Ein Leben im Dienste der Musik

Was macht eigentlich? Georges Regner leitete am Ende einer beachtlichen Karriere zehn Jahre die Musikschule Olten. Noch heute behütet der 74-Jährige die Musik wie einen kostbaren Schatz.

Georges Regner spielt noch immer Gitarre, wenn sich die Familie an Weihnachten in seinem Zuhause trifft. (Bild:Caspar Reimer)
Georges Regner spielt noch immer Gitarre, wenn sich die Familie an Weihnachten in seinem Zuhause trifft. (Bild:Caspar Reimer)

Georges Regner redet gern. Der Musiker schafft es mit Leichtigkeit und Humor, in rund 20 Minuten seine Lebensgeschichte zu erzählen. Das erstaunt, denn überfliegt man den Lebenslauf des 74-Jährigen, könnte man den Überblick verlieren: Bevor Georges Regner von 2003 bis 2013 die Musikschule Olten leitete, war er an 15 verschiedenen Orten als Musiklehrer, Schulleiter, Sänger oder Chorleiter tätig, hinzu kamen Engagements in sechs Verbänden und Kommissionen. «Die Musik ist für mich etwas, dass sich immer weiterentwickeln lässt und sehr tiefgreifend ist», erzählt der Mann, der schon in sehr jungen Jahren in seiner Geburtsstadt Lausanne mit dem Singen von französischen Chansons angefangen hat. «Ich nahm auch Klavierunterricht. Die Gitarre brachte ich mir autodidaktisch bei», erinnert er sich.

Doch in Jugendjahren war sein Weg keineswegs festgezeichnet, die Musik einfach ein leidenschaftliches Hobby ohne berufliche Ambitionen, denn zuerst hatte Regner in Lausanne Forensische Wissenschaften studiert: «Nach der Matura wusste ich nicht, was ich studieren sollte. Der Bruder eines Freunds hatte an der Universität Lausanne Forensik studiert, also ging ich dort schnuppern. Das Studium deckte von Jus über Medizin bis Soziologie verschiedene Themen ab. So dachte ich, dass mir das Studium auch dann etwas bringt, wenn ich später einen anderen Beruf erlernen sollte.»

Irrfahrt nach Wien

Als Regner bei einem Musikwettbewerb den zweiten Preis gewann und ihm ein Techniker von Radio Lausanne nahelegte, Gesangsstunden zu besuchen, nahm seine Karriere als Musiker Fahrt auf. «So kam ich mit klassischem Gesang und Klassischer Musik in Berührung. Zuvor war mir diese sehr fremd. Doch eine Schülerin, die klassische Musik auf eine ganz natürliche Weise sang, hatte mich begeistert.» Das führte ihn dazu, sich für die Aufnahmeprüfung an der Wiener Musikhochschule vorzubereiten. «Mein Vater stammte von dort und sagte mir, dass Wien schlicht die Musikstadt sei.» Allerdings dauerte die Zeit in Österreichs Hauptstadt nur zwei Jahre: «Im ersten Jahr dort hatte ich eine Lehrerin, die aus mir einen Heldentenor machen wollte, doch das war vollkommen falsch, ich hätte fast meine Stimme verloren.» Rückblickend sagt Regner: «Was Theorie angeht, war Wien gegenüber Zürich in den Kinderschuhen.»

Weil er in Wien unzufrieden war, bereitete er seinen Wechsel nach Zürich vor: «Zugleich zur Weiterführung des Studiums in Zürich sang ich am Stadttheater St. Gallen vor, auch um Geld zu verdienen, weil mein Stipendium ausgelaufen war.» In St. Gallen hatte er einen Vertrag für Chorunterstützung und Soli bekommen, also wechselte er seinen Wohnsitz von Wien nach St. Gallen.

Richtungsstreit in Chur

Seine erste berufliche Station nach dem Studium war in Graubünden, wo er zum Musikschullehrer gewählt wurde. «Ich dachte mir – hier wirst du jetzt lange sein. Doch nach drei Jahren war Schluss», sagt er lachend. «Mein Vorgänger war sehr umstritten, weil er die Musikschule als Singschule anthroposophischer Art prägte. Den Behörden war das nicht geheuer, weshalb sie ihn als Leiter der Musikschule, nicht aber als Leiter des Schulchors absetzten.» Regner wollte die Schule auf einen anderen Weg bringen, was wiederum nicht allen passte. «Das führte dazu, dass sich der ehemalige Leiter mit einem Teil der Belegschaft gegen mich gestellt hat.»

Nach drei Jahren hatten die Behörden alle «Streithähne», wie Regner es ausdrückt, davongejagt. Die nächste Station war Sursee, wo der Musiker mit seiner Familie hinzog: «Als Musikschulleiter muss man an dem Ort wohnen, wo man arbeitet, muss die Leute kennen, fühlen, wie es politisch läuft.» Ganze 16 Jahre war er in Sursee, bis es zu Friktionen mit den Vorgesetzten kam: «Die Stelle als Leiter der Musikschule Olten war ausgeschrieben. Ich habe mich beworben, wurde aber nicht gewählt. Doch weil der gewählte Leiter aus persönlichen Gründen seine Stelle bald wieder abgeben musste, kam man auf mich zurück.» In derselben Zeit leitete der vielbeschäftigte Musiker noch die Musikschule Untergäu.

Über seine Anstellungen als Musiklehrer und Musikschulleiter hinaus war Regner in diversen Kommissionen und Kulturausschüssen aktiv. Auf die Frage, was ihn dazu angetrieben hat, sagt er: «Das war meistens Zufall. In Sursee lud mich der Präsident der kantonalen Kommission Musikerziehung zu sich ein, kurz nachdem ich die Stelle dort angetreten hatte, und schlug vor, dass ich mich da engagiere.» Bald habe er bemerkt, dass die Kommission ein «Instrument der Kantonsregierung war», aber die Interessen der Musiklehrer zu wenig einflossen. «Also schlug ich vor, einen Musiklehrerverband zu gründen.» Seine administrativen Fähigkeiten stellte Regner unter anderem als Sekretär des Schweizerischen und des Europäischen Verbands der Gesangspädagogen unter Beweis.

Auf die Frage, ob er den Wechsel vom sehr engagierten Berufsleben in die ruhigeren Gewässer des Rentenalters gut verdaut habe, beginnt er zu lachen: «Es war mir klar, dass ich mich weiterhin mit Musik beschäftigen werde.» Ein Jahr vor seiner Pensionierung wurde er als Leiter des Kirchenchores Winznau gewählt: «Das war für mich die ideale Möglichkeit, meine Arbeit als Musiker auch nach der Pensionierung weiterzuführen.» Neben der Leitung des Chores tritt Regner in Winznau auch als Kantor und Solist auf.

Regelmässig geht Regner nach Basel, wo er im Ensemble Rheinstimmen mitsingt. «Erst ging ich nur, um zu schnuppern. Doch das Ensemble ist sehr gut, hat eine sehr hohe Qualität. Ich habe Freude, da mitzusingen, gelegentlich auch als Solist.»

Kinderhüten und Jakobsweg

Georges Regner hat drei Kinder und fünf Enkelkinder, deren Abbildungen, die im Wohnzimmer an der Wand hängen, er voller Stolz präsentiert: «Jeden Dienstag hüte ich die Kinder meiner Tochter, die ganz in der Nähe wohnt», erzählt er. Oft zieht es den engagierten Mann auch raus, an die frische Luft, wo er mit seinem Motorrad Touren dreht. Und immer im Februar ist der Musiker auf dem Jakobsweg unterwegs: «Das ist ein sehr schönes Erlebnis. Und man lernt immer wieder Leute kennen, mit denen man in Kontakt bleibt.»

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