Lebenserfahrung, auch im Bereich Daten-Hacken, ein.

Eine Revolte in Buchform

Ein Befindlichkeitsbuch habe er mit «Jackpot» nicht schreiben wollen, betont Frey, doch vielleicht habe ihn tatsächlich die eigene Pensionierung und das Angehören einer gesellschaftlich definierten Gruppe im Unterbewusstsein darin bestärkt. Mit dem Älterwerden habe er sich auf jeden Fall zunehmend für die politische Seite der älteren Menschen zu interessieren begonnen, erzählt der 68-Jährige. Aktueller könnte das Thema seines Buches wohl kaum sein, obwohl der Oltner Autor klarstellt, dass er die Arbeit daran bereits Mitte 2019 mit Recherchen begonnen habe. Das Buch war also bereits beendet, als Corona in der Schweiz zum Thema wurde. «Ich bin froh, dass dem so ist, schliesslich bin ich weder Virologe noch Epidemiologe», betont Frey, der über Jahrzehnte als Journalist, später bei einer Umweltorganisation und schliesslich bis zu seiner Pensionierung vor bald zwei Jahren als Mediensprecher tätig war. Natürlich seien anlässlich der aktuellen Situation Nachjustierungen im Buch nötig geworden. «Unser System, in dem ein Teil der Gesellschaft aussortiert wird, gibt mir zu denken», betont der Autor und fügt schelmisch an: «Für mein Naturell drängte sich daher eine Revolte in Form eines Buches auf.» Angesichts dessen stellt sich aber auch die Frage, wie ein Altern in Würde aussehen müsste? «Es braucht eine andere Art gesellschaftlichen Zusammenlebens. Eine generationenübergreifende Wohnform könnte eine Möglichkeit sein. Deshalb sollten wir uns über Genossenschaftswohnungen Gedanken machen», so Frey und fügt an: «Daneben braucht es auch Zeit zum Denken und für Veränderungen. Ausserdem setzt ein Altern in Würde auch ein vorangehendes würdiges Leben voraus.»

Zeit für ein Umdenken

«Jackpot» sei aber nicht nur ein Buch für ältere Menschen, sondern eigentlich für jüngere, meint Frey, denn diese hätten noch die Möglichkeit, das System zu verändern. «Oftmals führen jüngere Personen ein Leben auf der Konsumschiene», zeigt der Autor seine Überlegung auf. «Wenn im Alter diese Güter wegfallen, weil man nicht mehr den Platz hat oder das Geld benötigt, dann verliert sich die Person und sie wird einsam. Wenn ich nur noch habe, dann fällt mein Sein weg und ich werde sprach- und gefühllos gegenüber meinem Umfeld.» Er bedaure es, dass viele junge Leute das Privileg einer freien Denkweise nicht mehr hätten, weil sie im Sog der aktuellen Zeit gar nicht mehr die Energie und Kraft dafür aufbringen würden, so der Vater von zwei erwachsenen Söhnen. Ein Umdenken sei jedoch äusserst wichtig. «Mit der Abnahme der Biodiversität hat die Natur keinen Puffer mehr im System und kann deshalb auch kaum mehr Schutz bieten», erklärt Frey. Es sei deshalb anzunehmen, dass Pandemien immer häufiger vorkommen werden. Diese Zunahme führe dazu, dass sich der Umgang mit Randgruppen noch verschärfe. Leider sei jedoch anzunehmen, dass auch aus dem Lockdown keine Lehren gezogen werden. «Der Flugverkehr beispielsweise dürfte wieder normal aufgenommen werden», so Frey und fügt an: «Ein Umdenken ging immer nur so lange gut, bis sich die Denkweise zum Kommerz hin entwickelte. Vieles wiederholt sich heute, allerdings schneller und schlechter. Der Computer beispielsweise versprach in den 1980er-Jahren mehr Freizeit, doch das Gegenteil passierte, es wurde nicht weniger, sondern schneller.»

Ein Marathon, der Disziplin erfordert

Vielerlei Themen, die Frey umtreiben, tauchen in seinem Roman auf, so auch die madagassische AHV. Sie wird in den Industrieländern zum Vorbild und gegen die «teuren Alten» und zu einem teuflischen Plan M entwickelt. Die acht Alten im Steinpark nehmen dagegen den Kampf auf. Frey ist Gründer und Projektleiter von Mad’Eole und lebte eine Zeit lang auf Madagaskar, dem Inselstaat vor der afrikanischen Südostküste. Bei Mad’Eole handelt es sich um ein Selbsthilfeprojekt, bei dem mehrere Dörfer Mithilfe der Windenergie an die Elektrizität angeschlossen wurden. Seit seiner Pensionierung hält er sich jährlich ein paar Wochen im Jahr zur Unterstützung des lokalen Teams im Land auf. Apropos Pensionierung: «Für mich war diese eine Erlösung und ein Abstreifen von den Fesseln der Regelmässigkeit sowie der Unterordnung, die ich ohnehin schlecht vertrage», meint Frey schmunzelnd. Im Nachhinein sei er erschrocken darüber, wie viel Zeit er mit Lohnarbeit zugebracht habe und nicht mit Schreiben. Und dies obwohl der Autor das Handwerk zwar als Ventil aber nicht als eine lockere Tätigkeit bezeichnet. Mit der Pensionierung sei das Schreiben noch anstrengender geworden, erzählt Frey, der zuvor zwei Bücher über Madagaskar, den aufrüttelnden Roman «Der Abgang» und das historische Buch «Strohgold» veröffentlichte. Nachgefragt, wieso das Schreiben nun seit seiner Pensionierung anstrengender geworden sei, meint der Umtriebige: «Als ich noch arbeitete, musste ich mir meine Schreibzeit einteilen. Ich habe jeweils um 5 Uhr morgens, bevor ich in Olten den Zug bestiegen habe, geschrieben. Nun mit der gewonnenen Freiheit benötigt das Handwerk jedoch viel mehr Disziplin.» So bezeichnet der Autor das Schreiben eines Buches auch als Marathon: «Wenn du ihn beginnst, dann musst du ihn auch bis zum Ende gehen.»

Stefan Frey liest aus «Jackpot»
Freitag, 30. Oktober, 18 Uhr
Gemeindesaal der christkatholischen Kirchgemeinde, Kirchgasse 15, Olten

www.freystefan.ch

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